5G-Kern

o2 setzt im 5G-Kern-Netz auf Ericsson

Opti­mis­tisch gibt sich der Netz­be­treiber Telefónica/o2. Er will das 5G-Kern­netz beim Liefe­ranten Ericsson beziehen und bis Ende 2021 imple­men­tieren.
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In der fast schon "nervend endlosen" Diskus­sion um die Liefe­ranten für das kommende 5G-Netz hatte sich schon abge­zeichnet, dass die Kern­funk­tionen (wo die Kunden­daten verwaltet und die Verbin­dungen im Endef­fekt herge­stellt werden), nur von "zuver­läs­sigen" Anbie­tern gelie­fert werden sollen. Wobei das Wort "zuver­lässig" eher eine poli­ti­sche, als eine tech­ni­sche Frage ist, je nachdem, wen man als "Gut" oder als "Böse" einschätzen will.

Kern­lie­fe­rant Ericsson

Das soll das neue 5G-Kernnetz von Telefónica/o2 können. Lieferant wird Ericsson sein Das soll das neue 5G-Kernnetz von Telefónica/o2 können. Lieferant wird Ericsson sein
Grafik: Picture Alliance / dpa
Der Anbieter Telefónica Deutsch­land (bekannt unter dem Marken­namen o2) hat sich nun entschieden, "beim beson­ders sicher­heits­re­le­vanten 5G-Kern­netz mit dem schwe­di­schen Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­aus­rüster Ericsson auf einen euro­päi­schen Anbieter" zu setzen. Damit möchte das Unter­nehmen "die Weichen für eine sichere, digi­tale Vernet­zung des Landes im kommenden 5G-Zeit­alter" stellen.

Telefónica-Deutsch­land-Chef Markus Haas erklärt das so: „Als Netz­be­treiber, der deutsch­land­weit die meisten Menschen mit Mobil­funk verbindet, kommt uns eine ganz beson­dere gesell­schaft­liche Verant­wor­tung für die sichere digi­tale Vernet­zung zu. Mit 5G gestalten wir die digi­tale Zukunft Deutsch­lands." Und weiter: "Mit Ericsson als Tech­no­lo­gie­partner für unser 5G-Kern­netz können wir unseren Privat- und Geschäfts­kunden auch in Zukunft die leis­tungs­fä­higsten Netz­tech­no­lo­gien zu wirt­schaft­lich attrak­tiven Preisen bieten. Das o2-Mobil­funk­netz wird zum Synonym für digi­tales Vertrauen.“

Der Kern ist sicher­heits­re­le­vant

Das Kern­netz (englisch "Core") ist der zentralste und sicher­heits­re­le­van­teste Teil eines Mobil­funk­netzes. Es besteht aus mehreren Hoch­leis­tungs­ser­vern und Glas­fa­ser­tech­no­lo­gien. Dort sollen sämt­liche Anwen­dungen und Daten von den bundes­weit über 26 000 Mobil­funk­stand­orten von o2 zusam­men­laufen, die von den aktuell 42 Millionen Mobil­funk­kunden des o2-Netzes genutzt werden.

Sämt­liche Kompo­nenten des Kern­netzes müssen grund­sätz­lich vor ihrem Einsatz umfang­reich von Telefónica Deutsch­land getestet werden. Zudem müssen sich nach den Plänen der Bundes­re­gie­rung künftig alle Hersteller mit ausge­wählten Hard­ware­ele­menten umfas­senden, objek­tiven und trans­pa­renten behörd­li­chen Sicher­heits­zer­ti­fi­zie­rungen unter­ziehen und eine Garan­tie­er­klä­rung über ihre Vertrau­ens­wür­dig­keit abgeben.

5G-Kern­netz für neue Tech­no­lo­gien und Geschäfts­mo­delle

Telefónica Deutsch­land will bis zum kommenden Jahr ein "komplett eigen­stän­diges 5G-Kern­netz mit voll­stän­diger Cloud-Kompa­ti­bi­lität in seine Infra­struktur" einbauen. Die Kapa­zi­täten des neuen Kern­netzes sollen so umfas­send dimen­sio­niert sein, "dass sie die wach­senden Trans­port- und Vermitt­lungs­auf­gaben im Hinblick auf die massiv stei­genden Daten­ströme der o2-Kunden lang­fristig und optimal sicher­stellen können."

