Fidesmo: "Sehen uns als Alternative zu Apple und Google Pay"
Fidesmo Country Manager Ulrich Dreefs
Foto: Fidesmo AB
Bargeld ist auch in Deutschland auf dem Rückzug. Immer mehr Kunden nutzen Kontaktloszahlungen per Karte oder Smartphone. Trotzdem sind diese Zahlverfahren vergleichsweise unpraktisch. Schließlich könnte man auch mit einem Fingerring oder Armband bezahlen, das man immer bei sich trägt und nicht aus der Taschen holen muss. Möglich wird dies mit Fidesmo Pay, das schwedische Unternehmen ist auf Zahlungen mit Wearables spezialisiert. Über dessen Ziele für den deutschen Markt sprechen wir mit Country Manager Ulrich Dreefs.
Fidesmo Country Manager Ulrich Dreefs
Foto: Fidesmo AB
teltarif.de: Herr Dreefs, erklären Sie bitte kurz die Funktionsweise von Fidesmo Pay und wie es sich von anderen mobilen Zahlverfahren unterscheidet.
Ulrich Dreefs: Fidesmo Pay nutzt die Tokenisierungsplattformen der großen internationalen Bezahlschemas, aufgrund unserer Erfahrung integrieren wir aber auch nationale Bezahldienste – zum Beispiel Bancontact in Belgien – effizient und sicher. Durch die Tokenisierung kann der Kunde über Fidesmo Pay direkt selbst seine Bezahlkarte mit einem unterstützten Smart Wearable verbinden und erhält damit ein Zahlungsmedium, das die höchsten Sicherheitsstandards erfüllt. Aus Kundensicht funktioniert Fidesmo Pay sehr ähnlich der kontaktlosen Kreditkarte, welche die Kunden bereits besitzen oder bei einem unserer Karten ausgebenden Bankenpartner beantragen. Die Kunden können je nach Vorliebe aus einer Palette von Herstellern und Wearables wählen und schon im eCommerce-Bestellprozess ihre Karte mit dem Wearable verbinden. Sie müssen dann nach Erhalt des Wearables die Bezahlfunktion nur noch aktivieren (je nach Bank unterschiedlich) und können ihr Wearable danach einfach und sicher zum Bezahlen nutzen wie ihre Karte.
teltarif.de: In Deutschland arbeiten Sie aktuell mit VIMPay zusammen. Sind Kooperationen mit weiteren Banken geplant?
Ulrich Dreefs: Ja, wir sind mit weiteren Banken in Gesprächen, und in 2021 werden Launches folgen.
teltarif.de: Der Markt mobiler Bezahllösungen wird aktuell von den großen US-Anbietern Google und Apple dominiert. Wie wollen Sie Nutzer von einem Wechsel überzeugen?
Ulrich Dreefs: Wir sehen Fidesmo Pay nicht unbedingt als Konkurrenz zum Smartphone-basierten Bezahlen, sondern als sinnvolle Alternative. Es gibt Situationen, in denen Wearables, die am Körper getragen werden und batterielos funktionieren, ihre Vorteile haben. Denken Sie an die Einkaufssituation an der Supermarktkasse, wenn Sie mit Packen beschäftigt sind oder die Tüte bereits im Arm tragen, oder an Umgebungen, in denen man sein Smartphone nicht mit sich führen kann oder will. Zudem bedienen unsere Wearable-Partner interessante Marktsegmente und auch andere Preissegmente als die eines Smartphones oder einer Smartwatch.
teltarif.de: Bei Wearables denkt man immer noch zuerst an Smartwatches. Bei Fidesmo Pay steckt der NFC-Chip auch in Schmuck und Accessoires. Das bedeutet aber auch weniger Funktionsumfang. Ist das für Nutzer kein Nachteil?
Ulrich Dreefs: Das sehen wir wie gesagt nicht so. Die Erfahrung, mit einem passiven Wearable – vergleichbar mit einer Karte – zu bezahlen, begeistert im Gegenteil viele unserer Kunden. Es ist einfach, bequem und sehr sicher. Die Erfahrung, auf diese Art und Weise zu bezahlen, ist wirklich großartig.
teltarif.de: Im Vergleich zu den beiden großen US-Mitbewerbern Apple und Google aber auch Garmin sowie Fitbit ist Fidesmo noch relativ unbekannt. Wie planen Sie, die Marke bekannter zu machen?
