Rückblick

Seit 20 Jahren: Mit Call by Call und Preselection billiger telefonieren

Mit der vollständigen Liberalisierung des Tele­kommuni­kations­marktes starteten vor 20 Jahren Call by Call und Preselection. Wir blicken auf die damals revolutionären Dienste zurück.
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Der 1. Januar 1998 war ein bemerkenswertes Datum: An diesem Tag verlor die Deutsche Telekom ihre monopolistische Stellung - den Weg zur Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes vor 20 Jahren haben wir bereits in einem separaten Bericht aufgezeigt. Nun konnten also alle Deutschen im Festnetz günstiger telefonieren - dank Call by Call und Preselection.

Beide Dienste waren damals neu und revolutionär, und sie sind bis heute nutzbar. Ihre Bedeutung hat zwar abgenommen - doch nach 20 Jahren lohnt ein Blick auf die beiden Techniken, die damals auf einen Schlag zu günstigeren Telefonrechnungen bei Telefonkunden führten.

Call by Call: Funktionsweise und Einschränkungen

20 Jahre Telefonieren per Call by Call und Preselection 20 Jahre Telefonieren per Call by Call und Preselection
Bild: teltarif.de
"Verbindungsnetzbetreiberkennzahl" - dieser sperrige Behördenbegriff bezeichnet die Call-by-Call-Vorwahlen, die ab Januar 1998 offiziell nutzbar waren. Hierbei muss gesagt werden, dass der international klingende Begriff "Call by Call" nicht einmal gescheites Englisch ist, auf Englisch heißt die Technik nämlich "Dial-Around-Service". Aber egal: Genauso wie "Handy" ist "Call by Call" seither ein urdeutscher Begriff, der englisch klingt.

Der Telefonanschluss des Kunden wird bei Call by Call weiterhin vom Teilnehmernetzbetreiber betrieben - in Deutschland also von der Deutschen Telekom. Andere Anbieter sind regulatorisch nie zum Anbieten von Call by Call verdonnert worden, obwohl das immer wieder im Gespräch war, auch bei Kabelnetzbetreibern und sogar bei Mobilfunkbetreibern. Der Kunde wählt also bei seinem Telefonat eine fünf- oder sechsstellige Verbindungsnetzbetreiberkennzahl in der Form 010xx beziehungsweise 0100xx vor der gewünschten Zielrufnummer und telefoniert dann über diesen Anbieter. Die Rechnungslegung erfolgt weiterhin über die Telekom-Rechnung. Ohne Call-by-Call-Vorwahl wird weiter über die Telekom zu deren Tarifen telefoniert.

Schon mit dem Start von Call by Call am 1. Januar 1998 gab es Einschränkungen, die bis heute nicht abgeschafft wurden: Wechselt ein Kunde zu einem alternativen Vollanschluss-Anbieter, kann er kein Call by Call mehr nutzen und muss zu den Konditionen des neuen Providers telefonieren. Auch die Preise für die Anwahl von Sonderrufnummern lassen sich durch Call by Call nicht senken - diese sind bundesweit einheitlich tarifiert.

Weiterentwicklungen von Call by Call: Ortsnetz und Tarifansage

Trotzdem blieb die Call-by-Call-Technik und -Regulierung in ihrer 20-jährigen Geschichte nicht unverändert: Seit dem 25. April 2003 ist Call by Call auch im Ortsnetz möglich - bis dahin mussten Ortsgespräche weiterhin über die Telekom geführt werden, wenngleich einige findige Unternehmen es auch zuvor schon geschafft hatten, über eine 0190-0-Rufnummerngasse beziehungsweise über das Vorwählen der Landesvorwahl +49 Call by Call auch im Ortsnetz anzubieten.

Aufgrund teils starker, häufiger und überraschender Preisänderungen müssen alle Call-by-Call-Anbieter seit Mai 2012 eine Tarifansage schalten. Vor dem Aufbau des eigentlichen Telefonats kann der Kunde also prüfen, ob der Preis noch stimmt, und gegebenenfalls schnell auflegen. Einige Anbieter, die als besonders seriös wahrgenommen werden wollen, geben für ihre Tarife freiwillig eine Tarifgarantie.

CbC: Seriöses Geschäftsmodell oder Möglichkeit für Abzocke?

