Telekom will 2G-Frequenzen für LTE und 5G umwidmen
Regelmäßig beantwortet Telekom-Technik-Geschäftsführer Walter Goldenits die Fragen der Netzgemeinde
Telekom auf Youtube Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Wenn man sich die Netzbetreiber in Deutschland so anschaut, zeigen sich beim Netzausbau und der Informationspolitik spürbare Unterschiede. Gerne nennen alle Netzbetreiber die Anzahl neuer Antennen (an einem Standort stehen typischerweise drei Antennen oder ein Vielfaches davon), sprechen über den Versorgungsgrad (der Wohnbevölkerung). Bei technischen Details oder konkreten kniffligen Fragen wird das noch deutlicher.
Regelmäßig stellt sich der Technik-Geschäftsführer der Deutschen Telekom, Walter Goldenits, den Fragen der Internet-Community auf YouTube im sehenswerten Kanal "Telekomnetz". Er antwortet dann nach einigen Wochen unter dem Titel "Das Netz fragt - die Telekom antwortet" im Interview.
Aktuell wurde gestern ein neues Video-Thema veröffentlicht. Die Fragen wurden nach Mobilfunk und Festnetz sortiert.Zukunft von GSM (2G) ?
Regelmäßig beantwortet Telekom-Technik-Geschäftsführer Walter Goldenits die Fragen der Netzgemeinde
Telekom auf Youtube Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Zum Einstieg hat Goldenits zwei Fragen des teltarif.de-Autors Henning Gajek beantwortet. Bezüglich der Zukunft von 2G (GSM) betonte Goldenits, dass 2G nach wie vor wichtiger Dienst für die Basisversorgung der Bevölkerung sei. "Aber Frequenzen sind rar und die Telekom würde sie gerne für 4G/5G verwenden", so Goldenits etwas geheimnisvoll.
Viele Roaming-Kunden sind schon mit 4G oder 5G unterwegs, aber einige können das nicht nutzen. Deshalb ist "2G ein wertvoller und notwendiger Dienst". Einen konkreten Abschalttermin für 2G nannte Goldenits nicht.
Warum ist 2G-EDGE so langsam?
Auch die zweite Frage von Henning Gajek stammt aus der Praxis: "Wenn man bei der Telekom nur 2G-Empfang mit Edge (Anzeige "E") hat, kommt es in letzter Zeit immer öfter vor, dass keine Daten mehr fließen. Früher war das anders. Ist die Zelle überlastet?"
Nein, widerprach Goldenits. "Die Datenübertragung bei 2G ist gegenüber 4G oder 5G signifikant langsamer". Dazu komme, dass heutige Webseiten, die man auf sein Smartphone herunterlädt, weitaus "dicker" und voluminöser als früher seien, was die Wahrnehmung auslöse, "dass bei EDGE gar nichts geht, während bei 4G/5G die Post abgeht".
Hätte 3G auf 900 MHz überleben können?
"dor Tobi", ein anderer Youtube-Anwender, überlegte, ob 3G am Leben geblieben wäre, wenn man es auf 900 MHz eingesetzt hätte. Beispielsweise hat die Schweiz 2G abgeschaltet.
Goldenits sieht die Situation in der Schweiz etwas anders, speziell was die Durchdringung mit 2G-Endgeräten betrifft. Auch wenn 3G auf 900 MHz gewesen wäre, hätte man es in Deutschland abgeschaltet. "4G und 5G bringen viel mehr Datengeschwindigkeit, die Frequenzen (Spektrum) werden viel effizienter genutzt" (bessere Spektraleffizienz). 3G konnte maximal 48 MB/s, während mit LTE oder 5G weitaus höhere Datenraten möglich sind.
Ist 2G besser als 3G ?
"Hat 2G Vorteile, die 3G nicht hat?" Die Antwort: "Es ist der erste klassischer GSM-Dienst. Jedes Gerät kann 2G." Geräte die nur 3G, aber kein 2G können, sind sehr selten. 3G erlaubte die erste halbwegs brauchbare Bewegtbild-Übertragung und ist bei Datenübertragung besser als 2G gewesen."
Feldstärke bei UMTS "höher" als bei LTE?
Einem Nutzer ist aufgefallen, dass UMTS Signale höhere Feldstärkeanzeigen auf dem Handy bewirkten, als bei LTE. Das sei technisch kompliziert, die Werte seien nicht vergleichbar. Goldenits lud den Nutzer zu einem persönlichen Gespräch über die technischen Hintergründe ein.
Was wird aus LTE 1500?
LTE 1500 wird von der Telekom speziell in Regionen verwendet, in denen viele Kunden mit Magenta-Zuhause-LTE (früher "Hybrid") angebunden sind. Der Downstream-Kanal vom Telekom-Netz zum Kunden läuft hier dann speziell über 1500 MHz. "Da wird noch mehr kommen."
Und 700 MHz?
Das 700-MHz-Band (n28) soll bei der Telekom für 5G genutzt werden, um noch mehr Geschwindigkeit und Netzabdeckung zu erreichen. Alle neu gebauten Basisstationen sollen 700 MHz bekommen, das werde der neue "Standard-Setup" werden.
Was ist mit 5G SA bei der Telekom?
"5G Stand alone" (5G-SA) werde bei der Telekom kommen, wenn die ersten "UseCases" (=Anwendungsfälle) vorliegen. Das könne noch 2021 sein, spätestens aber 2022. Man sei "allzeit bereit".
Mehr LTE 800?
