Im Test: Mobiles Internet im Netz von o2
Seit einigen Jahren gibt es auch von teltarif.de regelmäßige Netztests. Diese führen wir normalerweise im Frühjahr durch, während viele andere Netztests im Herbst veröffentlicht werden. In diesem Jahr sind wir ein paar Wochen später dran als gewohnt. Grund ist der Corona-Lockdown, der es unmöglich gemacht hat, im üblichen Zeitraum rund um Ostern und Pfingsten quer durch Deutschland zu fahren.
So haben wir den Test in diesem Jahr im Juni und Juli durchgeführt. Das hatte unter dem Strich den Vorteil, dass wir mehr Regionen als normalerweise üblich berücksichtigen konnten. Wie immer gehen wir beim Netztest nämlich nicht nach streng vorgegebenen Strecken vor, sondern wir testen immer dann, wenn wir ohnehin unterwegs sind und den mobilen Internet-Zugang dienstlich oder privat benötigen.
Netztest im o2-Netz
Montage: teltarif.de
Gleiche Bedingungen für alle Netze
Natürlich sollen die Ergebnisse in den drei deutschen Mobilfunknetzen vergleichbar sein. Daher testen wir an jedem Messpunkt den Zugang gleich in allen Netzen. Lediglich beim Streaming-Test mussten wir die beiden dafür ausgewählten Strecken im östlichen Rhein-Main-Gebiet und an der Ostsee dreimal abfahren, um Ergebnisse im Telekom-, Vodafone- und o2-Netz zu sammeln.
Wir haben im Test primär das Samsung Galaxy S20 Ultra verwendet, das auch den neuen Netzstandard 5G unterstützt. Zum Vergleich kam ein Apple iPhone 11 Pro zum Einsatz. Zudem hatten wir SIM-Karten aus dem Telekom-, Vodafone-, und o2-Netz zur Verfügung, auf denen jeweils "LTE max" bzw. im Telekom- und Vodafone-Netz auch 5G freigeschaltet war. Der 5G-Netzstart von Telefónica ist noch nicht erfolgt.
Schneller Internet-Zugang in Kiel
Foto: teltarif.de
LTE von o2 in immer mehr Regionen
Wir waren von der Ostsee bis zum Schwarzwald in vielen Regionen Deutschlands unterwegs. Über die Ergebnisse unserer Tests im Telekom- und Vodafone-Netz haben wir bereits berichtet. Nun ist das o2-Netz an der Reihe. Dabei zeigte sich, dass der LTE-Ausbau von Telefónica immer mehr Regionen erreicht. Nur an einem unserer 26 Messpunkte, nämlich in Bad Doberan in Mecklenburg-Vorpommern, hatten wir anstelle von 4G nur den UMTS-Standard zur Verfügung. Auch unterwegs kam es vor, dass wir mit 3G vorliebnehmen mussten, so zum Beispiel in Prerow in Fischland-Darß-Zingst.
Erfreulich ist, dass die Gegenden, in denen nur das GSM-Netz zur Verfügung steht, immer weniger werden. Das Beispiel Jossgrund-Lettgenbrunn im Spessart zeigt, dass es aber auch noch Orte gibt, in denen die Mitbewerber von o2 mit LTE vertreten sind, während Telefónica nicht einmal GSM-Empfang bietet. Das gibt es aber auch umgekehrt, wie die Umgebung eines Hotels östlich von Zingst an der Ostsee zeigt, wo Telefónica schwach mit LTE vertreten ist, während die Telekom nicht einmal GSM-Empfang bietet.
Unterschiede zu Telekom und Vodafone
Unser Test zeigte, dass der mobile Internet-Zugang von o2 hinsichtlich der verfügbaren Bandbreite mit dem der beiden anderen Netzbetreiber nicht konkurrieren kann. An keinem unserer Messpunkte hatten wir 100 MBit/s oder mehr zur Verfügung. Das heißt aber nun nicht, dass Telefónica einen schlechten Daten-Zugang bietet, denn kaum jemand dürfte - erst recht mobil - so hohe Bandbreiten benötigen.
