Nachhaltig

Nachhaltiger Provider: Erste Eindrücke von WEtell

Das Thema Umwelt haben viele Unter­nehmen im Blick: Wie können die Themen Klima­schutz, Daten­schutz oder Nach­hal­tig­keit im Mobil­funk umge­setzt werden? Wir haben erste Eindrücke beim nach­hal­tigen Provider WEtell gesam­melt.
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WEtell möchte nachhaltigen Mobilfunk mit Klima- und Datenschutz. WEtell möchte nachhaltigen Mobilfunk mit Klima- und Datenschutz.
Bild: WEtell gGmbH
Wer einen Mobil­funk­ver­trag abschließt, bekommt ein Angebot von einem Anbieter und kann das akzep­tieren oder auch ablehnen. Hotlines sind mitunter nicht so einfach erreichbar oder man soll sich per Messenger-Dienst oder Social Media melden. Einigen Anbie­tern sollte man besser keine E-Mails schi­cken, und Faxe sind auch nicht mehr gefragt.

Was der gewählte Anbieter mit dem bezahlten Geld außer den Betriebs­kosten für Netz­technik und Personal sonst noch tut, kann man viel­leicht irgendwo nach­lesen. Doch wer tut das schon? WEtell möchte nachhaltigen Mobilfunk mit Klima- und Datenschutz. WEtell möchte nachhaltigen Mobilfunk mit Klima- und Datenschutz.
Bild: WEtell gGmbH

Neue Ziel­gruppe

Nun gibt es eine wach­sende Ziel­gruppe, die einen trans­parenten Anbieter sucht, der das Thema Umwelt, Daten­schutz und Nach­hal­tig­keit auf seine Fahnen geschrieben hat, die Ziel­gruppe möchte nur noch "nach­hal­tige" Produkte kaufen oder nur Verträge mit möglichst kurzer Lauf­zeit abschließen.

In Frei­burg (im Breisgau, Baden-Würt­tem­berg) ist im Juli ein Anbieter mit genau diesem Anspruch gestartet, der sich zunächst WEtell-Change und inzwi­schen nur noch WEtell nennt. Sein Logo ist ein Sprach­rohr, worüber die Philo­sophie des Unter­neh­mens verkündet werden soll.

Start mit Crow­dfun­ding

Eine Postkarte aus der Startkampagne. Damals hieß das Unternehmen noch wetell-change. Eine Postkarte aus der Startkampagne. Damals hieß das Unternehmen noch wetell-change.
Grafik: WEtell GmbH
Zum Start konnte man für WEtell Gutscheine per Crowd­funding erwerben, welche für die Gründer und Grün­derinnen die bange Frage beant­worten sollte, ob es eine trag­fähige Basis für diese Idee geben würde - und siehe, es gab sie.

Zunächst NewSIM mit Telekom - dann Tele2 mit Voda­fone

Zunächst ging man mit einem Service-Provider für Service-Provider der Firma NewSIM aus Marburg an den Start, der für die Pionier­kunden von WEtell SIM-Karten im Netz der Deut­schen Telekom ("D1") schal­tete. Etwa 600 Kunden kamen in den Genuss, über diesen Anbieter tele­fonieren zu dürfen, aus "Newsim-internen" Gründen können dort keine weiteren Kunden akti­viert werden, Bestands­kunden können offenbar dort bleiben.

Das ursprüng­liche Ziel von WEtell war wohl, möglichst direkter Service-Provider beim Netz­betreiber Telekom zu werden, doch das klappte irgendwie nicht so, wie sich die Gründer das vorge­stellt hatten. Man schaute sich im Markt um und landete beim Anbieter Tele2.

Tele2 gehört zu den Pionieren des libe­rali­sierten Tele­kom­muni­kati­ons­marktes. Tele2 war in Deutsch­land anfangs mit der Vorwahl 01013 im Call-by-Call-Sektor sehr aktiv. Früh hatte Tele2 Ambi­tionen in Mobil­funk, landete nach einigen Fehl­schlägen bei Voda­fone und vermarktet in deren Netz eigene Ange­bote, beispiels­weise eine Fest­netz­nummer, die auf einem Handy landet.

