Bericht: So überwacht Katar Fußball-WM-Besucher per App
In wenigen Wochen findet die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 in Katar statt. Die Vergabe des FIFA-Wettbewerbs an dieses Land am Persischen Golf war schon im Vorfeld höchst umstritten. Anstatt zu versuchen, Vorbehalte auszuräumen, hat der Staat auch strenge Regeln für mögliche Besucher der Fußball-WM verhängt, wie der Bayerische Rundfunk berichtet. So müssen Katar-Reisende zwingend ein Smartphone mit sich führen, auf dem zwei Apps installiert sind, die Datenschutz-rechtlich sehr bedenklich sind.
Bei einer dieser Anwendungen handelt es sich um das Ehteraz genannte Pendant zur deutschen Corona Warn App. Anders als die von Robert Koch-Institut, Telekom und SAP programmierte Anwendung verschafft sich Ehteraz einen Komplett-Zugriff auf den Smartphone-Speicher. In Echtzeit werden die Standorte der Nutzer erfasst, Bluetooth- und WLAN-Verbindungen werden in einer zentralen Datenbank gespeichert.
Fußball-WM-Besuch nur mit Spionage-Apps der Regierung von Katar möglich
Screenshot: teltarif.de, Quelle: fifa.com
Ein Katar-Besucher unterstellt in einer Rezension im AppStore von Apple sogar Willkür: "Mein Status hat sich spontan von grün (alles ok) und gelb (Quarantäne) geändert, was bedeutet, dass ich das Hotel (nachdem ich meine 14 Tage Quarantäne und negativen Test schon hinter mir hatte) nicht verlassen darf." Auch App-Bewertungen anderer Nutzer sind negativ. Amnesty International warnt vor der verwendeten Technik. Die App sei "menschenrechtlich problematisch bis gefährlich in Bezug auf willkürliche Überwachung und Verletzungen von Privatsphäre sowie Datenschutz".
Offizielle WM-App beinhaltet nicht nur Tickets
Neben Ehteraz ist auch die Nutzung der offiziellen App zur FIFA WM 2022 vorgeschrieben. Diese beinhaltet die gekauften Eintrittskarten und berechtigt zur kostenlosen Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Zudem beinhaltet die Anwendung die Verwaltung der sogenannten Hayya Card, die vom 1. November bis 23. Januar für Einreisende nach Katar verpflichtend ist.
Doch auch die FIFA WM-App ist geeignet, um Nutzer auszuspionieren, die diese installiert haben. Sie fordert vollen Speicherzugriff, ortet den Aufenthaltsort des Smartphones und überwacht dessen Netzwerkverbindungen. Der öffentlich-rechtliche norwegische Rundfunk NRK beschreibt die Funktionalität der beiden Apps mit den Worten, es sei vergleichbar damit, dem Land Katar die eigenen Hausschlüssel zu übergeben.
Dem BR-Bericht zufolge gibt es keine Option, dem Zugriff der Anwendungen auf die persönlichen Daten zu widersprechen. Mit der Installation erkläre sich der Nutzer automatisch mit den Bedingungen einverstanden. Was der Staat Katar mit den Informationen anfange, bleibe ihm selbst überlassen. Denkbar wäre allenfalls, zur Fußball-Weltmeisterschaft mit einem Zweit-Handy zu reisen, auf dem so wenige Daten wie möglich gespeichert sind.
In einer weiteren Meldung lesen Sie, wie die ARD von der Fußball-WM in Katar berichten will.