Neues Gesetz

WebID für Prepaid im Test: Identifizierung nach 1,5 Stunden

Seit Juli müssen sich Prepaid-Neukunden mit dem Personalausweis identifizieren. Eines der angebotenen Verfahren ist WebID: Wir haben es getestet - und dabei lange gewartet.
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Nach der Weiterleitung auf die WebID-Seite fragte uns der Chrome-Browser, ob wir den Zugriff der WebID-Webseite auf Mikrofon und Webcam des Laptops erlauben - dem stimmten wir zu. Als nächstes sahen wir unser eigenes Webcam-Bild eingebettet im Browserfenster. Für WebID muss also keine Zusatzsoftware und auch kein Browser-Plugin installiert werden. Allerdings wird eine persönliche Vorgangsnummer kreiert. Diese dient dazu, dass der Nutzer direkt wieder in den Arbeitsschritt mit der Video-Identifizierung einsteigen kann, ohne erneut seine Daten einzugeben, wenn die Verbindung abbricht oder zwischenzeitlich der Browser abstürzt.

Enttäuschend war allerdings die Angabe der Wartezeit: Rund 660 Sekunden, also etwa 11 Minuten sollten wir warten, bis ein Callcenter-Mitarbeiter zur Verfügung steht. Schon Anfang Juli war von anderen Testern kritisiert worden, dass die Wartezeiten bei WebID mitunter sehr lang sind - damals gelobte das Unternehmen Besserung. WebID bietet auch an, statt zu warten einen konkreten Termin für die Identifizierung zu vereinbaren - doch wir wollten die Wartezeit testen.

Letztendlich warteten wir vor diesem Bildschirm dann 35 Minuten. Was dann geschah, lässt sich im Nachhinein nicht mehr genau ermitteln, auf jeden Fall stürzte unser Laptop komplett ab. Es könnte sein, dass zu diesem Zeitpunkt ein Operator unser Gespräch annehmen wollte und es dabei zu einem Absturz des Systems kam. Zuvor hatten wir allerdings bei WebID gelesen, dass neben dem Chrome-Browser auch Firefox und Opera unterstützt werden, aber keineswegs Internet Explorer, Edge oder Safari. Außerdem gibt es Apps für Android und iOS für die Identifizierung per Smartphone.

Nach dem Neustart unsere Laptops entschieden wir uns für einen zweiten Versuch mit Firefox und gaben auf der WebID-Seite also die persönliche Vorgangsnummer ein, um direkt im Videofenster zu laden. Leider kamen wir damit erneut ans Ende der Warteschlange und mussten erneut 40 Minuten warten, obwohl uns das System eine Wartezeit von 10 Minuten versprochen hatte. WebID: Die Wartezeit war deutlich länger als angegeben WebID: Die Wartezeit war deutlich länger als angegeben
Screenshot: teltarif.de

Identifizierung letztendlich nach 5 Minuten erledigt

Nach dieser zweiten Wartezeit nahm eine Callcenter-Mitarbeiterin das Gespräch an, die wir ebenfalls im Videofenster sehen konnten. Sie wies uns darauf hin, dass das Gespräch aufgezeichnet wird und fragte, ob wir damit einverstanden seien. Zunächst mussten wir unseren Namen und unser Geburtsdatum nennen und dann den Personalausweis vor die Webcam halten. Die Mitarbeiterin bat uns, den Ausweis etwas in alle vier Richtungen zu schwenken, damit sie die "Sicherheitsmerkmale" sehen könne. Dies geschah mit Vorder- und Rückseite.

Danach mussten wir beide Seiten des Personalausweises passgenau ins Videofenster halten und die Mitarbeiterin nahm davon je ein Foto auf. Schließlich mussten wir den Abschnitt auf der Rückseite mit der Meldeadresse nochmals dichter für eine weitere Aufnahme vor die Kamera halten.

Schließlich bat uns die Mitarbeiterin, unser Gesicht nochmals gerade vor die Kamera zu halten, damit sie einen Abgleich mit dem Passfoto vornehmen könne. Nachdem sie mit der Übereinstimmung zufrieden war, versprach sie, alle Daten an unseren Provider Lycamobile zu übermitteln, damit die SIM-Karte "so schnell wie möglich" freigeschaltet wird. Das ganze Gespräch dauerte rund fünf Minuten.

Fazit: Wartezeit noch viel zu lang

Dass die anonyme Registrierung mit dem neuen Verfahren nicht mehr möglich sein würde, war schon mit der Verabschiedung der neuen Richtlinie bekannt. Nicht zu erwarten war allerdings, dass es außer WebID kaum einen anderen Anbieter für die Online-Prepaid-Identifizierung gibt und dass die Mitarbeiter-Kapazitäten insbesondere am Wochenende so knapp bemessen sein werden. Eine Wartezeit von über einer halben Stunde ist langfristig nicht akzeptabel - hier sollten insbesondere die Provider einmal der WebID Solutions GmbH ins Gewissen reden.

Inwieweit das neue Verfahren für ausländische Kurzzeit-Besucher in Deutschland überhaupt praktikabel ist, muss abgewartet werden. Denn letztendlich kommt es darauf an, wie schnell die Daten an den Provider übermittelt werden und die Karte freigeschaltet wird. Bei unserer Lycamobile-SIM warten wir nach zwei Tagen immer noch auf die Freischaltung - über unsere Erfahrungen beim Kauf der Lycamobile-Karte werden wir aber noch separat berichten.

Anfang Juli haben wir übrigens getestet, wie die Prepaid-Identifizierung an der Aldi-Kasse durchgeführt wird.

teltarif.de-Redakteur Alexander Kuch meint:
Alexander KuchEs könnte sein, dass die ausschließliche Verpflichtung zum WebID-Verfahren bei einigen Discountern wie Rossmann Mobil, Edeka Mobil oder Lidl Connect dazu führt, dass Prepaid-Kunden, die schnell innerhalb von wenigen Stunden eine nutzbare Prepaid-SIM in den Händen halten wollen, sich wieder vermehrt an die in allen größeren Städten anzutreffenden Shops von Telekom, Vodafone und o2 wenden werden. Und das insbesondere dann, wenn kein Computer oder Smartphone mit Internetzugang bereitsteht, beispielsweise bei Besuchern aus dem außereuropäischen Ausland. Denn bei den drei Netzbetreibern wird die Identifizierung vor Ort im Shop durchgeführt, bei Rossmann oder Edeka hingegen nicht.

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