An immerhin sechs Standorten haben wir mehr als 50 MBit/s im Downstream gemessen. Auch heute noch wäre mancher Festnetzkunde froh, wenn er einen so schnellen Internet-Zugang zur Verfügung hätte. Was im Telefónica-Netz zudem positiv auffiel, waren die vergleichsweise geringen Latenzzeiten. Oft lagen diese sogar unter 20 ms. In dieser Disziplin ist o2 oft besser als seine beiden Mitbewerber.
Aktuelle Telefónica-Netzabdeckungskarte
Quelle: o2.de, Screenshot: teltarif.de
Hier war das o2-Internet im Test besonders schnell
Den schnellsten Internet-Zugang im Telefónica-Netz hatten wir im Test in der Innenstadt von Kiel gemessen, wo wir bis zu 86 MBit/s im Downstream zur Verfügung hatten. Uploads waren mit bis zu 40,3 MBit/s möglich und die Ansprechzeiten lagen um 15 ms. Ähnlich gute Ergebnisse hatten wir in Lützen an der Autobahn 9 nördlich des Hermsdorfer Kreuzes gemessen: bis zu 83,8 MBit/s im Downstream, 42 MBit/s im Upstream und Pingzeiten um 26 ms.
In Frankfurt am Main-Ginnheim kamen wir auf bis zu 70,2 MBit/s bei Downloads, 39 MBit/s bei Uploads und Reaktionszeiten um 21 ms. Aber auch in Ahrenshoop an der Ostsee und an zwei Messpunkten Berlin hatten wir mehr als 50 MBit/s im Downstream zur Verfügung. Ganz so schnell war der Internet-Zugang am dritten Berliner Messpunkt im Bezirk Wilmersdorf nicht. Hier konnten wir immerhin mit bis zu 35,2 MBit/s im Downstream und 11,3 MBit/s im Upstream surfen. Die Pingzeiten lagen zwischen 17 und 18 ms.
LTE mit Überlastungserscheinungen
Foto: teltarif.de
UMTS muss nicht schlecht sein
Wie bereits erwähnt, hatten wir in Bad Doberan anstelle von LTE nur das UMTS-Netz von o2 zur Verfügung. Vor allem Downloads waren mit 16,8 bis 17,9 MBit/s dennoch recht schnell. Bei Uploads mussten wir mit 0,99 bis 1,58 MBit/s hingegen Abstriche machen und die Ansprechzeiten lagen mit 46 bis 48 ms weit oberhalb der Werte, die wir an allen Messpunkten im 4G-Netz ermittelt haben.
Telefónica will sich - anders als Vodafone und die Deutsche Telekom - nicht schon 2021, sondern erst im übernächsten Jahr vom UMTS-Standard trennen. Das dürfte vor allem damit zusammenhängen, dass der LTE-Ausbau noch deutlich hinter dem der anderen Netzbetreiber zurückliegt. Zusätzlich könnte o2 auch bei 5G den Anschluss an die Konkurrenz verlieren. Während die Telekom schon eine mehr als 50-prozentige Bevölkerungsabdeckung erreicht hat, lässt der Netzstart von o2 noch auf sich warten.
4G heißt nicht automatisch schnelles Internet
Bei aller Begeisterung für den fortschreitenden LTE-Ausbau von Telefónica hatten wir es an einigen Standorten auch mit deutlichen Überlastungserscheinungen zu tun. In Mainz-Weisenau kamen wir nicht über 1,35 MBit/s im Downstream und 520 kBit/s im Upstream hinaus. Zumindest die Ping-Zeiten waren mit rund 28 ms recht ordentlich. In Mainz-Gonsenheim hatten wir immerhin bis zu 15,5 MBit/s bei Downloads und 15,8 MBit/s bei Uploads zur Verfügung. Die Ansprechzeiten lagen zwischen 17 und 20 ms.
Mainz-Weisenau ist kein Einzelfall. Auch in Wolgast im Nordosten Deutschlands haben wir bei Downloads maximal 2,98 MBit/s und bei Uploads höchstens 240 kBit/s gemessen. Hier waren auch die Pingzeiten mit Werten um 38 ms eher schlecht. In Binz auf Rügen kamen wir immerhin auf bis zu 4,92 bzw. 3,64 MBit/s sowie 29 ms.
