USB-C: Finale Zustimmung für einheitliches Ladekabel
Der einheitliche Ladestandard USB-C für Smartphones und andere Geräte in der Europäischen Union kommt. Der Rat der EU-Staaten gab heute die endgültige Zustimmung für die neue Regelung. "Ein Ladegerät, das für mehrere Geräte geeignet ist, spart Geld und Zeit und hilft uns außerdem, Elektroschrott zu vermeiden", sagte der tschechische Industrieminister Jozef Sikela im Namen der derzeitigen EU-Ratspräsidentschaft.
Die neuen Regeln gelten ab Herbst 2024
Neben Smartphones fallen unter anderem auch Tablets, E-Reader, Digitalkameras, Kopfhörer, tragbare Lautsprecher und Tastaturen darunter. Für Laptops gelten die Vorgaben, auf die sich Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments im Juni verständigt hatten, dann ab Frühjahr 2026. Kritiker monieren, das Vorhaben bremse Innovation aus.
Beschlossene Sache: USB-C für Alle ab 2024
Lange Jahre hatte jeder Hersteller - teils sogar jedes Handymodell - eigene Buchsen, die zu nichts anderem passten. Bei Computern waren Standards schon früher üblich, 9-polige oder 24-polige Stecker, später kam USB. Das Durcheinander der Ladegeräte war der Politik irgendwann zu bunt und sie drang auf Normen. In der letzten Zeit hat sich das Angebot bereits auf drei wesentliche Normen reduziert. Micro-USB für ältere Telefone und Powerbanks, Lightning in der Apple-Welt und USB-C als künftiger einheitlicher Standard.
Weniger Ladegeräte, weniger Schrott
Der heutige de-facto-Standard: Von links USB-C, Lightning und Micro-USB
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Schon heute werden viele Smartphones oder Tablets ohne Ladegerät verkauft, im Idealfall liegt noch ein Kabel von USB-C auf USB-C oder USB-A auf USB-C oder von USB-C auf Lightning bei. Damit künftig ein Ladegerät für alle Mobiltelefone und Tablets genutzt werden, was sicher umwelt- und verbraucherfreundlich ist, wenn man nicht zig Ladegeräte herumliegen hat, die irgendwann beim Elektronikschrott landen.
Parlament macht Weg frei
Heute hat nun das Europäische Parlament den Weg offiziell frei gemacht: Bald sollen Verbraucherinnen und Verbraucher in der EU ein einheitliches Ladegerät für ihre elektronischen Geräte verwenden können. Die Frist ist eng: Bis Ende 2024 müssen alle Mobiltelefone, Tablets und Kameras, die in der EU verkauft werden, einen USB-C-Ladeanschluss haben. Ab Frühjahr 2026 gilt das auch für Laptops.
And the Winner is: USB-C
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Heute wurden die entsprechenden neuen Vorschriften vom Plenum des Europäischen Parlaments in Straßburg mit 602 zu 13 Stimmen bei 8 Enthaltungen angenommen. Das gehört zu den Bemühungen der EU, Elektroschrott abzubauen und Verbraucherinnen und Verbrauchern "nachhaltigere Optionen" zu geben.
Künftig muss USB-C sein
Für die Hersteller ist klar: Sie müssen ihre neuen Mobiltelefone, Tablets, Digitalkameras, Kopfhörer und Headsets, tragbaren Videospielkonsolen und Lautsprecher, E-Reader, Tastaturen, Mäuse, tragbaren Navigationssysteme, Ohrhörer und Laptops mit einer Leistungsabgabe von bis zu 100 Watt, die mit einem Kabel aufgeladen werden können, mit einem USB-C-Anschluss ausstatten. Alle Geräte, die sich schnell laden lassen, haben in Zukunft die gleiche Ladegeschwindigkeit, fordert die EU, sodass Geräte mit jedem kompatiblen Ladegerät in der gleichen Geschwindigkeit aufgeladen werden können.
