AVM Fritz!DECT: Smart Home für wenig Geld
Die Fritz!Box gehört zu den beliebtesten WLAN-Routern in Deutschland. Dabei ist das Kästchen längst zur eierlegenden Wollmilchsau mutiert. NAS-Speicher, Faxbox, Anrufbeantworter: Es gibt fast nichts, was die Fritz!Box nicht kann. Viele Besitzer der Box werden gar nicht alle Funktionen ausnutzen, die das Gerät bietet. Dazu gehört sicher auch die Option zur Hausautomation. (Fast) alle Boxen, die eine DECT-Basisstation eingebaut haben, sind nämlich auch potenzielle Smart-Home-Zentralen. Zumindest die Geräte, die privat gekauft wurden: Bei manchen Leihboxen wurde diese Funktion leider abgeschaltet.
Günstiger Einstieg
Die Auswahl an Produkten bei Fritz!DECT ist nicht unbedingt riesig.
Bild: AVM
Damit kann man sich die ein- bis zweihundert Euro sparen, die die Steuerzentralen sonst so kosten und die Technik
einfach mal kostengünstig ausprobieren. Denn auch die anderen Komponenten für das AVM-System kosten nicht die Welt.
Sie sind in der Regel für unter 50 Euro zu haben. AVM geht das Thema Hausautomatisierung allerdings ein wenig zaghaft
an. Gerade mal fünf verschiedene Geräte plus zwei Schnurlostelefone als mobile Kontrollstationen sind als Komponenten
im Angebot.
Zwei dieser Komponenten sind Schaltsteckdosen. Die Fritz!Dect 200 ist für drinnen gedacht, die spritzwassergeschützte Variante Fritz!Dect 210 kann auch auf der Terrasse oder im Garten genutzt werden. Für die Nutzung in der Wohnung gibt es den Heizkörperthermostaten Fritz!Dect 301 mit stromsparendem E-Paper-Display. Wenn die Reichweite nicht ausreicht, dann kann sie mit dem Repeater Fritz!Dect 100 ausgebaut werden.
Neuester Zugang bei den Komponenten ist der drahtlose Taster Fritz!Dect 400, mit dem beispielsweise auch das Nachtlicht im Kinderzimmer geschaltet werden kann, ohne ein Kabel legen zu müssen. Und schließlich gibt es die beiden DECT-Telefone Fritz!Fon C5 und C4 mit denen der Gerätestatus überwacht und einzelne Schaltfunktionen ausgelöst werden können.
Kompatibilität und Ausbauoptionen
Das Ganze klingt nicht unbedingt nach einer Geschichte aus dem Lande der unbeschränkten Möglichkeiten. Allerdings lassen sich nicht nur die von AVM hergestellten Komponenten verwenden, sondern seit der Fritz!OS Version 6.83 auch eine ganze Reihe weiterer Produkte.
AVM verwendet für die Verbindung den stromsparenden DECT-ULE-Standard, der dank AES-CCM Verschlüsselung auch sehr sicher ist. Der ULE-Standard wurde eigens für die Hausautomation und Connected-Living Anwendungen entwickelt. Er hat eine Reichweite von 50 Meter in Gebäuden, außerhalb bis 300 Meter. Er arbeitet auf den für DECT reservierten Frequenzen zwischen 1880 und 1900 MHz und gilt deshalb auch als störsicher. Mehr als 100 Sensoren und Aktoren können mittels ULE miteinander verbunden werden. Um mit AVM kompatibel zu sein, müssen die Geräte aber zusätzlich das Han-Fun Protokoll unterstützen. Was so chinesisch klingt, ist lediglich die Abkürzung für "Home Area Network Functional Protocol".
Wer zu dem AVM-System kompatible Komponenten sucht, wird beispielsweise bei der Deutschen Telekom im Magenta SmartHome-Sortiment fündig. Sie hat zwei Tür- und Fensterkontakte im Angebot, einen optischen und einen magnetischen, die beide über ULE funken und sich so an die Fritz!Box anschließen lassen. Ebenfalls nutzbar ist ein Wandtaster, ähnlich dem von AVM, allerdings mit zwei Tasten, sowie ein Bewegungsmelder.Eine günstige Alternative zu den AVM Thermostaten ist der Eurotronic CometDECT. Er ist ein paar Euro billiger als die AVM-Version, aber ansonsten voll kompatibel.
Geräteliste im Netz
Die Steckdosen können auch den Verbrauch messen.
Screenshot: teltarif.de
Mehr Auswahl gibt es im Netz. Die ULE-Alliance hat dort eine Liste von DECT ULE Geräten mit Han-Fun veröffentlicht. Aber Achtung: Es kann hier trotzdem zu Problemen kommen.
Die Geräte können zwar in der Regel mit der Box verbunden werden, funktionieren aber manchmal nicht richtig.
Prinzipiell können an einer Fritz!Box maximal zehn Han-Fun-Geräte zusätzlich zu den AVM-Smart-Home-Geräten angemeldet werden. Allerdings funktioniert das Firmware-Update von Fremdgeräten meist nicht und die AVM-DECT-Repeater können ihr Signal nicht weitergeben.
Versteckte Sensoren
Die Geräte von AVM haben eine Reihe von Sensoren eingebaut, die sie sehr vielseitig manchen. So stehen den beiden Steckdosen Thermostaten zur Verfügung, sodass sie auch temperaturabhängig eingesetzt werden können, etwa zusammen mit einem Heizgerät als Frostwächter im Gartenhäuschen. Sie messen zudem den Energieverbrauch und können dadurch lastabhängig schalten. Wer will, kann sich von den Geräten auch gleich die fälligen Stromkosten ausrechnen lassen.
