Akku flott befüllen

Schnellladen: Nützliches Feature oder Gefahr für den Akku?

Das Schnell­laden wird gerne zu Marke­ting­zwe­cken benutzt, einige Anwender sind aber skep­tisch. Lesen Sie, wie das Feature funk­tio­niert und ob es der Batterie schadet.
Von

Viele Hersteller wett­eifern beim Schnell­laden von Smart­phones und verspre­chen einen vollen Akku in wenigen Minuten. Das spaltet die Lager der Konsu­menten, manche begrüßen diese Entwick­lung, andere befürchten, dass die Batterie und/oder das Handy Schaden nehmen.

Wir wollen das Prinzip des heutigen Schnell­ladens erklären und der Frage auf den Grund gehen, ob die Tech­nologie tatsäch­lich eine Gefahr für Mobil­geräte und Strom­spei­cher darstellt. Dabei erör­tern wir auch, welche Maßnahmen Hersteller und Sie selbst als Verbrau­cher zum Schonen des Akkus treffen können.

Schnell­laden: Evolu­tion und Tech­nolo­gien

Schnellladen im Detail Schnellladen im Detail
Bild: Qualcomm
Vor zehn Jahren domi­nierten noch Smart­phones mit Aufla­detech­nolo­gien im einstel­ligen Watt-Bereich den Markt. Bis ein leerer Akku wieder komplett gefüllt war, konnten je nach Kapa­zität mehr als drei Stunden vergehen. Mit USB Power Deli­very (USB-PD) kündigte die USB Promo­tors Group im Juli 2012 schließ­lich eine Erwei­terung an, welche den Grund­stein für höhere Lade­geschwin­dig­keiten legte. Abseits dieses Stan­dards wurden weitere Alter­nativen entwi­ckelt. Qual­comm war mit seinem 2013 einge­führten Quick Charge der größte Initiator des modernen Schnell­ladens. Mit fünf Volt bei zwei Ampere betrug die maxi­male Lade­leis­tung der ersten Gene­ration zehn Watt.

Es folgten konkur­rie­rende proprie­täre Stan­dards von Herstel­lern und SoC-Anbie­tern wie MediaTek Pump Express, Oppo Super VOOC, Huawei SuperCharge und Vivo Super Flash Charge. Qual­comms Quick-Charge-Proto­koll wird aber auch als Grund­lage für das Schnell­laden anderer Lösungen, etwa Samsung Adap­tive Fast Char­ging und Xiaomi Fast Charge, genutzt. Stand Dezember 2022 sind Smart­phones mit bis zu 210W Schnell­laden erhält­lich. Diese Geschwin­dig­keit kann das Xiaomi Redmi Note 12 Disco­very errei­chen. Sein 4300-mAh-Akku ist in neun Minuten komplett gefüllt. Möglich macht es USB-PD 3.0.

So funk­tio­niert der Schnell­lade­mecha­nismus

Schnellladen in Aktion Schnellladen in Aktion
Bild: mcdodo
Den Begriff Schnell­laden verwenden Unter­nehmen bei unter­schied­lichen Geschwin­dig­keiten und Lade­zielen. So beti­telt beispiels­weise Samsung die 25W-Strom­über­tra­gung des Galaxy Z Fold 4 bereits als Schnell­laden und wirbt damit, dass 50 Prozent Akku­kapa­zität nach 30 Minuten bereit­stehen. Doch egal, ob das Netz­teil 25W, 66W oder 120W liefert, die Angabe versteht sich stets als tempo­räres Maximum. Der Höchst­wert wird sowohl beim regu­lären Laden als auch beim Schnell­laden ledig­lich in der Anfangs­phase des Aufla­dens erreicht. Je weiter der Lade­vor­gang fort­schreitet, desto mehr dros­selt die Strom­über­tra­gung.

Dass der Lade­vor­gang nicht linear verläuft, liegt an der zugrun­delie­genden Akku­tech­nologie. In heutigen Smart­phones stecken entweder Lithium-Ionen-Batte­rien (Li-Ion) oder Lithium-Polymer-Batte­rien (Li-Po). Diese besitzen zwei Elek­troden, negativ (Kathode) und positiv (Anode). Durch enthal­tene Elek­tro­lyte fließen die Lithium-Ionen von der nega­tiven zur posi­tiven Seite, was die Energie gene­riert.

Während des Aufla­dens fließen die Lithium-Ionen wieder zurück zur nega­tiven Seite. Dabei verhält sich die Batterie wie eine Art Schwamm und absor­biert die meiste Energie im leeren Zustand. Wiederum wird weniger aufge­nommen, wenn der Akku fast voll ist.

Hersteller- und Nutzer-Maßnahmen

Hersteller-Maßnahmen gegen hohen Akku­ver­schleiß

Der größte Feind des Strom­spei­chers ist Hitze. Sie verkürzt die Lebens­dauer der Batterie. Wird ein Akku beson­ders schnell geladen, entsteht auch mehr Abwärme. Diesem Problem sind sich die Hersteller bewusst. Deshalb wirken sie mit verschie­denen Verfahren dagegen. In den meisten Smart­phones mit flottem Schnell­lade­mecha­nismus finden sich Kühl­lösungen. Etwa Röhren zum Abführen der Hitze (Heat­pipes), flache Kühl­kam­mern (Vapor Chamber), Hitze­schilde oder sogar aktive Lüfter (Gaming-Handys). Kühlkörper im Smartphone Kühlkörper im Smartphone
Bild: Xiaomi
Ferner konstru­ieren die Anbieter spezi­elle Netz­teile, welche die Wärme redu­zieren, bevor sie zum Handy gelangt. Solche Netz­teile sind jedoch meist ziem­lich klobig.

