Neustart

Neustart für Mobilfunk in der Schweiz: Frequenzauktion 2011

Neuvergabe von gesamten GSM- und UMTS-Spektrum sowie digitaler Dividende
Von Susanne Kirchhoff

Im kommenden Jahr werden die Karten im Schweizer Mobilfunkmarkt neu gemischt: Wie die Eidgenössische Kommunikationskommission (ComCom) heute ankündigte, sollen im kommenden Jahr sowohl die bereits genutzten Frequenzen als auch freie und frei werdende Frequenzen per Auktion neu vergeben werden. Die neuen Konzessionen sollen dann für alle Frequenzen bis Ende 2028 gültig sein.

Mobilfunklizenzen laufen aus und neue Frequenzbereiche werden frei

In der Schweiz gibt es mit derzeit nur drei Mobilfunk-Netzbetreibern weniger Wettbewerb auf den Mobilfunkmarkt als in Deutschland und ein traditionell hohes Preisniveau. Dabei hält der Ex-Monopolist Swisscom einen Marktanteil von über 50 Prozent, die beiden anderen Anbieter sunrise und Orange teilen sich den Rest etwa hälftig.

Die drei Netzbetreiber hatten ihre Frequenz-Lizenzen 1998 für eine Dauer von zehn Jahren erhalten, danach wurden diese mehrmals kurzfristig verlängert. Mit In&Phone existiert ein vierter Netzbetreiber, der allerdings nur regional für Unternehmenskunden tätig ist.

Die Lizenzen der derzeit in der Schweiz genutzten Frequenzen laufen per Ende 2013 (GSM) sowie per Ende 2016 (UMTS) aus. Dazu kommen derzeit ungenutzte Frequenzblöcke der ehemaligen Konzession von Telefonica (3G Mobile) im UMTS-Spektrum und die Frequenzen der digitalen Dividende im 800-MHz-Bereich. Diese Frequenzen sind in der Schweiz - wie in Deutschland - durch die Einführung des digitalen terrestrischen Fernsehens (DVB-T) für die Nutzung im Mobilfunk frei geworden. Sie werden von der ComCom technologieneutral ausgeschrieben, eignen sich aber besonders gut für die neue Datenübertragungstechnik Long Term Evolution of UMTS (LTE) für den schnellen mobilen Internetzugang.

Um eine Nutzung der Frequenzen für Mobilfunk-Dienste sicherzustellen, sind für alle Frequenzbereiche im zu vergebenden Mobilfunkspektrum von der ComCom Auflagen vorgeschrieben. So müssen Inhaber von Lizenzen für den 800- und 900-MHz-Frequenzbereich bis Ende 2018 50 Prozent und im 1800- und 2100-MHz-Bereich 25 Prozent der Bevölkerung der Schweiz mit Mobilfunkdiensten über ihre eigene Infrastruktur zu versorgen.

Auktionsverfahren soll für Wettbewerb im Mobilfunkmarkt sorgen

Die Vergabe der Mobilfunk-Konzessionen erfolgt im Rahmen einer elektronischen Auktion. Für diese können sich sowohl die bestehenden Mobilfunk-Netzbetreiber als auch neue Marktteilnehmer bewerben. Um Absprachen zwischen den Bietern zu verhindern, werden die Namen der teilnehmenden Unternehmen bis zum Ende des Auktionsverfahrens jedoch nicht bekanntgegeben.

Für alle zu versteigernden Frequenzbereiche sollen Mindestpreise vorgegeben werden, so dass ein angemessener Konzessionserlös sichergestellt ist. Bei besonders attraktiven Frequenzen legt die ComCom Mindestpreise fest, die deutlich über dem vom Schweizer Bundesrat [Link entfernt] vorgegebenen Minimum liegen. Die Auktionserlöse werden in die allgemeine Bundeskasse fliessen.

Bietbeschränkungen für faire Verteilung

Sowohl die Anzahl der Konzessionen als auch die Frequenzausstattung sollen beim Auktionsverfahren nicht durch die ComCom vorgegeben werden. Eine Aufteilung der Frequenzbereiche erfolgt in Blöcke zu 2 x 5 MHz. Um wettbewerbsgefährdende Auktionsresultate zu vermeiden, beschränkt die ComCom den maximalen Umfang an Frequenzen, den ein Bieter pro Frequenzbereich erwerben darf.

So darf ein Bieter maximal 2 x 30 MHz in den Bändern unter 1 GHz (Beschränkung über die Bänder 800 MHz und 900 MHz zusammen) und zugleich maximal 2 x 20 MHz im 900-MHz-Band (GSM) erwerben. Dies soll insbesondere verhindern, dass sich Swisscom und Sunrise durch die Auktion aus dem Markt drängen können, da diese beide hauptsächlich das 900-MHz-Band für GSM nutzen. Ohne Bietbeschränkungen wäre es möglich, dass einer der beiden Konkurrenten das gesamte 900-MHz-Band erwirbt. Orange hingegen nutzt vor allem Frequenzen im 1800-MHz-Band.

Um eine marktbeherrschende Stellung eines Netzbetreibers über den gesamten GSM-Bereich (900 MHz und 1800 MHz) zu verhindern, existiert zudem eine Bietbeschränkung auf maximal 2 x 30 MHz im 1800-MHz-Band (GSM), falls ein Bieter im 900-MHz-Band 2 x 15 MHz oder mehr erwirbt.

Des Weiteren gibt es für das 2100-MHz-Band (UMTS) gibt es eine Beschränkung auf 2 x 20 MHz, damit Sunrise, Orange und Swisscom die Möglichkeit haben, mindestens denselben Frequenzumfang im 2100-MHz-Band zu erwerben, den sie heute zugeteilt haben.

Schweizer Mobilfunkmarkt vor Neustart?

Mit dem umfangreichen Vergabeverfahren könnten die Weichen für den Schweizer Mobilfunkmarkt neu gestellt werden. Die Dominanz der Swisscom unter den bestehenden Netzbetreibern könnte vermindert werden. Zudem wird der Markt durch die Auktion für neue Teilnehmer geöffnet. Es wäre zu wünschen, dass sich dies für die Kunden in einer Senkung des Preisniveaus der nach wie vor im europäischen Vergleich hohen Mobilfunkpreise in der Schweiz niederschlägt.

Daneben ist als Folge der Auktion eine bessere Verfügbarkeit von schnellen mobilen Internetzugängen per UMTS/HSPA sowie der neuen Mobilfunktechnologie LTE zu erwarten.

Artikel zu LTE