Der verstärkte Ausbau von LTE 800 zusätzlich zu LTE 900 bewegt die Anwender. Gerade in Städten leidet die Telekom an einer als "schwach" empfundenen Indoor-Versorgung. Die Telekom, so die Antwort von Goldenits, präferiere 1800 MHz, weil es hier mehr Bandbreite und damit größere Kapazität gebe. In Zukunft aber soll auch LTE 800 neben LTE 900 in Städten verstärkt ausgebaut werden. Zugpferd bleibe aber 1800 MHz je nach Ort auch in Kombination mit 3,6 GHz.
Die Entscheidung für bestimmte Frequenzen hängt von der Verkehrsentwicklung ab. Ländliche Gebiete haben möglicherweise weniger Verkehr, man schaue sehr genau, wie sich das entwickele und baue bei Bedarf auch zusätzliche Stationen auf.
5G-DSS langsamer als 4G?
Auf 2,1 GHz wird gerne 5G-DSS verwendet, was oft als langsamer wahrgenommen wird als 4G. "Eigentlich müsste 4G zurückgenommen werden", forderte ein Fragesteller. Goldenits betonte, dass die Layer gleichberechtigt sein sollten. Und klar: "3,6 GHz ist das schnellste, was es derzeit gibt." Die Lösung sei möglichst viele Bänder zu aggregieren (laienhaft erklärt: "zusammen kleben"), um höhere Geschwindigkeiten zu erzielen.
Noch im August: 20 MHz auf 2100 MHz
3G (UMTS) wurde auf 2100 MHz bekanntlich abgeschaltet. Dadurch steht für 4G mehr Spektrum zur Verfügung. Die tatsächliche Erweiterung auf 20 MHz Bandbreite werde noch im August 2021 erfolgen.
Mehr Datenvolumen statt Stream-On?
"Wäre nicht generell höheres Datenvolumen für alle Kunden besser als die Stream-On-Angebote?" Die Stream-On-Angebote sind sehr beliebt, wusste Goldenitz zu berichten, wer stattdessen unlimited surfen möchte, könne den XL-Tarif wählen.
Bahn-Versorgung bis 2024?
Die Zuschauer fragen sich, wie 200 MBit/s bis 2024 in den Zügen der Deutschen Bahn möglich sein soll. Der Anteil der Telekom sei die physische Abdeckung und die Kapazität entlang der Bahnstrecken. Die Deutsche Bahn müsse die Signale in die Züge bringen, beispielsweise durch Repeater oder neue Fensterscheiben.
VoNR mit ähnlichen Startpoblemen wie VoLTE?
Wer erinnert sich noch an das Tauziehen "Sprache bei LTE" - bekannt als VoLTE? Das werde bei 5G nicht passieren, da man bei der Einführung von VoLTE eine "steile Lernkurve" durchlaufen habe, versprach Goldenits. VoNR (Voice over New Radio, also Sprache über 5G) werden schneller eingeführt. Die grundsätzliche Technolgie sei "erlernt", es werde "reibungslos funktionieren".
Viele Fragen zum Festnetz
Derzeit baut die Telekom ein Glasfasernetz in GPON-Technik. GPON steht für "Gigabit Passive Optical Network" und bedeutet, dass sich viele Kunden eine Glasfaser teilen müssen. Unterwegs werden Abzweigungen in die Faser eingehängt. Ein Zuschauer fragte, ob eine Umstellung von GPON auf XGSPON oder Transceiver pro Kunde geplant sei.
"Im Moment wollen nur sehr wenige Privatkunden mehr als 1 GBit/s, so Goldenits, bei Geschäftskunden sei das anders. "Wir arbeiten an der nächsten Generation von GPON, die 10 GBit/s können werden (und als XGS PON 10 GBit/s symmetrisch bezeichnet wird).
DSL "teurer" als Koaxkabel?
Beim Preisvergleich von klassischem DSL gegenüber Koaxkabeln müsse man berücksichtigen, dass ein Teil der Kabel-Kosten schon in der Wohnungsmiete "versteckt" seien. Goldenits hält die DSL-Angebote für wettbewerbsfähig.
Wann wird der letzte Kunde von ADSL auf FTTH umgestellt?
Echte ADSL-Anschlüsse gebe es noch in Gebieten, in denen ein Ausbau sehr teuer ist. Die Lösung seien Ausschreibungen für einen geförderten Ausbau von Gemeinden und die Bewerbung durch Unternehmen. Einen konkreten Termin, wann ADSL-Anschlüsse Geschichte sein könnten, nannte Goldenits nicht.
Einmieten bei kleineren Anbietern?
Ob die Telekom sich auch bei kleineren oder neueren Glasfaseranbietern wie Deutsche Glasfaser, BBV oder TNG "einmieten" werde, verriet Goldenits nicht. Er verwies auf bereits laufende Joint-Ventures wie z.B. Glasfaser Nordwest (mit EWE).
Alternative Kabelverlegung nimmt zu
Bei alternative Kabelverlege-Methoden befürchten viele Gemeinden eine Kabelzerstörung bei späteren Baumaßnahmen (beispielsweise für Wasser, Strom oder Kanal). Goldenits verwies darauf, dass die Leitungsführung der Telekom im Internet hinterlegt und abfragbar sei. Die "niedertiefe" Verlegung beginne "abzuheben", auch Trenching gewinne an Fahrt.
Deutsche Glasfaser als Maßstab?
Ein Leser wollte wissen, ob man die Deutsche Glasfaser (DGF) als "Benchmark" beim Ausbau ansehen könne. Das konnte Goldenits nicht nachvollziehen. Die Telekom habe vergangenes Jahr 500.000 Häuser in Deutschland an Glasfaser angeschlossen, davon sei die Deutsche Glasfaser weit entfernt. In 2021 werde die Telekom "1 Million Häuser bauen", mehr als DGF in den vergangenen 3 bis 4 Jahren gebaut habe.
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