Netztest

Im Test: Mobiles Internet im Netz von o2

Telefónica forciert den LTE-Netz­ausbau. Das machte sich auch in unserem dies­jäh­rigen Netz­test bemerkbar. Es gibt aber noch Defi­zite gegen­über den Mitbe­wer­bern.
Von / Christian Bekker

Seit einigen Jahren gibt es auch von teltarif.de regel­mä­ßige Netz­tests. Diese führen wir norma­ler­weise im Früh­jahr durch, während viele andere Netz­tests im Herbst veröf­fent­licht werden. In diesem Jahr sind wir ein paar Wochen später dran als gewohnt. Grund ist der Corona-Lock­down, der es unmög­lich gemacht hat, im übli­chen Zeit­raum rund um Ostern und Pfingsten quer durch Deutsch­land zu fahren.

Datenblätter

So haben wir den Test in diesem Jahr im Juni und Juli durch­ge­führt. Das hatte unter dem Strich den Vorteil, dass wir mehr Regionen als norma­ler­weise üblich berück­sich­tigen konnten. Wie immer gehen wir beim Netz­test nämlich nicht nach streng vorge­ge­benen Stre­cken vor, sondern wir testen immer dann, wenn wir ohnehin unter­wegs sind und den mobilen Internet-Zugang dienst­lich oder privat benö­tigen. Netztest im o2-Netz Netztest im o2-Netz
Montage: teltarif.de

Gleiche Bedin­gungen für alle Netze

Natür­lich sollen die Ergeb­nisse in den drei deut­schen Mobil­funk­netzen vergleichbar sein. Daher testen wir an jedem Mess­punkt den Zugang gleich in allen Netzen. Ledig­lich beim Strea­ming-Test mussten wir die beiden dafür ausge­wählten Stre­cken im östli­chen Rhein-Main-Gebiet und an der Ostsee dreimal abfahren, um Ergeb­nisse im Telekom-, Voda­fone- und o2-Netz zu sammeln.

Wir haben im Test primär das Samsung Galaxy S20 Ultra verwendet, das auch den neuen Netz­stan­dard 5G unter­stützt. Zum Vergleich kam ein Apple iPhone 11 Pro zum Einsatz. Zudem hatten wir SIM-Karten aus dem Telekom-, Voda­fone-, und o2-Netz zur Verfü­gung, auf denen jeweils "LTE max" bzw. im Telekom- und Voda­fone-Netz auch 5G frei­ge­schaltet war. Der 5G-Netz­start von Telefónica ist noch nicht erfolgt. Schneller Internet-Zugang in Kiel Schneller Internet-Zugang in Kiel
Foto: teltarif.de

LTE von o2 in immer mehr Regionen

Wir waren von der Ostsee bis zum Schwarz­wald in vielen Regionen Deutsch­lands unter­wegs. Über die Ergeb­nisse unserer Tests im Telekom- und Voda­fone-Netz haben wir bereits berichtet. Nun ist das o2-Netz an der Reihe. Dabei zeigte sich, dass der LTE-Ausbau von Telefónica immer mehr Regionen erreicht. Nur an einem unserer 26 Mess­punkte, nämlich in Bad Doberan in Meck­len­burg-Vorpom­mern, hatten wir anstelle von 4G nur den UMTS-Stan­dard zur Verfü­gung. Auch unter­wegs kam es vor, dass wir mit 3G vorlieb­nehmen mussten, so zum Beispiel in Prerow in Fisch­land-Darß-Zingst.

Erfreu­lich ist, dass die Gegenden, in denen nur das GSM-Netz zur Verfü­gung steht, immer weniger werden. Das Beispiel Joss­grund-Lett­gen­brunn im Spes­sart zeigt, dass es aber auch noch Orte gibt, in denen die Mitbe­werber von o2 mit LTE vertreten sind, während Telefónica nicht einmal GSM-Empfang bietet. Das gibt es aber auch umge­kehrt, wie die Umge­bung eines Hotels östlich von Zingst an der Ostsee zeigt, wo Telefónica schwach mit LTE vertreten ist, während die Telekom nicht einmal GSM-Empfang bietet.

Unter­schiede zu Telekom und Voda­fone

Unser Test zeigte, dass der mobile Internet-Zugang von o2 hinsicht­lich der verfüg­baren Band­breite mit dem der beiden anderen Netz­be­treiber nicht konkur­rieren kann. An keinem unserer Mess­punkte hatten wir 100 MBit/s oder mehr zur Verfü­gung. Das heißt aber nun nicht, dass Telefónica einen schlechten Daten-Zugang bietet, denn kaum jemand dürfte - erst recht mobil - so hohe Band­breiten benö­tigen.