Eine weitere Maßnahme ist das duale Aufladen über zwei Zellen. Manche Mobil­geräte, vor allem große Fold­ables, aber auch Smart­phones wie das zuvor erwähnte Xiaomi Redmi Note 12 Disco­very, haben einen geteilten Akku. Dadurch wird bei glei­cher Kapa­zität je eine Zelle mit der Hälfte der Watt­leis­tung versorgt. So nimmt beispiels­weise bei 50W-Schnell­laden ein 5000-mAh-Akku unter­teilt in zweimal 2500 mAh maximal 25W pro Hälfte auf. Solche gespal­teten Akkus benö­tigen aller­dings auch mehr Platz im Gehäuse, was sich negativ auf die Dicke auswirkt. Sensoren, etwa zur Tempe­ratur­mes­sung, in Kombi­nation mit Soft­ware (teils mit KI) regeln zudem den Lade­strom. Geteilter Handy-Akku Geteilter Handy-Akku
Bild: Xiaomi

Nutzer-Maßnahmen gegen hohen Akku­ver­schleiß

Trotz aller Schutz­vor­rich­tungen sollte der Akku nicht fahr­lässig behan­delt werden. Das komplette Entladen auf null Prozent ist genauso wenig empfeh­lens­wert wie ein komplettes Aufladen auf 100 Prozent. Für eine möglichst lange Lebens­dauer der Batterie sollte das Smart­phone besten­falls bei 15 bis 20 Prozent wieder an die Steck­dose.

Im Umkehr­schloss ist es ratsam, beim Auffüllen eine gerin­gere Ober­grenze, etwa 90 Prozent, anzu­streben. Bei manchen Handys lässt sich in den Einstel­lungen die maxi­male Aufla­dung begrenzen. Alter­nativ ziehen Sie einfach vorher den Stecker. Nicht empfehlenswert: Spielen beim Laden Nicht empfehlenswert: Spielen beim Laden
Bild: baseus
Induk­tive Lade­sta­tionen sind zwar prak­tisch, gene­rieren jedoch mehr Abwärme. Solche Modelle gibt es eben­falls schon mit Schnell­lade­mecha­nismen. Achten Sie in diesem Fall auf ein Exem­plar mit aktiver Kühlung. Inten­sive Berech­nungen, etwa durch grafisch aufwen­dige Mobile-Games, bringen das Smart­phone - besser gesagt, dessen Chip­satz - ins Schwitzen.

Um eine über­mäßig hohe Wärme­ent­wick­lung zu vermeiden, sollte deshalb nur abseits der Steck­dose gespielt werden. Gene­rell ist es wichtig, das Handy nicht unnötig lange in heißen Umge­bungen zu lagern. Etwa in der Nähe der Heizung oder bei heißen Tempe­raturen im geparkten Auto.

Lebens­dauer und Fazit

Verspro­chene Lebens­dauer der Akkus

Wenn Sie sich für ein Handy mit Schnell­lade­mecha­nismus inter­essieren, sollten Sie auf die garan­tierten Lade­zyklen achten. So versi­chert beispiels­weise Apple, dass der Akku eines neueren iPhones nach 500 Aufla­dungen noch 80 Prozent Kapa­zität besitzt.

Xiaomi toppt diese Angabe oftmals mit 80 Prozent nach 800 Lade­zyklen. Den aktu­ellen Spit­zen­wert hat Oppo inne. Von diesem Hersteller gibt es Smart­phones, die selbst nach 1600-maligem Befüllen der Batterie noch 80 Prozent Kapa­zität haben. Diesen Wert gibt das Unter­nehmen beim Find X5 Pro+ an, das sich mit 150W laden lässt.

Fazit: Schnell­laden ist nicht so schlecht wie sein Ruf

65W-Schnellladegerät 65W-Schnellladegerät
Bild: Andre Reinhardt
Hersteller wollen keine Skan­dale, deshalb ist die Wahr­schein­lich­keit gering, dass ein Smart­phone mit unaus­gereiftem Schnell­laden auf den Markt kommt. Mit Kühl­lösungen, Sensoren, intel­ligenter Akku­ver­wal­tung per Soft­ware oder ange­passten Netz­teilen gehen sie gegen das Schreck­gespenst Hitze vor. Die erprobten Proto­kolle wie Quick-Charge und USB-PD über­wachen den Lade­strom genau und passen ihn an, um eine Über­las­tung der Batterie zu vermeiden.

Dennoch sollten Anwender nicht unsach­gemäß mit ihren Smart­phones umgehen. Wer mit Bedacht lädt und heiße Umge­bungen, so gut es geht, vermeidet, hat beson­ders lange Freude an seinem Akku.

Wenn Sie nach einem neuen Handy suchen, haben wir span­nende Smart­phone-Tipps in petto.

Mehr zum Thema Smartphone