Hessen: Beim Gigabit-Gipfel wird viel versprochen
Valentina Daiber, Vorstandsmitglied von Telefónica Germany (o2) verantwortlich für Lizenzrecht und Netzausbau
Foto: Telefónica / o2
Alle sind sich im Prinzip einig: "Um die dringend benötigte Digitalisierung in Deutschland weiter voranzutreiben, kommt es auf den beschleunigten, weitflächigen Ausbau der digitalen Infrastruktur an", betonte beispielsweise o2 und bekräftigte seinen Ausbauwillen – sowohl in Hessen als auch bundesweit.
o2 begrüßt neue Bauordnung
Valentina Daiber, Vorstandsmitglied von Telefónica Germany (o2) verantwortlich für Lizenzrecht und Netzausbau
Foto: Telefónica / o2
Entscheidend sei, dass die Politik die richtigen Rahmenbedingungen schaffe. Das Bundesland Hessen gehe hier mit seiner Änderung in der Bauordnung mit gutem Beispiel voran, findet Valentina Daiber, im o2-Vorstand unter anderem für lizenzrechtliche Themen zuständig.
„Wir haben in Hessen allein in den vergangenen 12 Monaten rund 800 LTE-Maßnahmen realisiert. Dieses Tempo werden wir beibehalten. So planen wir in Hessen bis Ende 2022 mehr als 1500 Baumaßnahmen, um das LTE-Netz zu verdichten und das 5G-Netz auszurollen und viele komplett neue Masten in Betrieb zu nehmen", verspricht Valentina Daiber.
Vodafone: Gigabit für mehr als die Hälfte real
Für Vodafone CEO Hannes Ametsreiter ist alles Gigabit.
Foto: Vodafone Deutschland
Vodafone Deutschland CEO Hannes Ametsreiter verkündet: „Das Gigabit ist im Festnetz für mehr als die Hälfte aller Haushalte in Hessen schon heute Realität. 98 Prozent aller Gigabit-Anschlüsse kommen hier von Vodafone. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag, um das Ziel eines flächendeckenden Gigabit-Netzes in Hessen bis 2025 zu erreichen.“ Wobei Gigabit von Vodafone überwiegend über Koax-Kabel-TV-Anschlüsse realisiert wird. Diese Technik muss aber sehr genau aufgebaut und eingemessen werden, gerade bei älteren Installationen kommt es oft zu Problemen.
Vodafone betont hingegen, dass in Hessen für fast 1,6 Millionen Haushalte Gigabit-Anschlüsse verfügbar seien. Bis Anfang 2022 wolle Vodafone mit Kabel- und Glasfaser-Technologie 300.000 weitere Haushalte "bereit machen für Gigabit-Geschwindigkeiten".
Telekom: 375.000 FTTH-Anschlüsse in Frankfurt
Telekom Chef Tim Höttges hielt beim Breitbandgipfel einen Impulsvortag zum Netzausbau.
Foto: Picture-Alliance / dpa
Telekom-Chef Tim Höttges möchte Festnetz und Mobilfunk in Hessen massiv ausbauen und kündigte allein 375.000 FTTH-Anschlüsse in Frankfurt bis 2025 an. Aktuell seien schon 1500 5G-Mobilfunkstandorte in Hessen Betrieb. Bis 2030 sollen mindestens zwei Millionen Haushalte in Hessen sogenanntes "FTTH" (Glasfaser bis in die Wohnung) allein von der Telekom bekommen können, kündigte Höttges an. "Wir bauen in der Stadt und auf dem Land. Ich selbst bin und bleibe bekennender Netzinvestor. Und das gilt gerade auch für Hessen“, so Höttges weiter. Als weiteres Beispiel nannte er den Ausbau von alleine 3200 Haushalten in der Gemeinde Beselich im Kreis Limburg-Weilburg noch in diesem Jahr.
Telekom-Netz in Hessen ausgebaut und modernisiert
Seit 2010 hatte die Telekom allein in das Festnetz in Hessen über 2,1 Milliarden Euro investiert. Von den rund drei Millionen hessischen Haushalten könnten heute 2,1 Millionen Haushalte mehr als 100 MBit/s an Bandbreite erhalten. Davon stünden etwa 1,7 Millionen Haushalte sogar mehr als 175 MBit/s zur Verfügung. Die Telekom ist realistisch genug, dass kein Unternehmen den Glasfaserausbau allein stemmen werde. Daher baut die Telekom, parallel zu ihren erheblichen Eigeninvestitionen, die Anzahl an Kooperationen mit anderen Anbietern stetig weiter aus. Dadurch will das Unternehmen möglichst schnell möglichst viele FTTH-Anschlüsse bauen oder vermarkten.