An immerhin sechs Stand­orten haben wir mehr als 50 MBit/s im Down­stream gemessen. Auch heute noch wäre mancher Fest­netz­kunde froh, wenn er einen so schnellen Internet-Zugang zur Verfü­gung hätte. Was im Telefónica-Netz zudem positiv auffiel, waren die vergleichs­weise geringen Latenz­zeiten. Oft lagen diese sogar unter 20 ms. In dieser Diszi­plin ist o2 oft besser als seine beiden Mitbe­werber. Aktuelle Telefónica-Netzabdeckungskarte Aktuelle Telefónica-Netzabdeckungskarte
Quelle: o2.de, Screenshot: teltarif.de

Hier war das o2-Internet im Test beson­ders schnell

Den schnellsten Internet-Zugang im Telefónica-Netz hatten wir im Test in der Innen­stadt von Kiel gemessen, wo wir bis zu 86 MBit/s im Down­stream zur Verfü­gung hatten. Uploads waren mit bis zu 40,3 MBit/s möglich und die Ansprech­zeiten lagen um 15 ms. Ähnlich gute Ergeb­nisse hatten wir in Lützen an der Auto­bahn 9 nörd­lich des Herms­dorfer Kreuzes gemessen: bis zu 83,8 MBit/s im Down­stream, 42 MBit/s im Upstream und Ping­zeiten um 26 ms.

In Frank­furt am Main-Ginn­heim kamen wir auf bis zu 70,2 MBit/s bei Down­loads, 39 MBit/s bei Uploads und Reak­ti­ons­zeiten um 21 ms. Aber auch in Ahrens­hoop an der Ostsee und an zwei Mess­punkten Berlin hatten wir mehr als 50 MBit/s im Down­stream zur Verfü­gung. Ganz so schnell war der Internet-Zugang am dritten Berliner Mess­punkt im Bezirk Wilmers­dorf nicht. Hier konnten wir immerhin mit bis zu 35,2 MBit/s im Down­stream und 11,3 MBit/s im Upstream surfen. Die Ping­zeiten lagen zwischen 17 und 18 ms. LTE mit Überlastungserscheinungen LTE mit Überlastungserscheinungen
Foto: teltarif.de

UMTS muss nicht schlecht sein

Wie bereits erwähnt, hatten wir in Bad Doberan anstelle von LTE nur das UMTS-Netz von o2 zur Verfü­gung. Vor allem Down­loads waren mit 16,8 bis 17,9 MBit/s dennoch recht schnell. Bei Uploads mussten wir mit 0,99 bis 1,58 MBit/s hingegen Abstriche machen und die Ansprech­zeiten lagen mit 46 bis 48 ms weit ober­halb der Werte, die wir an allen Mess­punkten im 4G-Netz ermit­telt haben.

Telefónica will sich - anders als Voda­fone und die Deut­sche Telekom - nicht schon 2021, sondern erst im über­nächsten Jahr vom UMTS-Stan­dard trennen. Das dürfte vor allem damit zusam­men­hängen, dass der LTE-Ausbau noch deut­lich hinter dem der anderen Netz­be­treiber zurück­liegt. Zusätz­lich könnte o2 auch bei 5G den Anschluss an die Konkur­renz verlieren. Während die Telekom schon eine mehr als 50-prozen­tige Bevöl­ke­rungs­ab­de­ckung erreicht hat, lässt der Netz­start von o2 noch auf sich warten.

4G heißt nicht auto­ma­tisch schnelles Internet

Bei aller Begeis­te­rung für den fort­schrei­tenden LTE-Ausbau von Telefónica hatten wir es an einigen Stand­orten auch mit deut­li­chen Über­las­tungs­er­schei­nungen zu tun. In Mainz-Weisenau kamen wir nicht über 1,35 MBit/s im Down­stream und 520 kBit/s im Upstream hinaus. Zumin­dest die Ping-Zeiten waren mit rund 28 ms recht ordent­lich. In Mainz-Gonsen­heim hatten wir immerhin bis zu 15,5 MBit/s bei Down­loads und 15,8 MBit/s bei Uploads zur Verfü­gung. Die Ansprech­zeiten lagen zwischen 17 und 20 ms.