Die beiden Zwischenstecker können auch auf akustische Geräusche reagieren, sogar auf einen bestimmten Ton mit
einstellbarer Frequenz. Selbstverständlich sind sie über die Zeit steuerbar und können zufällig ein- und ausgeschaltet
werden, etwa um mit einer Stehlampe eine bewohnte Wohnung zu simulieren. Dabei lassen sich die Zeiten auch über den
Google-Kalender festlegen oder automatisch an den Sonnen-auf und Untergang anpassen.
Die Schaltsteckdose kann auch die Kosten berechnen.
Screenshot: teltarif.de
Auch die Heizungsthermostate lassen sich zeitabhängig über einen Wochenplaner steuern. Bis zu acht Schaltpunkte am
Tag sind möglich, die zwischen einer wählbaren Komfort- und einer Spar-Temperatur hin und her schalten können.
Die Temperaturen werden direkt am Thermostat gemessen, mit einer einstellbaren Offset-Temperatur kann das Wärmegefühl im Lieblingssessel optimiert werden. Die Thermostate erkennen zudem einen plötzlichen Temperatursturz und regeln die Heizung selbstständig ab, wenn gelüftet wird. Umgekehrt verhindern sie auch Frostschäden.
Doch das System hat auch seine Grenzen: Eine Steuerung über Außentemperatursensoren beispielsweise ist nicht möglich. Die Box kann auch nicht erkennen, ob ihr Nutzer gerade nach Hause kommt. AVM wertet aus Sicherheitsgründen bewusst keine GPS-Daten aus, auch Alexa & Co müssen aus diesem Grund (zumindest offiziell) draußen bleiben. Es gibt aber einen inoffiziellen Alexa Skill, der die Sprachsteuerung der Fritz! Smart-Home-Geräte ermöglicht.
Montage und Bedienung
Die Installation der Geräte ist einfach. So werden die Steckdosen durch langes Drücken einer Taste am Gerät und der DECT-Taste an der Box angemeldet. Das Anschließen der Thermostate funktioniert auf ähnliche Weise. Auch sie werden per DECT-Taste an der Box angemeldet und anschließend am Heizungskörper montiert. Mehr als eine Rohrzange braucht man dazu nicht. Der Thermostat passt sich dann mit seinem Stellstift automatisch an den Heizkörper an.
Allerdings sind bei relativ vielen Heizkörperventilen Adapter notwendig. Eine entsprechende Liste der
Hersteller liegt dem Produkt bei. Die Adapter kann man im Internethandel erwerben, mit Versand muss man
mit etwa 10 Euro zusätzlich rechnen, was bei einem Gerätepreis von knapp 50 Euro nicht ganz unerheblich
ist. Es ist aber eine Investition, die sich schnell lohnt: Mit dem AVM-System lassen sich laut
Erfahrungsberichten bis zu 30 Prozent Heizkosten sparen.
Die Heizkörperthermostate können sich rasch amortisieren.
Bild: AVM
Programmierung nur über die Box
Die Geräte wie Steckdosen oder Heizkörperregler können unabhängig vom SmartHome-Netzwerk genutzt werden. Sie besitzen hierzu entsprechende Regler und Schalter. Eine Steuerung ist auch über die MyFritz-App möglich.
Für die Einbindung der Geräte in das Netzwerk ist aber die Fritz!Box mit ihrer Web-Oberfläche zuständig - und nur diese. Seit der OS-Version 7 gibt es hier auch sogenannte Vorlagen. Darin können die Einstellungen der Geräte im AVM-Heimnetz etwa für den Urlaub gespeichert werden und später über das Webinterface oder eine App aktiviert werden.
In diese Vorlagen können Gruppen eingerichtet werden, bei denen Geräte gleichen Typs zusammengefasst
werden. Für Anfänger ungewohnt: Auch Einzelgeräte müssen in eine Gruppe, um gesteuert werden zu können.
Es können zudem Schaltzeiten und Wenn-dann-Szenen festgelegt werden.
Bis auf wenige Ausnahmen eignen sich alle aktuellen Fritz!Boxen auch als Steuerzentrale für die Hausautomatisierung.
Bild: AVM
Anwendungsbeispiele auch bei AVM auf der Homepage
Wer sich inspirieren lassen will: Für Anwendung und Zusammenschaltung der Geräte bietet AVM eine ganze Reihe von Beispielen auf der Homepage. So gibt es den Vorschlag die Fritz!Box signalisieren zu lassen, wenn die Wäsche fertig ist. Das ist eigentlich ganz einfach. Weil die Zwischenstecker den Stromverbrauch messen, kann man sie so einstellen, dass sie sich abschalten, wenn die aufgenommene Leistung für einen bestimmten Zeitraum unter einen vorgegebenen Wert sinkt. In diesem Fall kann das System eine Push-Nachricht auf das Smartphone schicken: "Wäsche fertig!"
Ein durchaus interessantes Produkt ist die DoorLine Slim DECT von Telegärtner Elektronik. Auch diese Türsprechstelle lässt sich mit dem System von AVM verbinden. So ist es möglich, mit dem Gast vor der Tür per Telefon zu kommunizieren und auch den Öffner zu betätigen. Die Doorline hat zudem ein zweites Relais, mit dem etwa auch das Garagentor geöffnet werden kann. Paketboten können ihre Sendungen dann dort ablegen. Das funktioniert per App auch von unterwegs - falls die Fritz!Box aus dem Internet erreichbar ist
Einen Erfahrungsbericht über die Kompatibilität der Fritz!Box mit DECT ULE und Han-Fun-Geräten können Sie übrigens in einem weiteren Beitrag lesen.