Amazon: Warum der Einstieg ins Kinogeschäft jetzt lohnt
AMC Entertainment-CEO Adam Aron (l.) bei einer Kinoeröffnung in Saudi-Arabien
Foto: REX/Shutterstock
Amazon gilt als besonders zielstrebig, wenn es darum geht, neue Geschäftsfelder zu erschließen. Seit langer Zeit betreibt der US-Konzern mit Prime Video bereits ein Streaming-Angebot und verfügt mit Amazon Studios ebenso über eigene Produktionskapazitäten für hochkarätige Serien und Filme. Doch damit nicht genug, so wurde in der Vergangenheit bereits kolportiert, dass CEO Jeff Bezos durchaus Interesse an der Übernahme einer großen Kinokette zeigt. Im Fokus stand dabei laut Medienberichten die kriselnde AMC Entertainment. Amerikas größter Betreiber von Multiplexkinos befindet sich durch die Corona-Pandemie in Schieflage, scheint jedoch mittlerweile auf dem Weg der Besserung. Außerdem dürfte sich die Kinolandschaft im kommenden Jahr grundsätzlich verändern.
Günstige Bewertung
AMC Entertainment-CEO Adam Aron (l.) bei einer Kinoeröffnung in Saudi-Arabien
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Zunächst ging der Aktienkurs der weltweit größten Kinokette kräftig in den Keller. Lag diese im Jahr 2018 noch bei fast 17 Euro je Anteilsschein, verzeichnete sie bis heute weit mehr als 50 Prozent Kursverlust. Amazon würde bei einer potenziellen Übernahme also ein gutes Geschäft machen, AMC verfügt aktuell über eine Marktkapitalisierung von 3,6 Milliarden Euro, hat aber im vergangenen Jahr weltweit aufgrund der Corona-Pandemie nur rund eine Milliarde Euro Umsatz eingefahren, was einem Verlust von 79 Prozent entspricht.
Darüber hinaus zog sich der chinesische Großaktionär Wanda Group bei AMC weitestgehend zurück, was Amazon neue Möglichkeiten eröffnen könnte. Bei einer potenziellen Übernahme hätte Amazon also im Hinblick auf die weitere Strategie freie Hand und müsste sich nicht mit anderen Großaktionären abstimmen. AMC ist aber vor allem aufgrund seiner Größe interessant, denn sie sind nicht nur in den USA größter Kinobetreiber, sondern auch in Europa mit Odeon bzw. den UCI-Kinos in Deutschland tätig. Amazon würde also mit einem Schlag weite Teile der Kinolandschaft in den USA und Europa kontrollieren.
Veränderte Bedingungen
Die Kinolandschaft in den USA hat sich durch die Corona-Pandemie gravierend verändert. Viele Kinos müssen langfristig schließen und verfügen nicht mehr über finanzielle Möglichkeiten, den Betrieb wieder aufzunehmen. Für AMC-Chef Adam Aron hat das aber positive Folgen, laut einem Bericht des "Wall Street Journal" steigerte seine Kinokette ihren Marktanteil durch diese Entwicklung um 25 Prozent. Bis Ende April konnten 600 Standorte der Kette ihren Betrieb wieder aufnehmen, dies gilt ebenso für 110 der 350 internationalen Standorte.
Positiv war für die Branche in diesem Zusammenhang der Start von "Godzilla vs. King Kong". Der WarnerMedia-Blockbuster erreichte an den US-Kinokassen im ersten Monat einen Umsatz von 90 Millionen US-Dollar und sollte laut WarnerMedia simultan im Streaming veröffentlicht werden. Damit konnte das Studio gleichzeitig seinem eigenen Streaming-Dienst HBO Max zu erheblichem Wachstum verhelfen. AT&T-CEO John Stankey zeigte sich vom Abonnentenwachstum bei HBO Max im Rahmen der Konzern-Hauptversammlung sehr erfreut.
Eine Einschätzung (von Björn König)
Dass Amazon immer wieder neue Geschäftsfelder erschließt, ist allgemein bekannt. Das Filmgeschäft gehört aber durch Streaming in der Tat zum Kern von Amazon und die Übernahme einer internationalen Multiplexkette erscheint vor diesem Hintergrund nur logisch, um mehr Einfluss auf die Verwertungskette zu erhalten. Andererseits fehlt Amazon noch ein wirklich wettbewerbsfähiges Produktionsstudio, Amazon Studios spielt sicherlich nicht auf dem gleichen Level wie Disney oder Warner.
Bauchschmerzen dürfte Amazons potenzieller Einstieg in die Kinobranche aber beim Wettbewerb erzeugen. Im teltarif.de-Interview hatte sich zum Beispiel bereits Holger Pfaff, Geschäftsführer des Kölner Cinedom, kritisch geäußert. Dies würde nach seiner Ansicht die Chancen kleinerer Filmproduzenten auf dem Markt nachhaltig schwächen, so käme niemand mehr am "Monopolisten Amazon" vorbei. Ob Amazon allerdings wirklich das Potenzial zum Monopolisten im Kinogeschäft hat, ist zweifelhaft. So möchte zum Beispiel auch Netflix seine Originals auf die große Leinwand bringen.
Bereits vor einiger Zeit wurde bereits über einen Einstieg von Amazon bei AMC Entertainment spekuliert.