Kabellos

Italien macht's vor: Festnetz-Ersatz via LTE

Der Funkdienst des Startups Linkem kommt ohne Drosselung aus. Verwendet werden Frequenzen, die auch hierzulande zur Verfügung stünden. Eröffnet sich hier ein mögliches neues Geschäftsfeld?
Vom Mobile World Congress in Barcelona berichtet

Der italienische Mobilfunk-Anbieter Linkem bietet Festnetz-Ersatz per LTE. Der italienische Mobilfunk-Anbieter Linkem bietet Festnetz-Ersatz per LTE.
Bild: linkem.com
Über drahtlose Festnetzanschlüsse haben wir auf teltarif.de schon viel geschrieben. Im Jahr 2000 vergab die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (so hieß die Bundesnetzagentur damals noch) zahlreiche Lizenzen für die Wireless Local Loop (kurz WLL). Zwei Jahre später waren die meisten Lizenznehmer jedoch bereits pleite. Die WLL-Technologie war zu teuer und zu fehleranfällig.

Der italienische Mobilfunk-Anbieter Linkem bietet Festnetz-Ersatz per LTE. Der italienische Mobilfunk-Anbieter Linkem bietet Festnetz-Ersatz per LTE.
Bild: linkem.com
2006 dann der nächste Versuch: Die Bundesnetzagentur versteigert erneut dieselben Frequenzen des 3,5-GHz-Bandes für die Nutzung als Festnetzersatz. Mit WiMAX steht eine neue Technologie bereit, die die effiziente Nutzung der Frequenzen ermöglichen soll. Doch wenige Jahre später dasselbe Bild: Die WiMAX-Pioniere geben auf. Die Technologie habe gnadenlos versagt".

Die Anbieter geben die Lizenzen zurück oder lassen sich - zu einem Bruchteil des ursprünglich gezahlten Preises - aufkaufen. Auf diesem Weg sind unter anderem 2 x 42 MHz an Bandbreite via E-Plus inzwischen bei Telefónica gelandet. Dort liegen sie derzeit brach. Doch wenn das Beispiel des Anbieters Linkem aus Italien Schule macht, dann steht den WLL-Frequenzen ein Revival bevor.

Bereits 330 000 Kunden

Linkem verwendet nicht die veraltete WLL- oder WiMAX-Funktechnologie auf diesen Frequenzen, sondern modernes TD-LTE. "TD" bedeutet hierbei "Time Division": Basisstation und Router beim Kunden verwenden im zeitlichen Wechsel dieselbe Frequenz zur Datenübertragung. Anders als beim in Europa üblichen FD-LTE-Verfahren gibt es also keine getrennten Frequenzbänder für Up- und Downstream. Dem Nachteil, dass zur korrekten Koordination zwischen Endgerät und Zelle kurzfristig sogar keiner von beiden senden kann, steht der Vorteil gegenüber, dass beide Geräte exakt dieselbe Frequenz verwenden, und sich somit die Ausbreitungseigenschaften von Up- und Downstream gleichen. Technologien zur Bandbreitensteigerung, insbesondere MIMO, profitieren stark von dieser Symmetrie. So sollen in einer Zelle, auch dank der Gesamt-Bandbreite von 84 MHz, Bitraten von bis zu 800 MBit/s erreicht werden.

Advanced-LTE

Linkem hat nach eigenen Angaben inzwischen über 330 000 Kunden unter Vertrag, und schreibt pro Monat über 10 000 Neuverträge. Die Reichweite ist dank der hohen Frequenz von 3,5 GHz stark limitiert. Da Linkem-Kunden "festnetztypische" Internet-Verträge ohne Datendrossel erhalten, müssen die Basisstationen von Linkem gleichzeitig eine hohe Kapazität aufweisen und kostengünstig in der Anschaffung sein. Mit dem Netzaufbau hat Linkem in mittelgroßen Städten begonnen. Erst ganz am Ende folgen die beiden Großstädte Neapel und Rom.

Für Rom gab Linkem auf dem Mobile World Congress 2016 in Barcelona bekannt, sich für "Advanced-LTE"-Netzkomponenten von ZTE entschieden zu haben. Für die Versorgung der Stadt sollen über 200 Basisstationen aufgebaut werden. Gerade in Rom hat der mobile Festnetz-Ersatz besonders viele Vorteile: Die strukturellen, archäologischen und umweltpolitischen Anforderungen machen Bauarbeiten für das klassische Festnetz in Rom besonders schwierig. Derzeit gebe es im wesentlichen in der Stadt nur einen kupferbasierten Anbieter, der hohe Preise verlange. Viele Italiener kämen in der Folge ganz ohne Festnetzanschluss aus. Diese Kunden seien aber mehrheitlich von volumenbeschränkten Datentarifen mit Drosselung überfordert, da sie nicht wüssten, wofür sie bezahlen. Hier sieht Linkem ihre Zielgruppe.