Tele2: Nachhaltig mit Mobilfunk und Call by Call wachsen
Der Anbieter Tele2 gehört zu den Pionieren der alternativen Telekommunikationsanbieter in Deutschland und Europa.
Im Dezember 2020 hatte das Management von Tele2 Deutschland im Zuge eines Management Buy-Outs das Deutschlandgeschäft vom schwedischen Mutterkonzern Tele2 übernommen – verbunden mit dem Recht, die Marke "Tele2" in Deutschland weiterhin zu verwenden. Für die Kunden ändert sich also nichts.
Wir sprachen in einer Videokonferenz mit Steffen von Alberti, seit 2004 bei Tele2 und für Finanzen, Personal und Recht zuständig. Seit 2017 leitet er mit seinen Management-Kollegen Roland Zimmer und Thorsten von der Stück das Unternehmen.
Roland Zimmer ist seit 2008 dabei, er kümmert sich um den Kundenservice und leitet das Order-Management. Seit 2016 ist er im Management tätig, seit 2017 verantwortet er das Marketing.
Thorsten von der Stück ist seit 2009 dabei und kümmert sich um Abrechnungswesen ("Billing"), die IT (also Computer, Software) und das Thema Nachhaltigkeit.
Schwedische Wurzeln
Das Management von Tele2-Deutschland: Thorsten von der Stück, Steffen von Alberti, Roland Zimmer (v.l.)
Bild: Jochen Rolfes / Tele2
Der Tele2 Mutterkonzern wurde 1993 in Schweden gegründet und trat 1998 in den deutschen Markt sein.
Damals war das beherrschende Thema das Aufbrechen von althergebrachten Monopolen ("Incumbents"), die Liberalisierung des Marktes und der Aufbau neuer "vertikaler Märkte".
Im Jahre 2000 war das Unternehmen in 24 Ländern mit Festnetz, später auch Mobilfunk vertreten. Heute konzentriert sich Tele2 auf die Märkte in Schweden und dem Baltikum.
Am Anfang war Call-by-Call
Bekannt und groß geworden ist Tele2 mit Call-by-Call und der Sparvorwahl 0 10 13 (Null Zehn, Dreizehn), die noch heute über eine große Bekanntheit verfügt. Ab dem Jahr 2000 gehörte Tele2 zu den größten Anbietern von Pre-Selection (fest im Netz voreingestellte Call-by-Call Vorwahl). Auch wenn Call-by-Call und Pre-Selection nicht mehr die größten und wichtigsten Standbeine für Tele2 sind: Das Angebot gibt es noch heute.
2005 stieg Tele2 ebenfalls in den hart umkämpften DSL-Markt ein und startete 2006 das Joint Venture "Plusnet" – gemeinsam mit QSC –, um bundesweit Breitband anbieten zu können. Ab 2007 ergänzte Tele2 das eigene Tarifangebot um ULL (unbundled local loop), also Festnetzanschlüsse.
2010 stieg Tele2 schließlich aus dem Joint-Venture mit QSC wieder aus und arbeitet seitdem nach wie vor mit Plusnet zusammen für DSL (bis 2019) und ULL.
Seit 2011 bzw. 2013 bietet Tele2 als Service-Provider ebenfalls Mobilfunktarife an. 2011 startete dafür die Zusammenarbeit mit Vodafone, im Jahre 2013 kam E-Plus (heute o2) dazu. Mit T-Mobile gab und gibt es keinen Vertrag, in diese Richtung sei auch nichts geplant. Heute arbeitet das Unternehmen weitgehend mit dem Netzbetreiber Vodafone zusammen.
Seit dem Jahre 2019 kann Tele2 auch LTE-Tarife im Netz der Vodafone anbieten. Die Freischaltung von VoLTE (Telefonieren über LTE) ist Anfang 2021 erfolgt.
