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Gratis-Musikstreaming von YouTube Music im Praxistest

Seit einer Woche gibt es YouTube Music in Deutschland. Derzeit wirkt das Angebot aber noch unfertig. Wir zeigen die positiven Aspekte des Spotify-Konkurrenten auf, berichten aber auch über die Schwachstellen.
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Seit einer Woche ist YouTube Music als neuer Konkurrent für Spotify und Apple Music, Amazon Prime Music und Deezer in Deutschland verfügbar. Wir haben den Dienst schon kurz vor dem Start in Bildern vorgestellt und später auch gezeigt, wie er in der Browser-Version am Desktop funktioniert. Nun liegen sieben Tage Nutzung hinter uns, sodass es an der Zeit für eine erste Zwischenbilanz ist.

Positiv ist im Langzeittest die Funktion "Mein Mixtape" aufgefallen, die sukzessive den Musikgeschmack des Nutzers anhand bisheriger Hörgewohnheiten "lernt". Das klappte im Test sehr gut. Spotify hat eine ähnliche Funktion, die sich die Nutzungsgewohnheiten des Hörers ebenfalls im Laufe der Zeit zu eigen macht. Allerdings hört man bei Spotify oft nur Titel, die zwar zum eigenen Musikgeschmack passen, die man aber schon kennt. YouTube Music funktionierte dagegen besser zum Entdecken bislang unbekannter Künstler oder Songs.

Mixtape funktioniert auch offline

YouTube Music setzt auch auf Videos YouTube Music setzt auch auf Videos
Foto: teltarif.de
Das Mixtape gibt es zudem für Kunden, die die nach Ablauf der ersten drei Monate kostenpflichtige Premium-Version von YouTube Music abonnieren, auch als Offline-Variante. Hier werden stets bis zu 100 Songs zur Nutzung ohne Datenverbindung bereitgehalten, die zu den musikalischen Vorlieben des Hörers passen. Die Idee ist gut. So hat der Nutzer auch dann offline Musik zur Verfügung, wenn er normalerweise keine Alben oder Playlisten gezielt auf sein Gerät herunterlädt.

Unschön sind die oft längeren Pausen zwischen zwei Musiktiteln. Das bekommen sämtliche Mitbewerber besser hin. Bei Spotify ist es sogar möglich, das Crossfade manuell anzupassen, die nahtlose Wiedergabe zu erzwingen und eine Audio-Normalisierung auf ein einheitliches Lautstärke-Niveau einzurichten. YouTube Music kennt derartige Optimierungen derzeit noch nicht.

Kein Datenabgleich mit Google Play Musik

Das Mixtape gibt es auch offline Das Mixtape gibt es auch offline
Foto: teltarif.de
Unverständlich ist zudem die fehlende Daten-Synchronisation zwischen Google Play Musik und YouTube Music. Beide Dienste können mit dem gleichen Abonnement genutzt werden, aber Playlisten, die bei Google Play Musik vielleicht in längerer, mühevoller Kleinarbeit angelegt wurden, lassen sich derzeit nicht in YouTube Music nutzen und müssen dort bei Bedarf erneut angelegt werden.

Nachholbedarf hat YouTube Music auch hinsichtlich der integrierten Playlisten. Hier bieten Spotify oder Apple Music deutlich mehr und sind vielseitiger. Allerdings zeigte sich bereits in den ersten Tagen, dass YouTube seinen Musikbestand kontinuierlich ausbaut. Manche Songs waren am vergangenen Montag noch nicht zu finden, während sie im Laufe der Woche nachgepflegt wurden.

YouTube Music ohne Radiokanäle

Beim neuen Streaming-Angebot von YouTube fehlen noch "Radiokanäle", wie sie Apple Music oder auch Spotify für verschiedene Musikrichtungen oder Dekaden anbieten. Dafür bekommen die Nutzer Empfehlungen, bei denen auch Aufenthaltsort und Tageszeit mitberücksichtigt werden. Hier ist es sicher Ansichtssache, wie gut das in der Praxis funktioniert. Wirklich merkbar waren mögliche Unterschiede bei den Empfehlungen zuhause, im Büro oder auf Reisen nicht.

