Zahnloser Tiger

Gesetz zu Internetsperren tritt in Kraft

Sperrlisten werden nicht geführt, neues Gesetz soll Löschungen zum Ziel haben
Von dpa / AFP / Thorsten Neuhetzki

Das umstrittene Gesetz zur Sperrung von Kinderporno-Seiten im Internet tritt heute in Kraft ohne konkrete Auswirkungen zu haben. Das Bundesjustizministerium bekräftigte, dass das noch vor der Bundestagswahl von der großen Koalition beschlossene Regelwerk nicht angewendet werde. Es werde nun so schnell wie möglich eine neue Regelung erarbeitet, die dem Prinzip "Löschen statt Sperren" entspricht.

Das Gesetz war in der vergangenen Woche von Bundespräsident Horst Köhler unterzeichnet worden und wurde am Montag im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Am Tag nach der Verkündung tritt es in Kraft. Union und FDP hatten bereits im Koalitionsvertrag vereinbart, die im Gesetz vorgesehene Sperrung von kinderpornografischen Internetseiten durch das Bundeskriminalamt nicht umzusetzen.

Bundesregierung arbeiten an einem Gesetz für die Löschung

Die Bundesregierung arbeitet nach Angaben aus dem Bundesjustizministerium an einem Gesetz, das die Löschung von Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten ermöglichen soll. Auch der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Max Stadler (FDP), machte während einer Sitzung des Petitionsausschusses deutlich, dass heute in Kraft tretende Zugangserschwerungsgesetz werde nicht dazu führen, dass Sperrlisten für Internetseiten erstellt würden. Dies lasse das Gesetz zwar grundsätzlich zu, doch habe sich die Regierung verständigt, dem ebenfalls darin verankerten Grundsatz "Löschung vor Sperrung" zu folgen.

BKA verzichtet auf das Führen von Sperrlisten

Grund für die Anhörung vor dem Petitionsausschuss war eine schon im vergangenen Jahr von der Berlinerin Franziska Heine eingebrachte Online-Petition, die sich gegen eine Indizierung von Internetseiten wendet. Das Anliegen wurde von fast 135 000 Unterzeichnern unterstützt, das sind nach Angaben des Bundestags mehr Unterzeichner als bei jeder ander en Petition bisher. Die SPD unterstützte vor dem Ausschuss die Forderung Heines nach einer Aufhebung des Zugangserschwerungsgesetzes. Internetsperren seien wenig effektiv, ungenau und technisch ohne großen Aufwand zu umgehen, erklärten die zuständigen Arbeitsgruppen der Partei in Berlin. Kritiker befürchten zudem, dass das Gesetz auch zur Zensur nicht kinderpornographischer Seiten missbraucht werden könnte.

Die CDU verteidigte hingegen das Gesetz. Das Bundeskriminalamt werde im Sinne der Petition auf das Führen von Sperrlisten verzichten, erklärten der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Petitionen, Günter Baumann, und der Ausschussberichterstatter Thomas Feist. Das Gesetz solle laut Koalitionsvereinbarung nach einem Jahr auf seine Wirksamkeit geprüft werden.

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