Rückblick

Steiler Aufstieg und jäher Fall: Der IBM-PC wird 40 Jahre alt

Vor 40 Jahren star­tete IBM mit seinem ersten Personal Computer eine neue Ära in der Technik-Geschichte. Der IBM-PC 5150 war zwar weder der erste noch beste Rechner. Doch kein anderer Computer hatte so viel Einfluss wie der erste IBM-PC.
Von dpa /

Der allererste IBM-PC von 1981 Der allererste IBM-PC von 1981
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Den Trend zum Personal Computer hat der Compu­ter­gigant IBM in den 70er Jahren fast verschlafen. Damals war der Konzern zwar der führende Anbieter von Groß­rech­nern, doch die waren meis­tens so groß wie ein Kühl­schrank und nicht für den privaten Gebrauch geeignet. An diesen Verhält­nissen wollten die Konzern­manager an der Ostküste der USA eigent­lich auch nichts ändern. Doch die lang­haa­rigen Technik-Nerds in Kali­for­nien, die sich im "Home­brew Computer Club" ihre selbst­gebas­telten Mikro­com­puter vorführten, wirbelten die Pläne von IBM durch­ein­ander und erzwangen vor 40 Jahren die Entwick­lung des ersten IBM-PCs.

Einer dieser Home­brew-Nerds, der IBM in Verle­gen­heit brachte, war der geniale Tüftler Steve Wozniak. "Woz" wurde von seinem Freund Steve Jobs immer wieder ermahnt, nicht nur an seine Bastler-Freunde zu denken, sondern weit darüber hinaus. Der von Wozniak entwi­ckelte Apple I wurde 1976 von den Anzug­trä­gern bei IBM noch nicht einmal zur Kenntnis genommen. Das Nach­fol­gepro­jekt Apple II dagegen schon.

IBM musste auf Home­com­puter reagieren

"Plötz­lich kauften Zehn­tau­sende von Menschen solche Computer (wie den Apple II) und sie liebten sie", erin­nert sich der ehema­lige IBM-Manager Jack Sams in der TV-Doku­men­tation "Triumph of the Nerds". "Sie waren sehr zufrieden mit ihnen." IBM musste reagieren - und zwar möglichst schnell. Doch der dama­lige Konzern­chef Frank Carey befürch­tete, bei IBM würde es vier Jahre und drei­hun­dert Leute brau­chen, um ein Projekt auf die Beine zu stellen.

Carey beauf­tragte Anfang 1980 den Entwickler Bill Lowe, sich im IBM-Forschungs­labor in Boca Raton (Florida) mit einem verschwo­renen Dutzend Entwickler an die Arbeit zu machen. Sie sollten an der berüch­tigten IBM-Büro­kratie vorbei einen neuar­tigen Personal Computer entwi­ckeln. Lowe entschied sich für eine offene Archi­tektur ohne vorhan­dene IBM-Tech­nologie.

Doch dazu mussten die IBM-Tech­niker Kompo­nenten von außen zukaufen. Bei der Suche nach einem geeig­neten Chip stießen sie auf Intels Mikro­pro­zessor 8088 und legten damit das Funda­ment für den Aufstieg von Intel zum welt­größten Chip-Produ­zenten. Auch das Betriebs­system für den neuen PC wollten die IBM-Inge­nieure nicht selbst schreiben. Der allererste IBM-PC von 1981 Der allererste IBM-PC von 1981
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Micro­soft lieferte das Betriebs­system

Nachdem der führende Soft­ware­ent­wickler Gary Kildall von Digital Rese­arch die IBM-Offerte nicht ernst nahm, ergriff der damals erst 25 Jahre alte Bill Gates die Chance seines Lebens. Dabei verfügte Micro­soft 1980 gar nicht über ein geeig­netes Produkt. Doch Gates und sein Partner Paul Allen erkannten sofort, welche Perspek­tive ihnen ein IBM-Auftrag eröffnen würde.

Gates kaufte bei einem Entwickler in der Nach­bar­schaft für läppi­sche 25.000 Dollar den Kern für eine System­soft­ware zusammen und lizen­zierte IBM das Konglo­merat als PC-DOS 1.0. Die erfah­renen IBM-Manager ließen sich von Gates sogar die Rechte an DOS abringen und sorgten so dafür, dass Micro­soft sich zum globalen Soft­ware­giganten entwi­ckeln konnte.

Nicht der beste, aber der beste fürs Büro?

