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WLL: Funkstille auf der "letzten Meile"

Richtfunktechnik kämpft ums Überleben
Von dpa / Marie-Anne Winter

Hoffnungsfroh waren sie vor wenigen Jahren angetreten, der Deutschen Telekom die Kunden abzujagen: Befreit vom einstigen Monopol und mit neuen Technologien im Gepäck wollten Unternehmen aus ganz Europa am Eintritt Deutschlands in das Breitband-Zeitalter teilhaben. Mittelständischen Geschäftskunden sollte künftig der schnelle Zugang ins Internet unabhängig von der Telekom ermöglicht werden. Doch heute lecken sich die Konkurrenten ihre Wunden. Die Übermacht des rosa Branchenriesen auf der so genannten letzten Meile zum Kunden ist ungebrochen. Besonders schlimm hat es die Firmen erwischt, die mit drahtlosem Richtfunk eine Alternative zum Festnetz bieten wollten.

Die Idee hinter der Technologie ist einfach: Per Richtfunk wird eine Brücke über die so genannte letzte Meile von der Antenne etwa auf einem Bürogebäude zur mehrere hundert Meter entfernten Basisstation hergestellt. Von dort aus läuft der Datenverkehr dann direkt über die großen Datenmagistralen (die so genannten Backbones) weiter. So können die Richtfunkanbieter - unabhängig von der Deutschen Telekom - den Datenverkehr sogar schneller als mit Kupferkabel-Verbindungen wie ISDN oder DSL anbieten.

Mehr als 21 Tonnen Papier schleppten die Bewerber für Lizenzen im Wireless Local Loop (WLL) - so heißt die Richtfunk-Anbindung im Fachjargon - Mitte 1999 in die Berliner Außenstelle der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP). Für Funkfrequenzen in jedem einzelnen Landkreis mussten Formulare mit diversen Durchschlägen ausgefüllt werden. Mehr als ein Jahr später war erst ein Viertel der Anlagen betriebsbereit. Im vergangenen Herbst häuften sich dann die Hiobsbotschaften: Illustre Namen wie Callino, FirstMark und die Deutsche Landtel meldeten einer nach dem anderen Insolvenz an, und auch die Arcor-Tochter Arctel zog sich aus dem Geschäft zurück.

Für den Aufbau der Infrastruktur mussten die Richtfunk-Betreiber anfangs viel Geld investieren. Oft wollten sie bundesweit aktiv werden. Gleichzeitig brach der Kapitalmarkt für Telekom-Investitionen zusammen. "Manche Anbieter haben sich brutal übernommen, sind viel zu massiv losmarschiert", sagt Stefan Niedermaier, Geschäftsführer von tesion. Die Telekom-Tochter des Stromkonzerns Energie Baden-Württemberg hat etwa 30 WLL-Kunden.

Einen weiteren Dolchstoß versetzte den Firmen der konkurrenzlos niedrige Preis für DSL-Verbindungen der Telekom. Als die ersten Richtfunk-Anbieter Pleite gingen, wurden weitere potenzielle Kunden misstrauisch. Als größere Spezialisten sind nur mediascape und Star21 übrig geblieben, die mit Hilfe von Umstrukturierungen überlebten. Für sie könnte der Nischenmarkt groß genug sein. "Wir schalten einen Gang zurück", meint Star 21-Sprecher Bernhard Pussel. Das Unternehmen will unzufriedene Telekom-Kunden und die der gescheiterten Wettbewerber einsammeln und auf der CeBIT für sein WLL-Angebot werben.

Als weitere Hoffnung bleibt für die zurechtgestutzte Branche, dass per Richtfunk eines Tages nicht nur einzelne Teilnehmer, sondern auch Knotenpunkte von Mobilfunknetzen angeschlossen werden dürfen. Dann würde ein neues, gerade mit Blick auf den neuen Handy-Standard UMTS interessantes Geschäftsmodell entstehen. Bisher gestattet die Regulierungsbehörde Telekommunikation und Post solche Verbindungen nicht, signalisiert aber Entgegenkommen. "Wir sind da dran", verspricht Behördensprecher Harald Dörr.