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Editorial: Ran an den Kunden

Kommt dieses Jahr die erste echte Anschluss-Alternative?
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Es darf also spekuliert werden, welche Technik United Internet verwenden wird. Möglichkeiten für United Internet gibt es viele: So könnte das Unternehmen nicht nur die Kabel der Telekom nutzen, sondern zum Beispiel auch mit den lokalen Betreibern der TV-Breitbandkabels kooperieren, dieses rückkanalfähig aufrüsten, und anschließend die darauf basierenden Internetzugänge vermarkten. Ebenso könnte Powerline, der Internetzugang über das Stromkabel, eine Alternative sein - falls diese Technik auch zuverlässig funktioniert. Diverse Energieversorger haben hierzulande diese Technik erprobt, jedoch ohne wirtschaftlichen Erfolg. Zuletzt hat der Mannheimer Energieversorger MVV Energie AG seine diesbezüglichen Aktivitäten abgewickelt. Ob die mangelnde Kundenakzeptanz an unüberwindbaren technischen Schwierigkeiten oder "nur" an Marketing-Fehlern der Energieversorger liegt, ist unklar.

Genauso attraktiv sind für United Internet möglicherweise drahtlose Zugangstechniken. Der neue Standard WiMAX bietet sich geradezu an. Ebenso sind UMTS-basierte Techniken denkbar, ähnlich dem von o2 avisierten surf@home. Schließlich ist selbst eine Art Mega-W-LAN-Hotspot denkbar. In diesem würden die Signale von W-LAN-Router zu W-LAN-Router hüpfen. Diese müsste man nur dicht genug aufstellen, zum Beispiel durch den Einbau in Straßenlaternen.

Jede Funktechnik hat jedoch auch ihre Nachteile. Für WiMAX steht das Drama der Frequenzvergabe noch bevor. Zwar dürfte es dieses Mal kein Wettsteigern wie vor viereinhalb Jahren bei UMTS geben. Umso größer jedoch die Gefahr, dass das Ergebnis der Lizenzvergabe am Schluss vor Gericht entschieden wird - vielleicht auch erst im Jahr 2010. DSL per UMTS geht nur über eine Kooperation mit den bestehenden Netzbetreibern, die ihre investierten Milliarden jedoch bald wieder reinholen wollen. Das setzt den Preisen nach unten eine Grenze. Bei Multi-Hop-Netzen mit billigen W-LAN-Basisstationen ist hingegen fast stündlich mit Störungen zu rechnen: Mal funkt eine schlecht abgeschirmte Mikrowelle dazwischen, mal ein neu eingerichtetes privates W-LAN, mal fällt einer der W-LAN-Knoten aus. Damit steht und fällt alles damit, dass das Netz sich selbständig neu organisieren kann, um fehlerhafte Netzelemente zu überbrücken. Zusätzlich ist die Kooperation mit den privaten Wohnungseigentümern erforderlich, denn im zweiten Hinterhof bietet das "Straßenlaternen-W-LAN" ohne zusätzliche Repeater garantiert keinen Empfang mehr.

Allen genannten Alternativtechniken zur Telekom-TAL - drahtgebunden wie drahtlos - ist zudem gemeinsam, dass sie ein geteiltes Übertragungsmedium verwenden. Wenn alle Kunden gleichzeitig Daten saugen, steht jedem Kunden damit womöglich nur noch ein Teil der maximal möglichen Bandbreite zur Verfügung. Allerdings lässt sich dieses Problem oft umgehen, indem man entsprechend mehr Basisstationen oder Einspeisungspunkte installiert und dadurch die jeweiligen Zellen verkleinert.

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