Mobile Plattformen

Aufholjagd: ARM schließt Performance-Lücke zu Intel

Nach Fokus auf sparsamen Verbrauch jetzt Angriff bei CPU-Performance
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Dem Problem, dass immer schnellere Mobilprozessoren auch die Akkus immer schneller leersaugen, will ARM mit dem big.LITTLE-Konzept begegnen: Die "großen" Kerne (aktuell Cortex-A15, künftig Cortex-A57) beherrschen dabei die Umsortierung von Befehlen (so genannte "out-of-order execution"), so dass solche Befehle, die noch auf Daten warten (weil sie ein anderer Befehl erst berechnen muss oder sie aus dem Hauptspeicher oder Cache geladen werden müssen) nicht im Programm weiter hinten stehende Befehle blockieren, für die schon alle Daten bereitstehen. Bei den "kleinen" Kernen (aktuell Cortex-A7, künftig Cortex-A53, der kleine Bruder des Cortex-A57) fehlen diese Einheiten zur Befehls-Umsortierung, sie benötigen folglich deutlich weniger Strom zur Ausführung eines konkreten Befehls, sind aber auch bei gleicher Taktfrequenz deutlich langsamer, weil sie öfters warten müssen.

Cortex-A53 Cortex-A53
Bild: ARM
Wird gerade nur mittlere oder geringe Performance benötigt, sind ausschließlich die LITTLE-Kerne aktiv. Steigen kurzfristig die Performance-Anforderungen, zum Beispiel, wenn der Browser eine Website fertig geladen hat un diese nun rendert, dann schalten sich die big-Kerne zu oder übernehmen komplett.

Der von Samsung für das Galaxy S4 angekündigte Achtkernprozessor ist ein solcher big.LITTLE-Verbund aus vier Cortex-A15 und vier Cortex-A7. Im Vergleich zum S3, dessen Prozessor vier Cortex-A9-Kerne hat, wird das S4 fast die doppelte Maximalperformance aufweisen (0,2 GHz höherer Takt, viermal Cortex-A15 statt A9, vier zusätzliche Cortex-A7) und zugleich den Stromverbrauch bei mittleren und geringen Lasten halbieren (A7 statt A9).

Cortex-A57 Cortex-A57
Bild: ARM
Dass es sich lohnt, verschiedene Prozessoren mit und ohne out-of-order-Befehlsausführung herzustellen, sieht übrigens auch Intel so: Die leistungsfähigen Core-i-Prozessoren kommen mit, der sparsame Atom hingegen ohne die Möglichkeit zur Umsortierung der Befehle. Es ist also durchaus denkbar, dass auch Intel künftig einen big.LITTLE-Prozessor herausbringt, mit zwei bis vier Core-i-Kernen für die Spitzen-Performance, und mit passend vielen Atom-Kernen für effiziente Basisleistung.

Grafik an Bord

Mit "Mali" hat ARM auch eine eigene GPU für 3D-Grafik entwickelt. Insbesondere zahlreiche "smarte" Fernseher, mehrere Tablets und das Samsung Galaxy S3 haben eine Grafikeinheit auf Mali-Basis. Letztes Jahr enthielten ca. 20 Prozent aller Chips, die einen Cortex-A-Prozessor enthielten, bereits eine Mali-GPU. Auch hier ist ARM bestrebt, den Anteil zu erhöhen. Etliche ARM-Partner, allen voran nVidia, werden aber auch künftig ihre eigenen Grafiklösungen verwenden.

Fazit

Ohne ARMs Flexibilität auf der einen Seite, und dem Verzicht auf hohe Lizenzpreise auf der anderen Seite, wäre der Smartphone- und Tablet-Boom wahrscheinlich langsamer verlaufen. Durch die zügige Weiterentwicklung der Prozessoren zu wahrscheinlich auch künftig überschaubaren Preisen ist ARM zusammen mit den Mobilfunkern drauf und dran, den oft thematisierten "digital divide", dass die breite Masse der Bevölkerung vieler Länder keinen Zugang zum umfassenden im Internet zusammengetragenen Wissen hat, zu beenden.

Der Performance-Abstand zum führenden PC-Prozessor-Hersteller Intel wird sich in den kommenden Jahren stark verringern. Damit rücken neue Anwendungen ins Blickfeld, insbesondere ARM-Server, die aufgrund ihrer Genügsamkeit helfen könnten, den hohen Stromverbrauch der Rechenzentren künftig deutlich zu drücken. Und ganz nebenbei werden auch die Smartphones immer leistungsfähiger.

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