Am 12. August 1981 präsen­tierte IBM in New York den unter größter Geheim­hal­tung entwi­ckelten IBM-PC 5150. Tech­nikpu­risten waren enttäuscht. Der Chip war für eine vernünf­tige Grafik­dar­stel­lung nicht leis­tungs­stark genug. Das DOS von Micro­soft wurde als schwache Soft­ware­archi­tektur kriti­siert. Apple begrüßte den großen Rivalen leicht über­heb­lich mit einer Zeitungs­anzeige mit den Worten: "Will­kommen, IBM. Ernst­haft."

Doch das Kalku­lati­ons­pro­gramm Lotus 1-2-3 für den IBM-PC konnte komple­xere Rechen­modelle ausführen als der Apple II und verdrängte die Konkur­renz aus den Büros. In den USA kostete die billigste Version des IBM-PC 5150, die der Benutzer mit einem eigenen Bild­schirm­gerät koppeln musste, 1565 Dollar. Voll ausge­stattet wurden damals 6000 Dollar fällig, das entspricht knapp 18.000 Dollar heute.

"Tatsäch­lich läutete die Präsen­tation des IBM Personal Computer am 12. August 1981 eine neue Ära der Infor­matik ein", sagt Andreas Stolte vom Heinz Nixdorf MuseumsForum (HNF) in Pader­born. "Die bunte Klein­rech­ner­szene der Sieb­ziger und Acht­ziger verwan­delte sich in unsere Laptop- und Smart­phone-Welt mit wenigen Gerä­tetypen, Chip­fabri­katen und Betriebs­sys­temen." Kein Patentschutz: Die Platine des ersten IBM-PC Kein Patentschutz: Die Platine des ersten IBM-PC
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Markt­erfolg wegen offener Archi­tektur

Basis für den durch­schla­genden Markt­erfolg der IBM-Archi­tektur war die Entschei­dung, anderen Firmen wie Compaq, Dell oder Nixdorf den Nachbau des IBM-PCs zu gestatten. Im Nach­hinein haben die IBM-Manager viel­leicht bedauert, dass sie damit der Konkur­renz den Weg bereitet haben. Zehn Jahre nach dem Verkauf des ersten "PC-Clones" durch Compaq verlor IBM die Spit­zen­posi­tion im Markt 1994 an das texa­nische Unter­nehmen. 2005 verkaufte IBM seine PC-Sparte samt Markt­rechten an den chine­sischen Konzern Lenovo, der heute Welt­markt­führer ist.

Der PC-Boom fand also weit­gehend ohne IBM statt. Für die Branche insge­samt ging es jahre­lang nur bergauf. Dazu trugen auch bessere Bedien­ober­flä­chen wie Windows 95 bei. 1996 wurden welt­weit rund 70 Millionen PCs verkauft. Die Absatz­zahlen stiegen dann konti­nuier­lich auf über 350 Millionen PCs im Jahr 2011 an. Danach zeigte der Trend aller­dings stetig nach unten. Der Tief­punkt wurde 2018 mit einem Absatz von knapp 260 Millionen PCs erreicht. Im vergan­genen Jahr sorgte die Corona-Krise dafür, dass vor allem mehr Laptops benö­tigt wurden und die Absatz­zahl auf über 300 Millionen PCs anstieg.

Trotz der jüngsten Markt­erfolge steht die PC-Branche aktuell vor großen Umbrü­chen. Zum einen steht in Frage, ob Intel seine führende Rolle in der PC-Welt mit seiner Chipar­chi­tektur (x86) behaupten kann. Heraus­for­derer ist der ewige Konkur­rent Apple, der derzeit die Tech­nik­experten mit seinem Konzept über­zeugt, strom­spa­rende Chip-Tech­nologie aus dem Smart­phone-Bereich auf den PC zu über­tragen. Die Apple-Leute können derzeit gar nicht so schnell produ­zieren, wie ihnen die Macs mit dem neuen M1-Chip aus den Händen gerissen werden.

Auf der anderen Seite fordert Google den tradi­tio­nellen PC mit seinen Chrome­books heraus. Mit den preis­werten Laptops wird der komplexe Personal Computer auf die Funk­tion eines Webbrow­sers redu­ziert, weil ohnehin alles in der Internet-Cloud gespei­chert und verar­beitet wird. Insbe­son­dere in des USA erleben die Chrome­books starken Zulauf, vor allem an den Schulen und Univer­sitäten. Auf das Konzept des Cloud-Compu­ters springt fast genau 40 Jahre nach der Vorstel­lung des ersten IBM-PCs aber auch Micro­soft auf. Windows 365 bringt den PC und die benö­tigte Soft­ware ins Netz, sodass man zum Bedienen nur noch einen einfa­chen Rechner oder Tablet-Computer benö­tigt.

TV-Doku "Triumph of the nerds"

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