Zurück zu WEtell: Tele2 schaltet für WEtell die SIM-Karten im Netz von Voda­fone (D2) frei, verwaltet die Kunden­daten, soweit notwendig, und erstellt die Rech­nungen. Die eigent­liche Kunden­bezie­hung besteht aber nur zwischen dem Vertrags­partner und WEtell.

Um Infor­mationen aus erster Hand zu erhalten, hatte sich der Autor an der Crow­dfun­ding-Kampagne mit einem kleinen Beitrag betei­ligt, den er als Gutschein für einen Mobil­funk­ver­trag erhielt, er wählte den Einsteiger Tarif Ultra­kurz.

Die Tarife

Jeder WEtell-Tarif ist ein Lauf­zeit­ver­trag mit monat­licher Kündi­gungs­frist, Prepaid bietet WEtell nicht an.

Für die Anschal­tung eines Vertrages (und Versand der SIM-Karte) werden einmalig 10 Euro berechnet, was überaus fair ist. Andere Anbieter nehmen weitaus mehr, können diese Kosten im Rahmen von Aktionen auch erlassen oder erstatten. Eine eSIM gibt es noch nicht.

Der WEtell-Ultra­kurz-Tarif ist mit 15 Euro im Monat der güns­tigste Tarif und beinhaltet 100 monat­liche Frei­minuten für Gespräche in deut­sche Netze (Fest­netz, Mobil­funk, keine Sonder­num­mern). Die Folge­minuten kosten 19 Cent pro Minute, jede SMS wird mit 9 Cent berechnet. 1 GB Daten­volumen kann in 2G (GSM), 3G (UMTS) oder 4G (LTE) Tech­nologie genutzt werden, sofern der Netz­betreiber (hier Voda­fone) vor Ort schon ausge­baut hat. Beim Autor ist das leider nicht der Fall. Da bleiben nur mobile Daten mit 2G - das ist wahr­lich kein Surf-Vergnügen.

Preis­lich inter­essanter ist die Mittel­welle, die eine Allnet Flat für Tele­fonie/SMS zu allen deut­schen Tele­fon­netzen (außer Funkruf) und 5 GB monat­liches Daten­volumen inkl. LTE enthält. Das kostet dann jeden Monat 20 Euro.

Super­funk bietet das gleiche wie die Mittel­welle, aber mit 10 GB Daten (25 Euro) und Megafon stockt auf 15 GB Daten auf, für 30 Euro im Monat. Außer im Tarif Ultra­kurz kann die maximal mögliche LTE-Geschwin­dig­keit von 21,6 MBit/s im Down­load für weitere 5 Euro im Monat auf etwa 50 MBit/s aufge­bohrt werden. Voraus­gesetzt, die Netz­ver­sor­gung mit Voda­fone ist vor Ort ok, dürften viele Anwender mit diesem Angebot gut zurecht kommen.

Noch kein VoLTE möglich

Wir haben getestet: Zum Tele­fonieren schaltet das VoLTE-fähige Handy sofort auf 3G oder 2G zurück, denn VoLTE steht den Kunden von WEtell (und wohl auch von Original Tele2) noch nicht zur Verfü­gung, ein Termin ist auch noch nicht bekannt. (Wird aber sicher noch kommen.)

Warum ausge­rechnet WEtell?

Vergleicht man die Tarife von WEtell mit andern Anbie­tern fällt schnell auf, dass die Preise nicht zu den super­güns­tigsten gehören, und das ist auch gar nicht der Anspruch von WEtell.

WEtell will "nach­hal­tigen Mobil­funk" bieten und nennt seine Philo­sophie "Klima­schutz, Daten­schutz und Fair­ness & Trans­parenz". In den Augen der jungen Gründer und Grün­derinnen, die fast alle aus der Univer­sitäts­stadt Frei­burg kommen, seien das "die rele­vanten Bereiche, nach denen eine digi­tale Dienst­leis­tung wie nach­hal­tiger Mobil­funk aufge­baut sein sollte, um sozial-ökolo­gischen Grund­sätzen zu entspre­chen."