Tele2-Deutschland bleibt in Düsseldorf
Die Botschaft des neuen Management-Teams ist klar: "Bei der deutschen Tele2 wird sich quasi nichts ändern. Die Marke bleibt, der Standort Düsseldorf bleibt und das Personal bleibt. Und natürlich bleiben auch die Produktvielfalt und der Service in unveränderter Qualität erhalten. Geändert hat sich lediglich die Geschäftsleitung, das Unternehmen wird vom bisherigen Management fortgeführt."
In Düsseldorf gibt man sich selbstbewusst: "Wir glauben an Tele2 und den deutschen Markt. Wir sehen noch einiges an Potenzial, was wir ausschöpfen möchten."
Tele2 will in Zukunft farbiger werden. "Unsere Markenfarbe ist der Farbton Berry." Aber: Berry ist nur eine von fünf Farben, die in der CI (Corporate Identity) des Unternehmens verwendet wird. Die Farbtöne sind blau, orange, grün, berry und weiß.
Welche Produkte hat Tele2 im Programm?
Tele2 bietet seit langem reine Sprach-Telefonie, Internet+Telefonie (Breitband) und Mobilfunk an.
Dazu gehören die bewährten Produkte CbC (Call by Call) über die Vorwahl 010-13 und CPS (Customer Pre-Selection, fest voreingestellte Call-by-Call-Vorwahl, die durch Wahl von 010xx "überschrieben" werden kann.
Schon 2011 führte Tele2 ein "Festnetzersatzprodukt" ein, das in Kooperation mit Vodafone und Telefónica (o2) realisiert wird. Der Kunde behält seine Festnetzrufnummer, die über Mobilfunk und ein kleines Mobilfunk-Modem ins Haus kommt. An dieses Modem schließt der Kunde seinen gewohnten Festnetzapparat an.
Langfristig will sich Tele2 auf Mobilfunk konzentrieren – als Service-Provider.
Renaissance von Call-by-Call
Gemäß den Zahlen des Verbandes VATM wurde über Call-by-Call (inkl. Preselection) allein in 2020 etwa fünf Milliarden Minuten telefoniert. Seit dem Lockdown ist die Zahl der Telefonie-Minuten über Call-by-Call um etwa 45 Prozent gestiegen. Wie viele Minuten davon alleine über Tele2 laufen, verriet das Unternehmen nicht.
Bei Call-by-Call will Tele2 "stark engagiert" bleiben. Der Dienst CbC ist zwar bis 2022 gesichert, aber eine "Weiterführung darüber hinaus" hält man bei Tele2 für "nicht ausgeschlossen" und für „sehr sinnvoll“. Das kann das Unternehmen sogar gut begründen: Call-by-Call wird nach wie vor genutzt – von einer älteren Zielgruppe, die aber ohne Call-by-Call von Sparmöglichkeiten abgeschnitten ist. Für diese Zielgruppe will Tele2 sich stark machen und ihnen so lange es geht, ermöglichen, Call-by-Call zu nutzen.
Und wenn dann eines Tages CbC doch eingestellt werden sollte, wäre das schade, aber "kein Drama", denn "CbC war die starke Säule. Ist es nicht mehr."
Künftiger Schwerpunkt: Mobilfunk
Tele2 (Deutschland) hat seine Büros in Düsseldorf
Foto: Tele2
Mit Blick in die Zukunft hat Tele2 seit Anfang 2019 die Vermarktung des Mobilfunks verstärkt. Jetzt ist auch LTE (inkl. VoLTE) für die Mobilfunkkunden von Tele2 verfügbar.
2020 hat Tele2 am Markenauftritt gearbeitet. Neu ist ein "Mobilfunk-Spendentarif" wovon 1 Euro pro Monat je LTE-Allnet-Flat (im kleineren Tarif 50 Cent) an ausgewählte Spendenpartner fließen. Eine Preiserhöhung gab es dafür nicht. Erste Partner sind die gemeinnützigen Organisationen SOS-Kinderdorf e.V., ferner die Tafel Deutschland e.V., die Menschen mit Lebensmitteln versorgen und die Umwelt- und Klimainitiative "Deutschland forstet auf".