Mehr Tempo auch beim Mobilfunk
Ein Mobilfunksendemast mit LTE von o2
Foto: Telefónica Deutschland (o2)
In Hessen liegt die Haushaltsabdeckung mit LTE bei 98,7 Prozent. Damit sind (eigentlich) alle geltenden Frequenzauflagen erfüllt. Bei 5G ist die Telekom ebenfalls führend, was von Experten bestätigt wird. 1500 Standorte funken allein in Hessen. Für Höttges werde 5G zum neuen Standard im Mobilfunknetz der Telekom, "auch für Hessen.“
Kooperationen bringen das Land nach vorne
Die Telekom begrüßt den seit 2018 bestehenden hessischen Mobilfunkpakt als erfolgreiche Kooperation des Landes mit den Netzbetreibern. Land und Netzbetreiber verstünden Bau und Modernisierung für bessere Mobilfunknetze zunehmend als gemeinsame Aufgabe. Auch eine kürzlich beschlossene Kooperation mit der Deutschen Bahn werde für eine Verbesserung, z.B. entlang der hessischen Bahnstrecken, im Netz der Telekom sorgen. „Wir bringen den Mobilfunk an die Züge, die Bahn bringt ihn in die Züge“, sagte Höttges. „Auch hier kommen wir [...] endlich voran."
Alle Investitionen in den Netzausbau
Auf Initiative des Bundesrates wurde die gesetzliche Vorfestlegung auf Frequenzversteigerungen im Gesetz gestrichen. Bei künftigen Frequenzvergaben gibt es deutlich mehr Spielraum für "investitionsfreundliche Vergabeverfahren". Telefónica Deutschland / o2 spricht sich gemeinsam mit seinen Mitbewerbern für eine Verlängerung bestehender Frequenznutzungsrechte gegen Versorgungsauflagen aus. „Durch eine Verlängerung könnten wir die Finanzmittel zum Wohle von Wirtschaft und Gesellschaft umfassend in den Netzausbau stecken. Dies würde auch dem politischen Ziel entsprechen ... Funklöcher zu schließen.“
Bouffier: 270 Millionen Landesmittel
Ministerpräsident Volker Bouffier gibt 270 Millionen Euro aus, um das Land digitaler zu machen.
Foto: Staatskanzlei Hessen
Der hessische Ministerpräsident, Volker Bouffier, investiert "als Hessische Landesregierung mit insgesamt 270 Millionen Euro so viel Geld wie noch nie zuvor in den Ausbau der digitalen Infrastruktur. Es bleibt unser Ziel, bis 2025 flächendeckend gigabitfähige Infrastrukturen bereitzustellen. Ich freue mich besonders über gelungene Initiativen wie die Gigabitregion Frankfurt-Rhein-Main. Sie hat über 130 Kommunen in Hessen zusammengeschlossen, um den Glasfaserausbau vor Ort voranzubringen. Der Ansatz, verschiedenste Akteure in den Prozess einzubinden, entspricht unserer Überzeugung, dass Digitalisierung nur als Gemeinschaftsleistung vorangebracht werden kann. Das ist auch das Signal unseres Gigabitgipfels, zu dem wir alle relevanten Akteurinnen und Akteure eingeladen haben: Gigabitausbau gemeinsam machen, um Hessen noch lebenswerter, stärker und sicherer zu machen.“
Prof. Dr. Kristina Sinemus, hessische Digitalministerin will das Land voranbringen.
Foto: Staatskanzlei Hessen
Seine Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung, Prof. Dr. Kristina Sinemus, findet, dass digitale Infrastruktur als Basis jeden Fortschritts massiv vorangeschritten sei. Als Zwischenziel sollten bis 2025 flächendeckend gigabitfähige Anschlüsse bereitgestellt werden, verspricht die Ministerin. Betroffene Interessenten hören es mit Staunen.
Neue Bauordnung ermöglicht schnelleren Ausbau
Um den Netzausbau in Deutschland weiter zu beschleunigen, werden Genehmigungsprozesse neue Masten vereinfachen. Mit einer Änderung der Hessischen Bauordnung im Jahr 2020 hatte Hessen als erstes Bundesland in Deutschland die von Mobilfunknetzbetreibern vorgeschlagene Anhebung der genehmigungsfreien Höhe von 10 auf 15 Meter für Dachstandorte umgesetzt. Damit lassen sich 5G-Antennen, die etwas höher sind als die bisherigen Antennen, ohne neuen Bauantrag auf bereits bestehenden Standorten anbringen.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Ein kleiner Teil der teltarif.de-Redaktion lebt in Hessen und kann aus eigener täglicher Anschauen bestätigen, dass es alleine in Hessen noch einige nervende Funklöcher gibt, wo dringend Ausbaubedarf herrscht. Auch beim Festnetz-Internet ist noch Luft nach oben.
Wer das Glück hat, in einem Hochhaus mit Koaxkabeln zu wohnen, kann sich berechtigte Hoffnungen auf "Gigabit" machen, ansonsten muss man auf die Glasfaser warten, die vielleicht schon bis zum Verteilerkasten auf der Straße liegt.
Wer auf dem Land lebt, soll froh sein, wenn es brauchbares DSL gibt. Sonst bekommt man vorerst entweder gar nichts oder wird alle 10 Minuten von Vertretern völlig unbekannter Glasfaser-Ausbau-Firmen aus seiner Mittagsruhe geklingelt, die sich in ihren vollmundigen Versprechungen eines "baldigen" Glasfaser-Ausbaus gegenseitig überbieten. "Bitte unterschreiben Sie hier".
Es braucht dringend einen verbindlichen öffentlichen Fahrplan, wann und wo was genau gebaut wird und wo nicht. Und das gilt nicht nur für Hessen.