Durch eine eigen­stän­dige Archi­tektur des 5G-Kern­netzes möchte Telefónica Deutsch­land die umfas­senden tech­ni­schen Möglich­keiten von 5G – wie Network Slicing oder Edge Compu­ting – für seine Kunden reali­sieren können. Mittels Network Slicing will Telefónica Deutsch­land dann anderen Unter­nehmen virtuell getrennte und separat abge­si­cherte Netz­in­fra­struk­turen zur Verfü­gung stellen, etwa zur Errich­tung privater 5G-Netz­werke für Logistik- und Produk­ti­ons­stand­orte.

Näher an den Kunden

Um die Latenz­zeiten zu verrin­gern (herunter bis zu 1 ms) und damit mobile "Echt­zeit­kom­mu­ni­ka­tion" zu ermög­li­chen, will Telefónica Deutsch­land die Rechen­server näher an die Kunden heran­bringen (Edge Compu­ting) und dadurch eine "dezen­trale Daten­ver­ar­bei­tung vor Ort.

„Wir starten mit unserem Cloud-kompa­ti­blen 5G-Kern­netz in eine neue Tech­no­logie-Ära“, schwärmt Mallik Rao, Chief Tech­no­logy & Infor­ma­tion Officer von Telefónica Deutsch­land. „Gigabit-Daten­raten, Echt­zeit­kom­mu­ni­ka­tion und Massive IoT – aus diesen Visionen wird nun Realität. Wir haben einen klaren Plan für die Weiter­ent­wick­lung unserer Netz­in­fra­struktur hin zu einem eigen­stän­digen 5G-Netz, das die massiven Daten­ströme der Zukunft stemmt und neue digi­tale Geschäfts­mo­delle für alle unsere Kunden eröffnet. Dabei setzen wir auf modernste Netz­tech­no­lo­gien, die der Markt zu bieten hat.“

„Die Part­ner­schaft zwischen Telefónica Deutsch­land und Ericsson im 5G-Kern­netz unter­streicht, dass alle drei deut­schen Mobil­funk­netz­be­treiber in verschie­denen Teilen ihrer Netze auf uns setzen. Wir freuen uns, dadurch unsere Ambi­tion der Tech­no­lo­gie­füh­rer­schaft in Sachen 5G-Netz­aus­rüs­tung unter Beweis zu stellen“, freut sich Stefan Koetz, Vorsit­zender der Geschäfts­füh­rung von Ericsson in Deutsch­land und Head of Customer Unit Western Europe.

Mit 20 GBit/s im 5G-Netz?

o2-Kunden sollen durch 5G von einem "deut­lich besseren Netz­er­lebnis und modernsten Anwen­dungen" profi­tieren können. o2 verspricht, mit bis zu 20 GBit/s surfen zu können, das wäre etwa 100 Mal schneller als über den heutigen LTE (4G)-Stan­dard, der ihnen aktuell Geschwin­dig­keiten von (theo­re­tisch) bis zu 225 MBit/s liefert. Kunden in bestimmten Regionen können von solchen Werten bislang nur träumen, sie berichten über LTE-Verbin­dungen mit Werten von teil­weise unter 1 MBit/s.

Wenn das 5G-Netz eines Tages komplett aufge­baut ist, sollen Privat­kunden, welche bis dahin die passenden Geräte und Verträge ihr eigen nennen, "in völlig neue Dimen­sionen mobiler Daten­an­wen­dungen vorstoßen" können. Dadurch könnten o2-Privat­kunden beispiels­weise mobile Anwen­dungen wie Virtual Reality ohne Verzö­ge­rungen erst so richtig genießen. Doch bis dahin ist noch einiges zu tun.

Hoff­nung auf Indus­trie­kunden

o2 setzt auf Indus­trie­kunden, für welche die ultra­ni­ed­rigen Latenz­zeiten eine zentrale Voraus­set­zung für den zuver­läs­sigen Einsatz des Netzes im Produk­tions- und Logis­tik­pro­zess sind. Den Geschäfts­kunden will Telefónica Deutsch­land neue digi­tale Lösungen anbieten, etwa für Produk­tion, Logistik, Ener­gie­ma­nage­ment oder sogar vernetztes Fahren.

5G erlaubt vom Stan­dard her, auf einem Quadrat­ki­lo­meter bis zu 1 Millionen Geräte zu vernetzen, mit LTE sind es (nur) "bis zu 10 000 Geräte". Ganz klar, 5G wird (auch bei o2) kommen, viel­leicht schneller als viele glauben, aber es ist noch gewaltig viel zu tun.

Gute Nach­richten für Telefónica in Groß­bri­tan­nien: Der Verkauf von o2-uk an Three-uk/Hutchison HongKong ist nun wieder möglich.

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