YouTube Music kommt mit endlosem personalisiertem Musikstream YouTube Music kommt mit endlosem personalisiertem Musikstream
Foto: teltarif.de
Nachteilig ist auch die Klangqualität, zumal sich diese bislang nicht einmal anpassen lässt. Bei guter Internetverbindung wird mit 128  kBit/s gestreamt, bei schlechterer Datenleitung mit 64 kBit/s. Unklar bleibt, welches Dateiformat genutzt wird. Zudem fehlt eine Option zum Streaming in höherer Qualität. Hier sollte YouTube dringend nachbessern, denn der Sound ist zwar nicht wirklich schlecht. Im direkten Vergleich mit den selben Titeln klingen Spotify und Apple Music aber besser.

Gratis-Version nicht sinnvoll nutzbar

Die dauerhaft kostenfreie, werbefinanzierte Version von YouTube Music hat sich als kaum sinnvoll nutzbar herausgestellt. Sie funktioniert nur bei geöffneter App. Sobald diese am Smartphone oder Tablet geschlossen wird, etwa um zwischendurch eine WhatsApp-Nachricht zu lesen oder zu beantworten, endet die Musik-Wiedergabe. Diese wird auch nicht automatisch wieder gestartet, wenn die Anwendung erneut geöffnet wird. Stattdessen muss der Nutzer erneut manuell eingreifen.

Die Android-App weist noch eine weitere Einschränkung auf. Downloads können nur auf dem internen Speicher des Telefons abgelegt werden. Das Auslagern auf eine möglicherweise vorhandene Speicherkarte ist nicht vorgesehen. Einzige Ausnahme wäre die Konfiguration der microSD-Karte als Erweiterung für den internen Speicher. Bei der iOS-Version ist diese Einschränkung unerheblich. Bei iPhone und iPad ist die Nutzung zusätzlicher Speichermedien ohnehin nicht vorgesehen.

Kein Zero Rating - Auslandsnutzung unklar

Bei Musikvorschlägen wird auch die Tageszeit berücksichtigt Bei Musikvorschlägen wird auch die Tageszeit berücksichtigt
Foto: teltarif.de
Für Mobilfunk-Vertragskunden von Deutsche Telekom und Vodafone ist es nachteilig, dass zwar YouTube selbst, nicht aber das separate Musikstreaming-Angebot Bestandteil der Zero-Rating-Optionen StreamOn bzw. Vodafone Pass ist. Auch Google Play Musik war bei beiden Tarifoptionen bislang nicht vertreten - möglicherweise aber auch aus dem Grund, weil der Dienst ohnehin durch YouTube Music abgelöst werden sollte. Unklar ist indes auch die Auslandsnutzung - etwa im Urlaub in einem Land, in dem der Streamingdienst noch nicht gestartet ist. In Deutschland funktionierte der Zugriff ohne VPN erst nach entsprechender Freischaltung am vergangenen Montag.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass viele Details bei YouTube Music derzeit noch unfertig wirken und der Dienst vielleicht einige Monate zu früh ins Rennen geschickt wurde. Das erinnert ein bisschen an die ersten Gehversuche von Apple Music, die auch wenig erfolgreich waren. Nach einem Jahr hatte Apple seine Musik-App runderneuert und seitdem verkauft sich auch der Streamingdienst besser. Bleibt zu hoffen, dass YouTube Music vielleicht früher in die Spur findet und zum Start noch fehlende Features nachliefert. Potenzial hat das Angebot in jedem Fall.

In einem Ratgeber stellen wir Ihnen die Mitbewerber von YouTube Music vor.

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