Ulrich Dreefs: Mehr und mehr Wearable-Partner und auch Chip-Hersteller erkennen die Vorteile, die Fidesmo einbringt. Beispielsweise arbeiten wir mit unterschiedlichen Chipherstellern zusammen, stellen bei Bedarf schlüsselfertig funktionierende und zertifizierte Lösungen für Wearables bereit und bedienen so den stark wachsenden Markt bestmöglich – verbunden mit einem transparenten Geschäftsmodell für unsere Partner. Zudem sind wir nicht nur im Payment-Markt aktiv. Führende Anbieter in vielen Bereichen, in denen kontaktlose Transaktionen eine Rolle spielen, setzen auf unsere Integrationsplattform. Dadurch entstehen mittelfristig neue Potenziale; z.B. durch die Möglichkeit, mit einem Fidesmo-unterstützten Wearable nicht nur zu bezahlen, sondern auch seine ÖPNV-Monatskarte auf das gleiche Wearable zu laden. Wir sind hierzu bereits in der Pilotierung in Deutschland.
teltarif.de: Gibt es also abseits von Fidesmo Pay weitere Anwendungsszenarien für Wearables, z.B. als Türschlüssel oder im Rahmen von Identifikationsprozessen, die bereits jetzt möglich oder in naher Zukunft geplant sind?
Ulrich Dreefs: Ja. Neben dem ÖPNV wird dies, neben anderen Bereichen, über die ich noch nicht sprechen kann, auch im Bereich Access sein - der weltführende Anbieter für Zutrittssysteme, HID Global, arbeitet bereits mit uns zusammen.
teltarif.de: Stehen auch Kooperationen im stationären Handel auf der Agenda?
Ulrich Dreefs: In Schweden ist dies bereits Realität, über 100 niedergelassene Händler haben einen Fidesmo Kiosk (iPad-basierte-Lösung, mit dem sich eine Bezahlkarte auf das gekaufte Wearable laden lässt) im Einsatz. Einige unserer Wearable-Partner sind auch im niedergelassenen Handel vertreten und über kurz oder lang werden wir auch vermehrt die Präsenz vor Ort sehen.
teltarif.de: Fidesmo kommt ursprünglich aus Schweden, wo Mobile Payment viel stärker als in Deutschland verbreitet ist. Was macht Sie für den deutschen Markt zuversichtlich? Schließlich setzen Kunden hierzulande immer noch hauptsächlich auf Cash.
Ulrich Dreefs: Tatsächlich ist – oder war? – Deutschland im internationalen Vergleich deutlich zurückhaltender, das mag viele Gründe haben, die ja auch immer wieder in den Medien diskutiert werden. In jüngster Zeit haben die Rahmenbedingungen dem bargeld- und kontaktlosen Bezahlen jedoch einen Schub gegeben, die sicherlich anhalten wird, da die Infrastruktur nun viel besser vorhanden ist. Wir stehen erst am Anfang der Entwicklung, was die Nutzung von kontaktlosen Transaktionen in unser aller Alltag angeht.
teltarif.de: In welchen weiteren Märkten abseits von Skandinavien und Deutschland wird Fidesmo Pay verfügbar sein?
Ulrich Dreefs: Belgien ist bereits seit Sommer 2020 mit Fidesmo Pay live. Gerade eben sind wir in Russland mit der ersten Bank in den Markt gegangen, weitere werden folgen. Mehrere europäische Länder sind in der Projektphase oder bereits kurz vor dem Launch – es wird sich also einiges tun in nächster Zeit!
teltarif.de: Werden auch Smart Rings und Smartwaches mit Fidesmo Pay verfügbar sein?
Ulrich Dreefs: Ja, Smart Rings werden schon in naher Zukunft hinzukommen und auch was Smartwatches angeht, haben wir Grund zu Optimismus.
teltarif.de: Herr Dreefs, vielen Dank für das Gespräch.
Zur Person: Ulrich Dreefs
Ulrich Dreefs ist seit 2017 bei Fidesmo Geschäftsführer Deutschland und Head of Sales. Zuvor war er zehn Jahre Head of Solution Design / IT bei Swiss Post Solutions Deutschland, davon fünf Jahre im Bereich Kartenpersonalisierung. Von 2004-2007 war Ulrich Dreefs International IS/IT Manager bei Phadia (Biotech) sowie ca. zehn Jahre in diversen IT-Management-Positionen bei Pharmacia (Pharma) tätig.
Mobiles Bezahlen nimmt laut aktuellen Berichten in Deutschland zu.