Neben seriösen Call-by-Call-Anbietern, die rechtzeitig vorab über Tarifänderungen informierten, gab es immer wieder auch schwarze Schafe, die entweder recht kurzfristig oder auch mehrmals am Tag ihre Tarife änderten. Offenbar hatten die Anbieter herausgefunden, dass es Senioren und andere Verbraucher gibt, die sich eine Call-by-Call-Tarifübersicht auf Papier ausdrucken, neben das Telefon legen und dort dann oft wochenlang sorglos ohne weitere Kontrolle nutzen.

Call-by-Call-Telefonate werden nach wie vor über die Telekom-Rechnung abgerechnet Call-by-Call-Telefonate werden nach wie vor über die Telekom-Rechnung abgerechnet
Bild: teltarif.de
Hatte sich dann einmal eine Call-by-Call-Vorwahl zu einem bestimmten Ziel als "Schnäppchen" im Gedächtnis der Kunden eingeprägt, erhöhte manch ein Betreiber gerade für diese Nummer die Preise drastisch. Und das manchmal auch zu bestimmten Gelegenheiten, in denen traditionell viel ins Ausland telefoniert wird, beispielsweise an Weihnachten, zum Jahreswechsel oder in der Reisezeit. Auch in technischer Hinsicht gab es manchmal Probleme, wenn nach der Vorwahl einer Call-by-Call-Nummer wegen Überlastung des Anbieters das Besetztzeichen ertönte oder der Verbindungsaufbau fehlschlug.

Da die Tarifansage für eine bessere Transparenz erst 14 Jahre nach dem Start von Call by Call kam, mussten unabhängige Vergleichs- und Informations-Dienste wie beispielsweise teltarif.de in die Bresche springen, Tarife sammeln und die Verbraucher transparent und unabhängig informieren. Geschah dies in der Anfangszeit überwiegend durch das Web-Angebot und den teltarif.de-Newsletter, wurde später der Call-by-Call-Tarifvergleich die wichtigste Anlaufstelle. Dieser ist nicht nur im Internet abrufbar, auch regionale Tageszeitungen veröffentlichen Auszüge daraus. Ganz Hartgesottene können den Tarifvergleich sogar noch per Videotext am Fernseher abrufen.

Abnehmende Bedeutung von Call by Call

Wichtig zu wissen ist, dass die Deutsche Telekom auch heute noch dazu verpflichtet ist, Call by Call anzubieten, auch wenn sie manchmal etwas anderes behauptet. Übereifrige Kundendienst-Mitarbeiter an der Hotline oder in den Telekom-Shops nutzen manchmal die Umstellung des Telekom-Netzes auf All-IP dazu, den Kunden einen Bären aufzubinden und zu behaupten, Call by Call ginge nach der IP-Umstellung nicht mehr.

Das ist allerdings weder technisch noch regulatorisch korrekt, sondern dient offenbar eher dazu, dass die Telekom ihre Zusatzoptionen für Auslandstelefonate und Anrufe in Mobilfunknetze besser verkaufen kann. Die Telekom ist unabhängig von der Anschlusstechnik weiterhin dazu verpflichtet, Call by Call anzubieten - und wenn es nach dem Umstieg auf All-IP nicht mehr funktioniert, sollten Telekom-Kunden sich umgehend darüber beschweren. Der tatsächlich einzige Fall, in dem die Telekom Call by Call nicht mehr anbieten muss (und auch gar nicht kann) tritt dann ein, wenn die Telekom Anschlüsse bei ihren Mitbewerbern anmietet.

Dank bezahlbarer Flatrates für Telefonate in alle deutschen Netze benötigen viele Kunden heutzutage Call by Call nicht mehr, manche haben sogar ihren Festnetzanschluss ganz abgeschafft. Wichtig bleibt Call by Call weiterhin für Kunden, die regelmäßig auf einem Festnetz- oder Mobilfunkanschluss im Ausland anrufen - wenngleich hier in den vergangenen Jahren auch Gratis-VoIP-Dienste wie Skype, Hangouts, WhatsApp Call und andere an Bedeutung gewonnen haben.

Preselection: Heutzutage fast vergessene Technik

Wer ab Januar 1998 wusste, dass ihm die Telekom-Tarife dauerhaft zu teuer sind und wer die ständige Suche nach dem günstigsten Call-by-Call-Anbieter satt hatte, konnte auch dauerhaft über einen anderen Anbieter telefonieren, ohne die Telekom als Teilnehmernetzbetreiber zu verlassen.