Klima­schutz

Beim Klima­schutz arbeitet WEtell "möglichst mit nach­hal­tigen Part­nern" zusammen, will sich gesell­schafts­poli­tisch enga­gieren, etwa bei Fridays for Future. Das WEtell-Büro bestehe aus recy­celten oder zerti­fizierten Möbeln. Die Gewinne des Unter­neh­mens sollen beispiels­weise in Energie aus Wasser­kraft inves­tiert werden.

Daten­schutz

Im Kundentool findet mal alle wichtigen Kundendaten und die letzten 12 Rechnungen zum Download. Ein Tarifwechsel ist dort nicht möglich. Im Kundentool findet mal alle wichtigen Kundendaten und die letzten 12 Rechnungen zum Download. Ein Tarifwechsel ist dort nicht möglich.
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Beim Daten­schutz legt WEtell Wert darauf, dass der Netz­betreiber (hier Voda­fone) den Endkunden nicht kennt. Auf der WEtell-Home­page gebe es über­haupt keine Tracking-Cookies, Google Analy­tics oder Face­book-Like-Buttons, betont das Unter­nehmen. In der Tat: Eine Abseg­nung von Cookies fanden wir beim Öffnen der Home­page tatsäch­lich nicht. WEtell gibt an, die Open-Source-Programme Matomo und Piwik zu verwenden, die ausschließ­lich anony­misierte Infor­mationen über die Seiten­nut­zung – ganz ohne Cookies liefern sollen.

Nur im Kunden­tool "Mein WEtell" seien derzeit noch Google-Tools im Einsatz, die sollen dort aber auch so bald wie möglich verschwinden. Die Ober­fläche ist einfach und schlicht gehalten, man findet Infos über die eigenen gespei­cherten Daten und die letzten 12 Rech­nungen. Einen aktiven Tarif­wechsel kann man dort nicht anstoßen, dabei ist die Hotline gerne behilf­lich.

Der Bestell-Ablauf

Die Bestel­lung einer SIM-Karte erfolgte über die Home­page www.wetell.de. Abge­fragt wurden Anrede (männ­lich oder weib­lich, divers ist noch in Arbeit), Vor- und Nach­name, eine erreich­bare E-Mail-Adresse, das Geburts­datum und die Post­adresse, nebst dem Geburts­datum. Sollte die Adresse nicht ganz exakt sein, bietet das Anmel­desystem eine Stra­ßen­liste an.

Im nächsten Schritt wird nach­gefragt, ob eine vorhan­dene Rufnummer mitge­nommen werden soll, ob ein Einzel­ver­bin­dungs­nach­weis der Verbin­dungen gewünscht wird und falls ja, ob der verkürzt oder ausführ­lich sein soll.

Im dritten Schritt wird die Angabe einer Bank­ver­bin­dung erbeten. Die Bezah­lung kann ausschließ­lich per SEPA-Last­schrift an WEtell erfolgen. Dabei fehlt auch nicht der Hinweis, dass der Kunde "inner­halb von acht Wochen, begin­nend mit dem Belas­tungs­datum, die Erstat­tung des belas­teten Betrages verlangen" kann.

Kleiner Schön­heits­fehler: Derzeit kann nur eine deut­sche DE-IBAN-Konto­ver­bin­dung einge­geben werden, was der EU-Verord­nung 260/2012 vom 14. März 2012, also dem "Verbot der IBAN-Diskri­minie­rung" wider­spricht.

Hat man diese Hürde genommen, werden die Vertrags­daten nochmal über­sicht­lich ange­zeigt. Nun müssen die AGBs akzep­tiert und der Hinweis auf eine Boni­täts­prü­fung bei der (Arvato) Info­score Consumer Data GmbH (ICD) akzep­tiert werden. Ein Link führt zu den AGBs dieses Unter­neh­mens. Wer das Thema Daten­schutz ernst nimmt, wird diese zwei­sei­tigen eng gedruckten Bedin­gungen sicher genau lesen. Die Boni­täts­prü­fung hat den Zweck, abschätzen zu können, ob ein Kunde später in der Lage sein wird, seinen Verpflich­tungen nach­zukommen und ist ein im Wirt­schafts­leben übli­ches Verfahren. Dass diese Unter­nehmen einen Daten­schatz hegen, der nicht in falsche Hände gelangen darf, versteht sich von selbst.