Förderung von technischen Neuerungen
Da sich das kabellose Laden immer stärker durchsetzt, muss die Kommission bis Ende 2024 auch hier für Interoperabilität (=Produkte verschiedener Hersteller sollen untereinander "passen") sorgen, damit negative Folgen für Verbraucherinnen und Verbraucher und für die Umwelt verhindert werden. Damit wird auch dafür gesorgt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher in Zukunft nicht mehr an eine bestimmte Technik oder einzigen Hersteller gebunden sind.
Bessere Verbraucherinformationen und mehr Auswahl
Spezielle Etiketten sollen über die Ladeeigenschaften neuer Geräte informieren. Dadurch soll man leichter feststellen können, ob bereits vorhandene Ladegeräte mit dem Neukauf kompatibel sind. Damit könnten Käuferinnen und Käufer bewusster entscheiden, ob sie mit einem neuen Gerät auch ein neues Ladegerät kaufen müssen.
Diese neuen Verpflichtungen sorgen dafür, dass Ladegeräte häufiger wiederverwendet werden. Sie sollen Ausgaben von bis zu 250 Mio. Euro pro Jahr für unnötige Ladegeräte einsparen. Entsorgte und ungenutzte Ladegeräte lassen in der EU jährlich etwa 11.000 Tonnen Elektroschrott entstehen. In privaten Haushalten in Deutschland fielen nach Angaben des Umweltbundesamts im Jahr 2020 mehr als 970.490 Tonnen Elektroschrott an. Das waren etwa 11,67 Kilogramm pro Einwohner und damit 1,63 Kilogramm mehr als im Vorjahr (2019: 10,04 Kilogramm)
Berlin: 7 kg Elektro-Schrott pro Kopf
Alleine die Stadt Berlin produzierte nach Angaben der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz mehr Elektromüll: Rein rechnerisch waren es 2020 etwa sieben Kilogramm pro Kopf. 2018 waren es noch knapp drei Kilogramm weniger (2018: 3,9 Kilogramm). Die gestiegene Menge an Elektroabfall führt das deutsche Statistikamt unter anderem auf die Ausstattung der meisten Haushalte mit den unterschiedlichsten Geräten zurück. So besaßen beispielsweise deutschlandweit Anfang 2020 weit über 90 Prozent der Haushalte mindestens einen Fernseher, einen Computer und ein Handy oder Smartphone. Die Deutsche Umwelthilfe führt zudem die Kurzlebigkeit von Geräten als Grund an.
Altgeräte nicht wegwerfen, sondern entsorgen
Laut Umweltbundesamt sind in Elektrogeräten oft Schadstoffe enthalten. Werden sie nicht fachgerecht entsorgt, kann dies eine Gefährdung von Gesundheit und Umwelt zur Folge haben. Viele der Geräte enthalten allerdings auch wertvolle Metalle. Werden die recycelt, so können Ressourcen und Umwelt geschont werden.
Im europäischen Vergleich lagen die Menschen in Deutschland 2018 nach Angaben des EU-Statistikamts Eurostat mit rund 10,3 Kilogramm Elektroabfall pro Kopf über dem EU-Schnitt von 8,9 Kilogramm. Noch mehr Elektroschrott fiel demnach in Schweden (14,2 Kilogramm), Österreich (13,2 Kilogramm) und Irland (12,9 Kilogramm) an. Deutlich weniger war es in Rumänien (3,3 Kilogramm).
Der Berichterstatter des Parlaments, Alex Agius Saliba (S&D, Malta), sagte: "Das gemeinsame Ladegerät wird in Europa endlich Wirklichkeit. Wir haben mehr als zehn Jahre auf diese Vorschriften gewartet und können die derzeitige Fülle von Ladegeräten endlich der Vergangenheit angehören lassen. Dieses zukunftssichere Gesetz ermöglicht die Entwicklung innovativer Ladelösungen, und davon werden alle profitieren - von frustrierten Verbrauchern bis hin zu unserer empfindlichen Umwelt. Es sind schwierige Zeiten für die Politik, aber wir haben gezeigt, dass der EU die Ideen nicht ausgegangen sind, um das Leben von Millionen von Menschen in Europa zu verbessern und für andere Teile der Welt mit gutem Beispiel voranzugehen.“
Wie geht es weiter?