Die Kunden fanden die Idee gut: Diese Tarife seien kurz nach dem Start positiv aufgenommen worden. "Kann man beim Streamen Kindern helfen?" oder "Kann man beim Surfen Essen spenden?" oder "Kann meine Mail CO2 ausgleichen?" sind aktuelle Fragestellungen. Die Antwort von Tele2: "Klar geht das!"
Zielgruppe: Senioren
Tele2 möchte seinen Service für "ältere Leute" verstärken und hat dafür als Zusatz die kostenfreie Sorglos-Option entwickelt, die Senioren aktivieren können, um vor versteckten Kosten durch "Hosentaschenanrufe" geschützt zu werden. Angerufen werden können damit nur Rufnummern, die von der gebuchten Flatrate abgedeckt sind. Das könnte z.B. ein Tarif für die Großeltern sein. Im normalen Tarif kann die kostenlose "Sorglos Option" dazu gebucht werden, wenn es gewünscht ist.
Darüber hinaus hat Tele2 eine Kooperation mit dem auf "Senioren-Telefonen" spezialisierten Hersteller Doro aus Schweden aufgebaut, der Marktführer in diesem Segment ist. Doro bietet noch immer Tasten-Handys an, die für Senioren teils einfacher zu handhaben sind als Smartphones.
Darüber hinaus sind die Handys von Doro mit einem Betriebssystem ausgestattet, das – trotz Tasten – WhatsApp erlaubt. So können auch ältere Menschen mit ihren Familien in Kontakt bleiben. Ein weiterer Vorteil: Wenn ein Tele2-Kunde ein Doro-Gerät mitbestellt, werden 30 Minuten Installation und Technik-Service inklusive mitgeliefert.
Rückkehr zu Geschäftskunden
Tele2 ist Anfang 2021 wieder in die Welt der Geschäftskunden (B2B) eingestiegen. Hier bietet das Unternehmen der Geschäftswelt sieben verschiedene Cloud-Tarife, die über VDSL realisiert werden, was Tele2 von der Deutschen Telekom bezieht. Es kann dabei Rufnummern-spezifische Flatrates geben (Flatrates können auf einzelne Rufnummern gebucht werden). Tele2 sieht sich im Cloud-Telefonie-Markt als einziger Anbieter dieses Tarifmodells.
Beim Vertrieb setzt das Unternehmen weiterhin auf „Online“, ein Verkauf über den Fachhandel ist nicht vorgesehen.
Kooperation mit WEtell, Ende der Spar-Mentalität
Die Kooperation mit dem nachhaltig, ökologisch orientierten Anbieter WeTell ist der erste Schritt von Tele2 in Richtung Partnerschaftsmodelle. Diesen Ansatz möchte Tele2 später intensivieren.
Bei Tele2 ist man sicher, dass die reine Spar-Mentalität für viele vorbei ist. "Viele Kunden sind immer stärker nachhaltiger orientiert" und haben bestimmte Erwartungen an ein Unternehmen. Für die Zukunft hat sich Tele2 eine "nachhaltige Wachstumsstrategie" auf die Fahne geschrieben. "Wir wollen wachsen, aber nicht um jeden Preis. Die Nachhaltigkeit ist eine feste Säule in unserer Unternehmensstrategie.“
Lange im VATM aktiv dabei
Seit langem ist Tele2 Mitglied im Verband der Anbieter von Mehrwert und Telekommunikationsdienstleistungen (VATM). Tele2-Geschäftsführer von Alberti war bei den Call-by-Call-Verhandlungen mit der Telekom dabei. "Das war ein schöner Erfolg für Markt und Branche."
Sein Wunsch für die Zukunft: "Vieles ist im Dialog regelbar. Man braucht nicht immer die Bundesnetzagentur. Manchmal reicht es, miteinander zu sprechen", ein Eindruck, den wir auch anderer Stelle gewonnen haben.