Streaming

Sky mit neuer Strategie in Europa

Sky steht mitten in einem signi­fikanten Trans­for­mati­ons­pro­zess. Die US-Mutter Comcast sieht den Pay-TV-Konzern zuneh­mend als Distri­buti­ons­kanal für Mitbe­werber ViacomCBS. Doch ist diese Entwick­lung nach­haltig?
Von Björn König

Wer sich einge­hender mit der US-Medi­enbranche beschäf­tigt, trifft früher oder später auf Dana Strong. Die Absol­ventin der renom­mierten Wharton School of Busi­ness hat das, was man in den USA einen beein­dru­ckenden "Track Record" nennt: Sie war Präsi­dentin und COO von Virgin Media, Chief Trans­for­mation Officer beim Kabel­kon­zern Liberty Global und saß sogar im Bera­tungs­gre­mium der Federal Reserve Bank of Phil­adel­phia. Zuletzt leitete sie das Privat­kun­den­geschäft von Comcast Cable, dem wich­tigsten Kabel­netz­betreiber in den Verei­nigten Staaten. Doch Comcast-CEO Brian Roberts sieht Dana Strong aktuell in einer womög­lich noch wich­tigeren Funk­tion: Sie soll Sky auf Kurs bringen.

Sky wird zum "Gateway" für ViacomCBS

Foto: Comcast Sky Group-CEO Dana Strong
Foto: Comcast
Viele Bran­chen­beob­achter gingen wahr­schein­lich davon aus, dass Haus­herr Comcast seine euro­päi­sche Betei­ligung zu einem reinen Abspiel­kanal für Inhalte von NBCUniversal umbaut. Doch weit gefehlt, mit Sky Studios setzt man in Europa mitt­ler­weile auf eigene Akzente. Viel prägender dürfte aller­dings ein weiterer Schritt sein, den Dana Strong nun verant­wortet. Sie baut Sky zu einem Distri­buti­ons­kanal für den Mitbe­werber ViacomCBS aus.

Eine Allianz mit einem der größten Konkur­renten wäre noch vor einigen Jahren unvor­stellbar gewesen. Doch der mitt­ler­weile extrem hohe Wett­bewerbs­druck macht selbst das Unvor­stell­bare möglich. Ganz aktuell kündigte Sky in 20 euro­päi­schen Ländern eine gemein­same Strea­ming-Platt­form mit ViacomCBS unter der Marke "SkyShowtime" an. Tech­nisch setzt diese auf der Comcast-Tochter "Peacock" auf, alle Inhalte kommen sowohl aus den Kata­logen von Sky wie auch ViacomCBS.

Nach­hal­tig­keit sieht anders aus

Die Kräfte gegen Netflix, Amazon, Disney und Warner/Disco­very bündeln: Auf den ersten Blick erscheint die Stra­tegie einer Koope­ration mit ViacomCBS durchaus schlüssig. Sie birgt aller­dings auch große Gefahren. Was passiert zum Beispiel, wenn sich ViacomCBS irgend­wann aus diesem Bündnis verab­schiedet? So geschah es beispiels­weise bereits mit Disney, die ihre Inhalte zugunsten eines eigenen Strea­mers von der Sky-Platt­form abzogen. Glei­ches ist bei WarnerMedia und HBO Max zu erwarten.

Nun wäre die einzig logi­sche Konse­quenz, sich mit eigenen Inhalten völlig unab­hängig von konkur­rie­renden Studios zu machen. Warum begibt sich Sky statt­dessen erneut in die Abhän­gig­keit eines Mitbe­wer­bers? Schlimmer noch, Sky wird in Europa zu einem reinen Infra­struk­tur­anbieter für ViacomCBS. Für dessen CEO Bob Bakish ist es ein guter Deal, er spart mutmaß­lich viel Geld für Inves­titionen in Europa und hat Comcast gleich­zeitig in der Hand. Ein großer Wett­bewerber weniger sozu­sagen.

Nur Zahlen zählen

Schon im kommenden Jahr wird sich zeigen, wie erfolg­reich Dana Strong mit ihrem Umbau bei Sky ist. Dann gehen sowohl die Comcast-eigene Strea­ming-Platt­form "Peacock" als auch Para­mount+ von ViacomCBS an den Start. Vor allem in Deutsch­land setzt man offenbar große Hoff­nungen in dieses Projekt, denn das Geschäft kam hier­zulande in den vergan­genen Jahren erheb­lich unter Druck.

Dana Strong steht hier vor einer großen Heraus­for­derung, denn in keinem Land ist das Terrain für Sky schwie­riger als in Deutsch­land. Hoher Rund­funk­bei­trag, obli­gato­rische Kabel­gebühren, und zahl­reiche frei empfang­bare Privat­sender senken die ohnehin in Deutsch­land schon eher geringe Zahlungs­bereit­schaft vieler Zuschauer. Außerdem wären da noch Prime Video, Netflix und Disney+: Die drei Streamer haben sich bereits klar auf dem deut­schen Markt posi­tio­niert.

Sollte 2025 auch noch HBO Max hinzu­kommen (und danach sieht es nach aktu­ellem Stand aus), wird die Gesamt­lage für Sky mit Sicher­heit nicht einfa­cher. In gewisser Weise ist die Koope­ration mit ViacomCBS nun womög­lich der letzte Stroh­halm, um das Geschäft noch über Wasser zu halten. Gemeint ist hierbei vor allem das klas­sische Geschäft mit Lauf­zeit­ver­trägen unter der Marke Sky Q.

Die Bereit­schaft derar­tige Verträge abzu­schließen, wird in den kommenden Jahren nicht zunehmen. Statt­dessen dürften viele Abon­nenten je nach Inhalten von einem zum anderen Streamer springen. Für Medi­enkon­zerne wie Comcast ist diese Entwick­lung ein gravie­rendes Problem und macht lang­fris­tige Inves­titionen unter anderem in eigene Studios kaum noch möglich. Dana Strong wird somit alles daran setzen, auch poten­zielle Sky-Kunden in Deutsch­land zurück in lukra­tive Lauf­zeit­ver­träge zu locken.

In einem weiteren Artikel berich­teten wir über den Start von Para­mount+ bei Sky Deutsch­land.

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