Test neben dem Samsung Galaxy S20 Ultra auch mit iPhone 11 Pro
Montage: teltarif.de
o2 in kleineren und mittleren Städten
In kleineren und mittelgroßen Städten haben wir im o2-Netz keine Spitzenwerte gemessen. Wir hatten aber dennoch meistens einen brauchbaren Internet-Zugang zur Verfügung, wie die Beispiele Bad Orb in Hessen (bis zu 36,6 MBit/s im Downstream, 4,58 MBit/s im Upstream, 25 bis 26 ms) und Freudenstadt im Schwarzwald (Downloads mit bis zu 30,3 MBit/s, Uploads mit 25,7 MBit/s, Reaktionszeiten 34 bis 39 ms) zeigen.
Das Radiostreaming lief auf der A66 von Gelnhausen nach Frankfurt am Main problemlos und ohne Aussetzer. Auf unserer zweiten Teststrecke von Ahrenshoop nach Zingst in Fischland-Darß-Zingst war - wie auch in den Netzen von Telekom und Vodafone - kein durchgehendes Streaming möglich. Vor allem der häufige Wechsel des Netzstandards auf der Strecke (LTE, UMTS, GSM) sorgte immer wieder für Unterbrechungen bei der Audio-Wiedergabe.
Messwerte im o2-Netz (Auswahl)
Stadt | Downstream (in MBit/s) |
Upstream (in MBit/s) |
Ping (in ms) |
---|---|---|---|
Bad Doberan 1) | 16,8 bis 17,9 | 0,99 bis 1,58 | 46 bis 48 |
Berlin (S-Bhf. Yorckstraße) | 51,0 bis 51,9 | 23,7 bis 27,6 | 13 bis 14 |
Frankfurt am Main (Ginnheim) | 61,7 bis 70,2 | 34,8 bis 39,0 | 21 |
Freudenstadt | 29,1 bis 30,3 | 23,5 bis 25,7 | 34 bis 39 |
Gelnhausen | 35,4 bis 37,0 | 19,6 bis 28,2 | 38 bis 39 |
Hamburg (Heinrich-Hertz-Turm) | 22,2 bis 25,3 | 11,2 | 12 bis 13 |
Kiel (Innenstadt) | 47,1 bis 86,0 | 37,6 bis 40,3 | 15 |
Mainz (Weisenau) | 0 bis 1,35 | 0 bis 0,52 | 28 |
Strullendorf | 2,57 bis 2,78 | 1,22 bis 2,11 | 23 |
Wolgast 2) | 2,98 | 0,24 | 38 |
Messwert-Zeitpunkt: Juni bis Juli 2020 (je nach Standort) 1) Mit 3G. 2) Teilweise keine Datenverbindung. |
Telefónica macht weiter an Boden gut
Telefónica hat in den vergangenen Jahren den Rückstand auf Telekom und Vodafone beim Netzausbau verkleinert, kann aber mit den beiden Mitbewerbern noch nicht mithalten. Bietet das Unternehmen ein ähnlich gut ausgebautes GSM-Netz wie seine Konkurrenten, so gibt es bei LTE noch Defizite und 5G ist noch gar nicht gestartet. Öfter als bei den Tests in den Netzen von Telekom und Vodafone erblickten wir den UMTS-Schriftzug.
o2 leistet sich wiederum weniger Kapazitätsengpässe als Vodafone. Ausnahmen wie zum Beispiel Mainz bestätigen die Regel. Anders gesagt: Wo die Kunden LTE-Empfang haben, steht meistens auch ein brauchbarer mobiler Internet-Zugang zur Verfügung - auch wenn Spitzenwerte wie 100 MBit/s und mehr nicht erreicht werden. Derart hohe Datenraten dürften die meisten Kunden aber auch gar nicht benötigen.
In einer weiteren Meldung haben wir darüber berichtet, wie sich o2 für die Herausforderungen der Zukunft rüstet.