o2-Studie: Kein Interesse an Technik?
Der Netzbetreiber Telefónica hatte eine aktuelle Studie zum Festnetz beauftragt und jetzt die Ergebnisse vorgelegt. Das Ergebnis ist interessant: Mit der dem Internet zugrunde liegenden Technik für das Surfen von der heimischen Couch aus kennen sich nur die wenigsten Deutschen aus. Ja: Den Kunden sei es vollkommen egal, auf welcher Basis sie in den eigenen vier Wänden surfen – ob über DSL, Kabel, Glasfaser oder Mobilfunk.
Land der Ingenieure?
Der Internetanbieter soll es optimal richten
Grafik: Telefónica Deutschland
Das hat selbst o2 irgendwie überrascht: Im „Land der Ingenieure“ galten die Verbraucher bislang als sehr technikverliebt. Zudem ist das „Internet@Home“ in der aktuellen Corona-Krise für die Verbraucher so wichtig wie noch nie. Offenbar sind es andere Kriterien, die für die Nutzer viel wichtiger sind als die Technik: Sie wünschen sich vor allem ein stabiles und schnelles Internet "zu fairen Preisen", was immer das auch bedeuten mag.
77 Prozent haben keine Ahnung
77 Prozent kennen sich wenig bis gar nicht mit Festnetz-Technik aus.
Grafik: Telefónica Deutschland
Mehr als drei Viertel der Deutschen (77 Prozent) hat gar keine oder nur wenig Ahnung von den verschiedenen im Markt verfügbaren Festnetz-Technologien. So das Ergebnis einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung, die das Unternehmen "Innofact" im September und Oktober 2020 im Auftrag von Telefónica Deutschland (o2) durchgeführt hat. Das Marktforschungsunternehmen befragte dabei über 1.000 Teilnehmer im Alter von 18 bis 70 Jahren zu ihrer Internet-Nutzung von Zuhause aus. Im Fokus der Umfrage unter Verbrauchern stand unter anderem das Wissen über DSL, Kabel, Glasfaser und den Mobilfunk als Festnetzersatz-Technologie. Darüber hinaus wurden Fragen zu den Technologie-Präferenzen, dem Rechercheverhalten der Nutzer und ihren Kaufkriterien gestellt.
Keine Technologie Präferenz
Es soll schnell aber günstig sein, natürlich mit Top Beratung.
Grafik: Telefónica Deutschland
Mehr als die Hälfte der Befragten (53 Prozent) gab an, keine Technologie-Präferenz zu haben: Ihnen ist es egal, ob sie über klassische Breitbandanschlüsse wie die DSL-Leitung, das TV-Kabel, die Glasfaser oder alternativ über die Mobilfunkzelle ins Internet gelangen. Schon jeder Zweite (49 Prozent) kann sich vorstellen, dass das Highspeed fürs Zuhause nicht zwangsläufig aus der Festnetzbuchse kommen muss, sondern auch über 4G und 5G transportiert werden kann.
Das generelle Technik-Desinteresse spiegelt sich auch bei der Wahl des passenden Internet-Angebots wider: Die große Mehrheit möchte nicht selbst recherchieren, welche Vorteile die jeweilige Technologie besitzt. 67 Prozent der Befragten wünscht sich, dass ihnen ihr Internet-Anbieter die für sie optimale Technologie empfiehlt. Insgesamt stehen 88 Prozent einer Beratung aufgeschlossen gegenüber.
Hauptsache stabil, schnell und bezahlbar
Ob Kupfer, Koax, Glasfaser oder was anderes: Den meisten Kunden egal.
Grafik: Telefónica Deutschland
Bei der Wahl des Internet-Angebots ist also nicht die Technologie entscheidend. Für die Verbraucher zählen andere Dinge und das unabhängig vom Alter: Ausschlaggebend ist für sie eine stabile Internet-Verbindung (96 Prozent), ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis (95 Prozent) und eine schnelle Surf-Geschwindigkeit (92 Prozent). Drei Viertel der Befragten ist darüber hinaus eine gute Beratung bei der Produktwahl wichtig oder sehr wichtig (73 Prozent).
Das gilt insbesondere für die Jungen (18 bis 29 Jahre) und die Älteren (50 bis 70 Jahre). Für Umfrageteilnehmer im Alter zwischen 30 und 49 Jahren war dieser Punkt etwas weniger relevant (69 Prozent). Eine Hilfestellung bei der technischen Einrichtung finden insgesamt 66 Prozent wichtig oder sehr wichtig. Die 50- bis 70-Jährigen legen darauf mehr Wert (70 Prozent).
Hälfte der Deutschen nutzt datenintensive Dienste
Die Mehrheit, so hat es o2 herausgefunden, wünscht sich eine Technologie-Empfehlung ihres Anbieters. Für jeden zweiten Deutschen hat der schnelle Internet-Zugang in den eigenen vier Wänden durch die Corona-Pandemie noch einmal an Bedeutung gewonnen. Datenintensive Dienste sind dabei klar auf dem Vormarsch: So nutzt die Hälfte heute schon sehr häufig beziehungsweise häufig Video- (55 Prozent) oder Musik-Streaming (48 Prozent). Beim Online-Gaming und den Cloud-Diensten sind es jeweils 32 Prozent.
Noch dominieren über alle Altersgruppen hinweg Standard-Anwendungen wie die Internet-Recherche (88 Prozent), das Online-Shopping (70 Prozent) oder Social Media (63 Prozent). Jeder Dritte (31 Prozent) ist auf seinen Internet-Anschluss nicht nur privat, sondern auch beruflich angewiesen: Die Befragten benötigen das schnelle Netz sehr oft oder oft fürs Home-Office. Bei den Jungen (18 bis 29 Jahre) sind es sogar 45 Prozent, bei den 30- bis 49-Jährigen 38 Prozent, bei den Älteren noch weniger.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Die Message ist klar: Die Leute wollen schnellstes Internet überall zum günstigen Preis. Welcher technische Aufwand dahinter steckt, welche Vor- und Nachteile welche verwendete Technologie hat, welche Netzaufbaukosten für den Netzanbieter dahinter dabei anfallen, interessiert die Kunden nicht.
Das kann aber am Ende auch bedeuten, dass der Ausbau schneller Glasfasernetze langsamer verläuft, als erhofft, weil viele Kunden mit der vorhandenen "Kupfer-Technologie" oder mit zeitweise ruckligem Mobilfunk zum günstigen Preis mehr als zufrieden sind. Kühl kalkulierende Netzanbieter werden das dann auch berücksichtigen.
Nicht nur beim Mobilfunk, auch im Festnetz gibt es immer wieder Tarif-Überraschungen. Der im Kölner Raum aktive Stadt- und Regionalnetzbetreiber Netcologne berechnet Verbindungen zu Konferenz-Systemen extra, auch wenn der Kunde eine Flatrate gebucht und somit die "reguläre" Festnetz-Nummer des Konferenzdienstes in gutem Glauben anruft.