Urteil

BGH-Urteil: Kosten aus versteckten Dialern müssen nicht bezahlt werden

Netzbetreiber trägt Missbrauchsrisiko bei 0190er-Nummern
Von Marie-Anne Winter mit Material von AFP und dpa

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Telefonkunden müssen erhöhte Gebühren für 0190er- oder 0900er-Nummern nicht zahlen, wenn die Verbindung über ein heimlich installiertes Computerprogramm (Dialer) erfolgte. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem heute in Karlsruhe bekannt geworden Urteil. Demnach haben Telefonnetzbetreiber, die Rechnungen für Dialer-Firmen einziehen, ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Inanspruchnahme dieser Dienste, weil sie daran mitverdienen. Deshalb sei es angemessen, dass sie das Missbrauchsrisiko in solchen Fällen auch tragen. (AZ: III ZR 96/03)

Die klagende Berliner Stadtnetzbetreiber Berlikomm verlangte von einer Kundin mit ISDN-Anschluss rund 9 000 Euro, die für Internetverbindungen über eine 0190er-Nummer aufgelaufen waren. Wir berichteten über diesen Fall.

Der Dialer, der in diesem Fall heruntergeladen worden war, veränderte die Standardeinstellungen im Netzwerk des Computers derart, dass sämtliche Verbindungen in das Internet fortan über eine teure 0190er-Mehrwertdienstenummer hergestellt wurden. Das Löschen der Datei, die angeblich zur Beschleunigung der Datenübertragung diente, machte diese Veränderungen nicht mehr rückgängig. Die Manipulationen waren bei standardmäßiger Nutzung des Computers nicht erkennbar.

Das Landgericht Berlin verurteilte die Anschussinhaberin in erster Instanz zur Zahlung der Dialerkosten. Das Kammergericht Berlin wies in der zweiten Instanz die Klage der Berlikomm zurück. In der Vergangenheit war die Rechtssprechung in Punkto Dialerkosten keineswegs einheitlich, was sich auch an diesem Fall wieder zeigt. Das BGH-Urteil bestätigt nun die verbraucherfreundliche Auslegung in diesen Fällen. Laut BGH haben weder die Kundin noch ihr Sohn gegen Sorgfaltspflichten verstoßen. Sie hätten keinen besonderen Anlass zu Schutzvorkehrungen gehabt, da der Dialer nicht bemerkbar gewesen sei, urteilte das Gericht. Die Telefonnetzbetreiberin muss die Mehrkosten deshalb nun selbst tragen.

Der Berliner Anwalt der Frau, Christlieb Klages, sprach von einer spektakulären Entscheidung, die für alle Prozesse im Zusammenhang mit Dialern Bedeutung habe. Nach seiner Einschätzung ist das Urteil auf die meisten Netzbetreiber übertragbar, weil sie überwiegend ein eigenes wirtschaftliches Interesse an 0190er- und ähnlichen Nummern hätten.

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