Der Rat muss die Richtlinie förmlich billigen, bevor sie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wird. Sie tritt 20 Tage nach der Veröffentlichung in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben anschließend 12 Monate Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen, und 12 Monate nach dem Ende der Umsetzungsfrist müssen sie sie anwenden.
Kleiner Haken: Die neuen Vorschriften gelten nicht für Produkte, die vor dem Zeitpunkt der Anwendung auf den Markt gebracht worden sind. Alte Ladegeräte also erst wegwerfen, wenn klar ist, dass man kein dafür passendes Gerät mehr verwendet.
Die Vorgeschichte
Seit zehn Jahren (!) hat das EU-Parlament immer wieder die Einführung des einheitlichen Ladegeräts gefordert. Frühere Bemühungen, die Industrie dazu zu bewegen, dass sie die Zahl der mobilen Ladegeräte freiwillig verringert, führten nicht zu greifbaren Ergebnissen für die Verbraucherinnen und Verbraucher in der EU. Am 23. September 2021 schließlich legte die Kommission den entsprechenden Gesetzesvorschlag vor.
Die Folgen
Sobald die neuen Vorschriften gelten, braucht man für neue mobile Geräte theoretisch keine neuen Ladegeräte mehr. Ein einziges Ladegerät könnte dann (theoretisch) für eine Vielzahl von kleinen und mittelgroßen tragbaren elektronischen Geräten, sofern man sie zeitversetzt aufladen kann oder will.
Doch ganz ohne neues Ladegerät geht es vielleicht doch nicht: Moderne Handys verfügen über eine Schnellladefähigkeit, die stärkere Netzteile erfordert. Auch ein Laptop braucht unter Umständen mehr Strom, als ein noch irgendwo herumliegendes 10-Watt-Handy-Ladegerät abgeben kann.
Wo kann ich das genau nachlesen?
Es gibt Merkblatt zu den Verfahrensschritten – Funkanlagenrichtlinie: einheitliches Ladegerät für elektronische Geräte. Der wissenschaftliche Dienst des EU-Parlaments hat Kurzinformationen (Briefing)" zusammengestellt. Das Multimediazentrum des EU-Parlaments informiert zum Ladegerät.
Sind alle zufrieden?
Nein, natürlich nicht. Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes "bitkom", Dr. Bernhard Rohleder, befürchtet, dass "die politische Festlegung auf einen technischen Standard" vor allem Innovationen bremsen werde und dem wichtigen Grundsatz der Technologieoffenheit massiv zuwiderlaufe. Es werde wohl kein Hersteller allein für den europäischen Markt eine Sonderlösung produzieren, somit sei der faktisch weltweite Standard für Ladekabel ab 2024 USB-C. Innovationen etwa bei Ladedauer oder der Datenübertragung würden damit politisch ausgebremst – zum Nachteil der Verbraucher.
Auf die Umweltbilanz von Smartphones und anderen Geräten wirkten sich eine ganze Reihe von Faktoren aus, deren Bedeutung weit über die der Kabel hinausgehen: Nutzungsdauer und der Energieverbrauch seien die wichtigsten. Die Hersteller müssten Geräte immer energieeffizienter und unempfindlicher gegen äußere Einflüsse wie Wasser und Stöße machen. Alle Verbraucher könnten ihren Teil dazu beitragen, etwa indem sie den Energieverbrauch ihres Gerätes sparsam gestalten, es pfleglich behandeln und vor Schäden schützen.
Die EU möchte auch eine Update-Pflicht für vernetzte Geräte.