Mainz-Weisenau ist kein Einzel­fall. Auch in Wolgast im Nord­osten Deutsch­lands haben wir bei Down­loads maximal 2,98 MBit/s und bei Uploads höchs­tens 240 kBit/s gemessen. Hier waren auch die Ping­zeiten mit Werten um 38 ms eher schlecht. In Binz auf Rügen kamen wir immerhin auf bis zu 4,92 bzw. 3,64 MBit/s sowie 29 ms. Test neben dem Samsung Galaxy S20 Ultra auch mit iPhone 11 Pro Test neben dem Samsung Galaxy S20 Ultra auch mit iPhone 11 Pro
Montage: teltarif.de

o2 in klei­neren und mitt­leren Städten

In klei­neren und mittel­großen Städten haben wir im o2-Netz keine Spit­zen­werte gemessen. Wir hatten aber dennoch meis­tens einen brauch­baren Internet-Zugang zur Verfü­gung, wie die Beispiele Bad Orb in Hessen (bis zu 36,6 MBit/s im Down­stream, 4,58 MBit/s im Upstream, 25 bis 26 ms) und Freu­den­stadt im Schwarz­wald (Down­loads mit bis zu 30,3 MBit/s, Uploads mit 25,7 MBit/s, Reak­ti­ons­zeiten 34 bis 39 ms) zeigen.

Das Radio­strea­ming lief auf der A66 von Geln­hausen nach Frank­furt am Main problemlos und ohne Aussetzer. Auf unserer zweiten Test­strecke von Ahrens­hoop nach Zingst in Fisch­land-Darß-Zingst war - wie auch in den Netzen von Telekom und Voda­fone - kein durch­ge­hendes Strea­ming möglich. Vor allem der häufige Wechsel des Netz­stan­dards auf der Strecke (LTE, UMTS, GSM) sorgte immer wieder für Unter­bre­chungen bei der Audio-Wieder­gabe.

Mess­werte im o2-Netz (Auswahl)

Stadt Down­stream
(in MBit/s)
Upstream
(in MBit/s)
Ping
(in ms)
Bad Doberan 1) 16,8 bis 17,9 0,99 bis 1,58 46 bis 48
Berlin (S-Bhf. Yorck­straße) 51,0 bis 51,9 23,7 bis 27,6 13 bis 14
Frank­furt am Main (Ginn­heim) 61,7 bis 70,2 34,8 bis 39,0 21
Freu­den­stadt 29,1 bis 30,3 23,5 bis 25,7 34 bis 39
Geln­hausen 35,4 bis 37,0 19,6 bis 28,2 38 bis 39
Hamburg (Hein­rich-Hertz-Turm) 22,2 bis 25,3 11,2 12 bis 13
Kiel (Innen­stadt) 47,1 bis 86,0 37,6 bis 40,3 15
Mainz (Weisenau) 0 bis 1,35 0 bis 0,52 28
Strul­len­dorf 2,57 bis 2,78 1,22 bis 2,11 23
Wolgast 2) 2,98 0,24 38
Mess­wert-Zeit­punkt: Juni bis Juli 2020 (je nach Standort)
1) Mit 3G.
2) Teil­weise keine Daten­ver­bin­dung.

Telefónica macht weiter an Boden gut

Telefónica hat in den vergan­genen Jahren den Rück­stand auf Telekom und Voda­fone beim Netz­ausbau verklei­nert, kann aber mit den beiden Mitbe­wer­bern noch nicht mithalten. Bietet das Unter­nehmen ein ähnlich gut ausge­bautes GSM-Netz wie seine Konkur­renten, so gibt es bei LTE noch Defi­zite und 5G ist noch gar nicht gestartet. Öfter als bei den Tests in den Netzen von Telekom und Voda­fone erblickten wir den UMTS-Schriftzug.

o2 leistet sich wiederum weniger Kapa­zi­täts­eng­pässe als Voda­fone. Ausnahmen wie zum Beispiel Mainz bestä­tigen die Regel. Anders gesagt: Wo die Kunden LTE-Empfang haben, steht meis­tens auch ein brauch­barer mobiler Internet-Zugang zur Verfü­gung - auch wenn Spit­zen­werte wie 100 MBit/s und mehr nicht erreicht werden. Derart hohe Daten­raten dürften die meisten Kunden aber auch gar nicht benö­tigen.

In einer weiteren Meldung haben wir darüber berichtet, wie sich o2 für die Heraus­for­de­rungen der Zukunft rüstet.

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