Nun mag das Risiko bei WEtell viel­leicht nicht ganz so hoch sein, denn beide Seiten dürfen den Vertrag mit einer Frist von einem Monat (zum jewei­ligen Kalen­der­monats­ende) kündigen.

Die Rufnum­mern­por­tie­rung

Der Autor hatte sich entschieden, eine Rufnummer von "fraenk" zu "WEtell" mitzu­nehmen. Plötz­lich kam eine Nach­richt von WEtell und auch von fraenk, dass der gewünschte Wech­sel­termin nicht möglich sei, man könne erst einige Tage später einschalten und der bishe­rige Anbieter (hier fraenk) werde so lange weiter versorgen. In der Tat, das hat bestens geklappt. Einen Tag vor dem Schalt­termin erin­nerte WEtell nochmal per SMS daran, dass "morgen" die bereits zuge­schickte Karte einge­legt und akti­viert werden könne. Ein kleines aber sympa­thi­sches Detail.

Die Hotline

Die Hotline ist unter einer regu­lären Fest­netz­nummer in Frei­burg (0761) zu errei­chen. Der Ton ist dort modern und aufge­schlossen, die Warte­zeiten waren ange­nehm kurz. Die Hotliner melden sich mit dem Vornamen. Fragen zum Vertrag oder zur Technik wurden ohne Zögern allge­mein­ver­ständ­lich beant­wortet.

Die erste Rech­nung

Der Vertrag war Anfang August gestartet, die erste Rech­nung stand in diesen Tagen im Online-Tool mein.wetell.de bereit.

Gespräche von Deutsch­land zu einem öster­rei­chi­schen Mobil­funk­anschluss wurden mit 19 Cent die Minute berechnet, was noch unter dem zuläs­sigen Grenz­wert von 22 Cent liegt. Ein Anruf in die Schweiz zu Mobil­funk kostete netto 1 Euro, was aktuell 1,16 Euro und künftig 1,19 Euro pro Minute wären.

Offen kommu­niziert: Rech­nungs­panne

In der ersten Rech­nung tauchte gleich ein Abrech­nungs­fehler auf: Dort wurden alle Gespräche einzeln abge­rechnet und dabei vergessen, die 100 Frei­minuten des gebuchten Tarifs "Ultra­kurz" zu berück­sich­tigen. Die tele­fonisch befragte Hotline wusste sofort Bescheid und entschul­digte sich für das Problem, das bei allen Kunden im Ultra­kurz-Tarif aufge­treten sei. Betrof­fene Kunden erhielten eine Hinweis-SMS und wurden darin sogar persön­lich mit Vornamen ange­spro­chen: Die irrtüm­lich berech­neten Gespräche werden mit der nächsten Rech­nung gutge­schrieben. Wieder ein Plus­punkt.

Ein Fazit: Ein Angebot für die Ziel­gruppe

Ein Fazit: Mobil­funk gehört heute zum Alltag dazu. Für die Ziel­gruppe, die ihr Leben grund­sätz­lich hinter­fragt und "nach­hal­tige" Produkte erwerben oder nutzen wird, die gutes für die Umwelt tun will, könnte das Angebot von WEtell durchaus in Frage kommen.

Ein großes Handycap ist derzeit, das WEtell aktuell nur Verträge im Netz von Voda­fone anbietet. Wo das Netz von Voda­fone den WEtell-Kunden nicht oder nur schlecht versorgt, macht das natür­lich keine Freude. Es sei später ange­dacht, so hieß es auf Anfrage, entweder den Netz­partner zu wech­seln oder alter­nativ SIM-Karten in mindes­tens einem weiterem oder in allen deut­schen Netzen anzu­bieten.

Gefallen hat der freund­liche Service, ein Plus­punkt, den das Unter­nehmen unbe­dingt auch dann beibe­halten sollte, wenn es eines Tages größer werden sollte.

Die weitere Zeit wird zeigen, ob das Konzept eines nach­hal­tigen Mobil­funk­anbie­ters Bestand haben wird. Wir werden weiter berichten.