Preselection ist also die dauerhafte Voreinstellung eines alternativen Verbindungsnetzbetreibers, mit dem in der Regel ein Vertrag abgeschlossen wird. Alle abgehenden Telefonate werden dann statt über die Telekom über diesen alternativen Anbieter geführt. Call by Call ist technisch weiterhin möglich.

Eingehende Anrufe kommen natürlich weiterhin über den Teilnehmernetzbetreiber, also über die Telekom. Und bei Preselection gilt dasselbe wie bei Call by Call: Anrufe zu Sonderrufnummern werden nicht über den Preselection-Provider abgerechnet, sondern weiterhin über die Telekom. Den Unterschied zwischen Preselection und Vollanschluss-Wechsel veranschaulichen wir in einer Übersichtstabelle.

Aktive Anbieter und Gründe für den Bedeutungsverlust

Heutzutage gibt es mehrere Alternativen zu Call by Call und Preselection Heutzutage gibt es mehrere Alternativen zu Call by Call und Preselection
Bild: AVM / teltarif.de
Auch wenn es fast unglaublich klingen mag: Auch heutzutage gibt es noch Preselection-Provider wie beispielsweise 01058 Telecom, Sekundig oder freenetphone, die ihre Dienste für Geschäfts- und Privatkunden anbieten.

Für den Bedeutungsverlust von Preselection gibt es aber mehrere Gründe: Heutzutage ist es viel einfacher als 1998, den Vollanschluss-Anbieter zu wechseln. Der Staat macht mittlerweile weitreichende Vorgaben, wie ein Vollanschluss-Wechsel abzulaufen hat und wie lange der bisherige Anbieter den Anschluss bei Wechsel-Problemen weiterlaufen lassen muss, damit keine Versorgungsunterbrechung eintritt.

Außerdem ist die Alternative zum DSL-Anschluss der Telekom heutzutage nicht einfach nur ein DSL-Anschluss eines anderen Anbieters, sondern gleich eine ganz andere Anschlusstechnik. Der massive Netzausbau und die deutlich höheren Downstreamraten der Kabel-Netzbetreiber haben dazu geführt, dass viele Verbraucher sich von DSL ganz abgewandt haben. Andere Verbraucher surfen komplett übers Mobilfunknetz - und wer in der Breitband-Wüste wohnt, vielleicht sogar über einen Satelliten-Anbieter.

Die Preselection-Anbieter haben aber auch an ihrem eigenen Grab mitgeschaufelt: Angesichts der aufkeimenden Telefonie-Flatrates waren die Preselection-Tarife irgendwann nicht mehr zeitgemäß. Im November 2012 startete easybell beispielsweise mit der bundesweit ersten Allnet-Flat im Festnetz.

Auch bei Preselection gab es Schwarze Schafe mit üblen Praktiken

Und ja: Auch bei den Preselection-Anbietern gab es - wie bei Call by Call - Schwarze Schafe. Verbraucher beschwerten sich beispielsweise darüber, dass sie von einem Preselection-Anbieter angerufen und für "billigeres Telefonieren" geworben wurden, dies am Telefon aber ablehnten. Erst mit der Rechnung bemerkten sie dann, dass der Anbieter ohne Zustimmung des Kunden einfach doch eine Preselection-Einrichtung bei der Telekom durchgeführt hatte. Gegebenenfalls hatte der Kunde damit unwissentlich zu einigen Zielen vielleicht sogar teurer telefoniert als über die Telekom und musste sich nun mit dem Widerruf des Preselection-Vertrags herumschlagen und seinem zu viel bezahlten Geld hinterherlaufen.

Im Gegensatz zu Call by Call, das tatsächlich noch zum Teil eine Daseinsberechtigung hat, gehört Preselection mittlerweile also verdientermaßen auf den Friedhof der Telekommunikations-Geschichte.

Mit VoIP, Callthrough, Callback und Ethno-Discountern oder über Messenger gibt es heutzutage vielfältige Möglichkeiten, auch ohne Call by Call oder Preselection günstiger beziehungsweise kostenlos zu telefonieren, beispielsweise ins Ausland. Alle diese Möglichkeiten haben wir in unserem Übersichts-Artikel zu Call-by-Call-Alternativen zusammengestellt.

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