Trotz Home-Office: 1&1 berechnet Telefonkonferenzen extra
Telefonkonferenzen kosten auch weiterhin bei 1und1 extra - trotz Flatrate.
Bild: 1und1, Screenshot: teltarif.de
Damit die Teilnahme an Telefonkonferenzen nicht teuer wird, bieten zahlreiche Anbieter seit vielen Jahren Festnetznummern für das Einwählen in den Konferenzraum an. Bei fast allen Providern kostet die Teilnahme an einer derartigen Konferenz also keine Zusatzgebühr, wenn der Kunden eine Festnetz- oder Allnet-Flat hat.
Ebenfalls seit vielen Jahren bildet 1&1 hierbei eine unrühmliche Ausnahme, und zwar sowohl bei seinen Festnetz- als auch bei seinen Handy-Tarifen. Und selbst in Zeiten, wo viele Arbeitnehmer im Home-Office arbeiten müssen, lässt 1&1 nicht von dieser Praxis ab.
Separate Preislisten für Konferenzdienste
Telefonkonferenzen kosten auch weiterhin bei 1und1 extra - trotz Flatrate.
Bild: 1und1, Screenshot: teltarif.de
Schon seit vielen Jahren hat 1&1 auf einer speziellen Hilfeseite
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zwei PDF-Preislisten hinterlegt (für Festnetz und Mobilfunk). Darin befinden sich lange Listen von Festnetznummern. Diese Festnetznummern sind Telefonkonferenzdiensten zugeordnet.
Wer also als 1&1-Kunde einer dieser Festnetznummern anruft in der Erwartung, diese wäre in der Festnetz- oder Allnet-Flat eingeschlossen, täuscht sich. 1&1 berechnet diese Anrufe mit 2,9 Cent pro Minute. Beide Preislisten werden regelmäßig aktualisiert und es werden immer wieder neue Dienste hinzugefügt, zuletzt am 11. Mai.
Ein kleines Rechenbeispiel: Wer an 22 Arbeitstagen monatlich jeweils 60 Minuten täglich an einer Telefonkonferenz über eine dieser Nummern teilnehmen muss, bezahlt bei 1&1 satte 38,28 Euro monatlich extra dafür - und das möglicherweise, ohne es zu wissen. Wer mehr als eine Stunde täglich in Konferenzen verbringt, verursacht noch höhere Zusatzkosten.
Trotz Informationen: Extra-Berechnung weitgehend unbekannt
teltarif.de berichtet seit Jahren immer wieder über diese Praxis. 2008 hatte 1&1 Konferenznummern zum Teil noch rigoros ausgesperrt und dabei auf seine AGB verwiesen. 1&1 hat dann im Frühjahr 2011 seine damaligen Kunden erstmals über die Extra-Berechnung informiert, im August 2011 hatten wir bemängelt, dass die Betroffenen beim Rufaufbau nicht über die Extrakosten informiert werden. Das ist bis heute so. 2015 warnte teltarif.de erneut in einem Sammelartikel zu Flatrates, der 2018 in überarbeiteter Form wiederveröffentlicht wurde. Auch auf unserer Ratgeberseite zu Kostenfallen beim Handy schildern wir das Problem.
Doch es nützt nichts: Offenbar wissen nach wie vor zahlreiche 1&1-Kunden nicht, dass die Anwahl dieser Rufnummern bei ihrem Tarif extra berechnet wird. Seit Beginn des Corona-Lockdowns Mitte März haben sich inzwischen schon zwei teltarif.de-Leser bei uns gemeldet, bei denen Kosten für die Anwahl von Konferenzdiensten separat auf der 1&1-Rechnung aufgetaucht sind - in einem Fall sind es deutlich über 200 Euro. Das Problem ist, dass Begriffe wie "Flatrate" oder "Allnet-Flat" keiner gesetzlichen Definition unterliegen - jeder Anbieter darf sie so interpretieren, wie er möchte.
1&1 will Praxis nicht beenden
Wir nahmen die aktuelle Situation also nochmals zum Anlass, bei 1&1 nachzufragen, ob es keine Überlegungen gab, zumindest während der Corona-Zeit die Extra-Berechnung von Telefonkonferenz-Diensten mit Festnetznummer auszusetzen. Darüber hinaus wollten wir wissen, ob es nicht zumindest während der Corona-Zeit möglich wäre, die Kunden, bei denen auf der Rechnung Posten für die Anwahl von Konferenzdiensten auftreten, nach einem Betrag von 5 oder 10 Euro sofort zu informieren, damit diese ihr Verhalten ändern können (anstatt stillschweigend auf eine hohe Rechnung zu hoffen).
Schließlich wollten wir wissen, warum 1&1 als wahrscheinlich letzter Provider überhaupt noch an einer derartigen Praxis festhält, während so gut wie alle anderen Provider darauf verzichten. Auf unsere Anfrage schrieb uns eine 1&1-Sprecherin:
In den 1&1 DSL- oder Mobilfunkverträgen ist eine Telefon-Flat enthalten, mit der Kunden kostenlos ins deutsche Festnetz telefonieren. Sogenannten Service- und Konferenzdienste sind Ausnahmen, die nicht mit der 1&1 Telefon-Flatrate abgedeckt werden - wie Sie richtig anmerken. Die Berechnung erfolgt in einer 60/60-Taktung zu 2,9 Cent pro Minute (brutto). Darüber informieren wir unsere Kunden an mehreren Stellen wie in dem Artikel im 1&1 Hilfe-Center, den Sie auch nennen sowie in unseren Allgemeinen Geschäftsbedingungen und in den jeweiligen Tarifdetails der DSL- und Mobilfunk-Tarife.Unsere Telefon-Flatrates beziehen sich auf eine Kommunikation von Mensch zu Mensch; daher werden Konferenzdienste gesondert ausgewiesen. Die anfallenden Kosten der Konferenzdienste, die auch nur von wenigen Kunden genutzt werden, stellen wir daher eben diesen einzelnen Kunden in Rechnung anstatt die Kosten auf alle Kunden umzulegen.
Das sind die Alternativen
Wer vom Arbeitgeber die Nutzung eines konkreten Telefonkonferenzdienstes vorgeschrieben bekommt, kann natürlich nicht einfach zu einem anderen Dienst wechseln. In diesem Fall sollte man sich überlegen, mit dem eigenen Festnetz- oder Mobilfunkanschluss zu Hause nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit zu einem anderen Anbieter zu wechseln (Tarifvergleich DSL- und Kabelanbieter und Tarifvergleich Handy-Tarife).
Eine andere Möglichkeit ist, bei 1&1 zu bleiben, die Tarife aber nicht mehr für Telefonkonferenzen zu nutzen. In diesem Fall kann man sich eine günstige Allnet-Flat bei einem Handy-Provider extra für die Telefonkonferenzen besorgen. Die momentan günstigste Allnet-Flat - sogar im Telekom-Netz - bietet Norma Connect mit 4 Euro pro 28 Tage (Norma Connect Allnet-Flat im Tarifcheck).
Falls man die Möglichkeit hat, auf den Arbeitgeber einzuwirken, kann auch die Verwendung von kostenlosen Video-Konferenzen über das Internet eine Alternative sein.