VDSL-Ausbau: Der (politische) Kampf um Hosenfeld
Schnelles Internet per Glasfaser - RhönEnergie sieht sich von der Telekom "gezielt torpediert"
Foto / Grafik: ÜWAG
Der Vorwurf ist nicht neu: Seit Jahren ist immer
wieder ist in der Branche zur hören, dass die Telekom ausgerechnet in den Orten
DSL, VDSL oder LTE ausbaue, wo ein Mitbewerber angekündigt hat, sein Netz aufzurüsten. Nun legt der
Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) hier ebenfalls und öffentlich seinen Finger in die Wunde und
wirft der Deutschen Telekom wörtlich "Rosinenpickerei" vor - die Telekom widerspricht dem. Anlass ist der
Ausbau von VDSL der Telekom in einer
hessischen Kleinstadt. Brisant ist der Fall vor allem im Hinblick auf den anstehenden Ausbau von
VDSL Vectoring, das schnelles Internet mit bis zu 100 MBit/s bringen soll.
Die im Breko zusammengeschlossenen Festnetz-Wettbewerber des Ex-Monopolisten melden derzeit nach Angaben des Verbandes immer häufiger Konfliktfälle beim VDSL-(Vectoring-)Ausbau. Die Telekom gebe immer häufiger "ausgerechnet dann den Ausbau bestimmter Gebiete bekannt", wenn dort bereits ein Wettbewerber aktiv sei beziehungsweise selbst einen Ausbau angemeldet habe. Technisch sei der der parallele Einsatz von VDSL an einem Kabelverzweiger (KVz) durchaus möglich, wirtschaftlich wird es jedoch nicht als sinnvoll angesehen, wenn zwei Anbieter Glasfaser verlegen und ihre Hardware einbauen. Probleme wird es zudem geben, wenn Vectoring betrieben werden soll, da technisch nur ein Anbieter Vectoring umsetzen kann.
Breko-Chef: "Das Rosinenpicken der Telekom boykottiert den Breitband-Ausbau"
Schnelles Internet per Glasfaser - RhönEnergie sieht sich von der Telekom "gezielt torpediert"
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In einer Pressemitteilung ruft der Breko ruft den Bonner Konzern
daher dazu auf, den Breitband-Ausbau in Deutschland bedarfsgerecht zu gestalten – und nicht als strategisches
Instrument zur Verhinderung von Wettbewerb. Die Telekom erkläre sich zudem in vielen Fällen nicht
dazu bereit, eine ganze Gemeinde oder
Region mit VDSL zu versorgen. Der Vorwurf: Das Unternehmen suche sich nur die
besonders lukrativen Kabelverzweiger –
in deren Einzugsgebiet viele Menschen wohnen – heraus, andere Verteiler würden nicht
erschlossen. Für die alternativen Anbieter würde sich aber der alleinige Ausbau
der restlichen Kabelverzweiger nach Darstellung der Wettbewerber auch nicht lohnen.
"Das Rosinenpicken der
Telekom boykottiert den Breitband-Ausbau in ländlichen und unterversorgten Gebieten", kritisiert
Breko-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers. "Statt eines taktischen Ausbaus sollte der Konzern
bedarfsgerecht – und damit für die Menschen – ausbauen!"
Die Telekom wehrt sich gegen die Vorwürfe. Auf Anfrage unserer Redaktion heißt es aus Bonn, die Vorwürfe entbehren jeder Grundlage. "Wir behindern keine Wettbewerber. Das würde die Bundesnetzagentur auch gar nicht zulassen. Für den Vectoring-Ausbau hat die Behörde geregelt, dass in einem Ortsnetz derjenige Anbieter Vectoring einsetzen darf, der großflächiger ausbaut. Grundlage für unsere Ausbauplanungen ist, wie wir den Netzausbau wirtschaftlich realisieren können, und nichts anderes", heißt es in einer Stellungnahme eines Telekom-Sprechers.
Hosenfeld: Fünf Telekom-Kvz verärgern lokalen Anbieter
Im konkreten Fall geht es um den hessischen Ort Hosenfeld. Hier hatte sich nach Darstellung des Wettbewerbsverbands die RhönEnergie aus dem hessischen Fulda dazu entschlossen, den Ort Hosenfeld mit 20 Kabelverzweigern mit VDSL zu versorgen und stellte entsprechende Ausbau-Anträge bei der Deutschen Telekom. Die müssen gestellt werden, da der Telekom die Kabelverzweiger gehören. Kurz darauf meldete sich das Bonner Unternehmen laut Breko bei der Gemeinde und teilte mit, es werde insgesamt fünf Kabelverzweiger bis Mitte 2014 selbst mit VDSL erschließen. Die Telekom sagt hierzu, das man in einem bundesweiten Projekt die ATM-Technik durch die neue MSAN-Technik, die VDSL ermögliche, ersetze. "Das tun wir auch in Hosenfeld. Und zwar völlig unabhängig vom Ausbau der Wettbewerber."
Laut Breko wird RhönEnergie trotz des parallelen VDSL-Ausbaus der Telekom alle 20 Kabelverzweiger in Hosenfeld sowie rund 200 weitere in der Region mit Glasfaser anbinden. Jens Schilling, bei RhönEnergie verantwortlich für das Thema Breitband-Ausbau, sagt: "Die Telekom sollte lieber ihren selbst gesetzten Zeitplan in der Stadt Fulda halten und den dort geplanten VDSL-Ausbau abschließen, als den Ausbau der RhönEnergie in deren Ausgebieten gezielt zu torpedieren." Die Bonner kontert hier in ihrer Stellungnahme: "Der Ausbau in Fulda ist im übrigen voll im Zeitplan. Im Januar 2014 wird nicht nur die Stadt Fulda, sondern auch Petersberg, Künzell, Großenlüder, Bad Salzschlirf, Neuhof und Kalbach auf VDSL geschaltet."
Alle Anbieter sind mittelfristig darauf angewiesen, sich zusammenzuraufen. Die wahrscheinlich künftige Bundesregierung hat in ihrem aktuellen Koalitionsvertragsentwurf abermals ausgelobt, dass "schnellstmöglich" flächendeckend 2 MBit/s und binnen fünf Jahren 50 MBit/s zur Verfügung stehen sollen. Wie die Telekom schnelles Internet mit 100 MBit/s erreichen will, lesen Sie auf unserer Hintergrundseite zu VDSL Vectoring.