Viertes Netz

1&1 will "Flächen-Frequenzen" für neues Handynetz

1&1 will für den flächen­deckenden Ausbau seines Mobil­funk­netzes geeig­nete Frequenzen.
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1&1 plant derzeit den Start eines neuen Mobil­funk­netzes in Deutsch­land. Noch in diesem Jahr soll das Angebot in ausge­wählten Regionen zunächst als draht­loser Fest­netz-Ersatz starten. Im kommenden Jahr will 1&1 mit klas­sischen Mobil­funk-Diensten loslegen. Dank National-Roaming-Abkommen mit Telefónica sollen die Kunden auch in Regionen tele­fonieren, simsen und im Internet surfen können, in denen das Unter­nehmen zunächst noch keine eigene Netz-Infra­struktur zur Verfü­gung hat.

Mittel­fris­tiges Ziel von 1&1 ist auch der Ausbau des eigenen Handy­netzes in die Fläche. Ob das klappt, hängt unter anderem davon ab, ob der Konzern weitere Mobil­funk-Frequenzen bekommen kann. Die aktuell verfüg­baren Kapa­zitäten im 3600- und 2600-MHz-Bereich sind zwar für Internet-Ange­bote mit hoher Band­breite gut geeignet, nicht aber für den Netz­ausbau in die Fläche. Auch Telekom, Voda­fone und Telefónica setzen diese hohen Frequenzen vor allem in Ballungs­zen­tren ein. Für die Flächen­ver­sor­gung kommen nied­rigere Frequenz­bereiche - beispiels­weise um 700, 800 und 900 MHz - zum Einsatz.

Dommer­muth will auch "Flächen-Frequenzen"

Weitere Frequenzen für das "vierte Netz"? Weitere Frequenzen für das "vierte Netz"?
Bild: Anbieter
Auf diese Frequenzen speku­liert auch 1&1, wie Ralph Dommer­muth, Chef des Unter­neh­mens, dem Handels­blatt in einem Inter­view verriet. Dabei gab sich Dommer­muth opti­mis­tisch: "Unser Netz wird das modernste in Europa sein", so Dommer­muth im Handels­blatt. Mit Sorge betrachte er die Neuver­gabe der "soge­nannten Flächen­fre­quenzen". Dommer­muth: "Für eine gute Versor­gung inner­halb von Gebäuden und außer­halb der Metro­polen benö­tigen auch wir diese Frequenzen", sagte er. Es gebe keinen Plan B.

In der Tat sind nied­rige Frequenzen für die In-Haus-Versor­gung auch in Ballungs­gebieten wichtig. Wer kennt nicht noch die Zeiten, als E-Plus-Kunden nur am Fenster Empfang hatten, weil die vom Düssel­dorfer Unter­nehmen seiner­zeit genutzten 1800-MHz-Frequenzen schlechter durch Wände drangen als die in den "D-Netzen" einge­setzten 900-MHz-Frequenzen? Welcher Telekom-Mobil­funk­kunde kennt nicht noch die Zeiten, als in Städten das LTE-Signal auf der Straße perfekt war, man in Häusern aber oft nur GSM und EDGE zur Verfü­gung hatte, weil für den 4G-Stan­dard im ersten Schritt Frequenzen im Bereich von 1800 und 2600 MHz verwendet wurden, die es kaum hinter die Haus­wand schafften. Das GSM-Netz dagegen war auf 900 MHz dort noch sehr gut zu empfangen.

Wie wert­voll die nied­rigen Frequenzen dank ihrer guten physi­kali­schen Ausbrei­tungs­bedin­gungen sind, wissen auch Telekom, Voda­fone und Telefónica. Die etablierten Netz­betreiber streben daher eine Verlän­gerung ihrer Nutzungs­rechte ohne Auktion an. Die Bundes­netz­agentur erwägt, diese Option in Betracht zu ziehen. 1&1-Chef Dommer­muth hält das für nicht akzep­tabel und will gege­benen­falls vor Gericht ziehen.

Verzö­gerungen beim Netz­ausbau?

Aber wie sieht es um den aktu­ellen Planungs­stand für den Netzauf- und ausbau bei 1&1 aus? Dommer­muth räumte im Handels­blatt-Inter­view ein, Verzö­gerungen gegen­über den ursprüng­lichen Vorhaben seien denkbar. Hinter­grund seien der Ukraine-Krieg und die immer noch labilen Liefer­ketten, die vielen Unter­nehmen bereits seit mehr als zwei Jahren zu schaffen machen. Derzeit gebe es aber "keine Anzei­chen" für Verzö­gerungen.

1&1 strebt ein Netz "ohne tech­nische Altlasten" an, das auch Echt­zeit-Anwen­dungen wie die Steue­rung autonom fahrender Autos ermög­liche. Um möglichst nied­rige Reak­tions­zeiten zu errei­chen, sollen die Basis­sta­tionen an ein Netz aus 500 über ganz Deutsch­land verteilte Rechen­zen­tren ange­bunden werden.

In einer weiteren Meldung haben wir bereits darüber berichtet, dass die ersten 500 Basis­sta­tionen des 1&1-Netzes im Anmarsch sind.

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