Connected Consumer: Wenn der Bus weiß, wo man hin will
Vernetzung und intelligente Technologien werden unseren Alltag im nächsten Jahrzehnt grundlegend verändern. Dazu hat die Vodafone Group eine Studie vorgestellt. Der "Connected Consumer 2030 Report" (CC2030) untersucht die wichtigen Trends, die unseren Alltag am Ende des Jahrzehnts bedeutend beeinflussen dürften, und worin die digitale Vernetzung eine entscheidende ("treibende") Rolle spielen wird.
Künftig autonom Auto fahren (lassen) und dabei ein Buch lesen?
Foto: Vodafone
Die Studie sieht voraus, dass "intelligent vernetzte" Geräte beispielsweise beim Klimawandel, der Verknappung natürlicher Ressourcen oder der alternden Bevölkerung helfen können. "Leistungsstarke Kommunikationsnetze" sollen zuverlässig Menschen, Maschinen und Natur miteinander verbinden – schon heute und erst recht in der Zukunft. Goldene Zeiten für Netzbetreiber.
Vernetzung wird Bestandteils des täglichen Lebens
Im Prinzip heute schon möglich: Der vernetzte Arbeitsplatz im Zug oder im Flugzeug - sofern es eine stabile Netzversorgung gibt.
Foto: Vodafone
Lutfu Kitapci, Chef von "Vodafone Smart Tech", erklärt, um was es ihm geht: „In den letzten zwei Jahren hat sich die Vernetzung zu einem festen Bestandteil unseres täglichen Lebens entwickelt. Sie hilft uns, mit Menschen und Dingen, die uns am wichtigsten sind, in Kontakt zu bleiben und alltägliche Herausforderungen zu lösen. Die Ergebnisse des ‚The Connected Consumer 2030 Report‘ machen deutlich, wie schnell sich der Wandel vollzieht und wie wir mit unseren Konnektivitätslösungen im Mittelpunkt stehen werden – um Regierungen, Unternehmen und Verbraucher bei der Bewältigung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen des kommenden Jahrzehnts zu unterstützen.“
Chris Sanderson, Mitbegründer des Zukunftslabors ("The Future Laboratory") sagt voraus: „Uns steht ein Jahrzehnt der exponentiellen Veränderungen bevor. Vernetzung ist der Schlüssel zu diesem Wandel und hilft uns, anders zu denken und neu zu definieren, wozu die Gesellschaft fähig ist.“
Valentina Contini, Gründerin des Porsche Engineering Innovation Lab und Verfasserin eines wichtigen Betrags zum Thema, ist optimistisch: „In dem Moment, in dem die Bürger und die Infrastruktur miteinander verbunden sind, ist ein ganzheitlicher Blick auf verschiedene Regionen und die dort lebenden Menschen möglich. Diese Sichtweise wird vielfältige Möglichkeiten für positive Veränderungen schaffen.“
125 Milliarden vernetzte Geräte
Bis 2030 sagt MarTech Advisor die unglaubliche Zahl von 125 Milliarden weltweit vernetzten Geräten voraus. Intelligente Lösungen würden sich "unauffällig" in das Leben der Menschen einfügen, das wäre der Trend im nächsten Jahrzehnt. Anstatt auf Geräusche zu reagieren, würden diese Geräte Signale erkennen, die das Gehirn sendet.
Vernetzte Pflege, intelligente Städte, schlauer Verkehr, Nachhaltigkeit
Der in Zusammenarbeit mit dem "The Future Laboratory" veröffentlichte Bericht sagt voraus, wie Innovationen aus den Bereichen vernetzte Pflege, intelligente Städte und Verkehr, Konnektivität, Nachhaltigkeit und Zukunftstechnologie dazu beitragen könnten, die gegenwärtigen Herausforderungen zukünftig zu lösen und den Alltag zu verbessern.
Smart Healthcare: Intelligente Geräte erkennen Krankheiten
Bessere Netze erlauben besseren und schnelleren Austausch von Medizindaten, hier am holographischen Modell des Kopfes.
Foto: Vodafone
Während der globalen Pandemie im Jahre 2020 hatten 90 Prozent der Länder mit einer Beeinträchtigung ihrer Gesundheitssysteme zu tun, wie die WHO feststellt. Die Sorge um die Gesundheit der Bevölkerung habe die Digitalisierung im Gesundheitswesen vorangetrieben und die Innovationskraft bei vernetzter Pflege und Vorsorge gefördert, stellt der Bericht fest.
In den nächsten zehn Jahren würden private Haushalte smarte Dienste nutzen, die den Gesundheitszustand der Menschen aktiv überwachen und diagnostizieren können. Die Idee ist, potenzielle Gesundheitsprobleme frühzeitig zu erkennen. Die Forscher sehen darin ein Modell für präventive Gesundheitsfürsorge, was der Branche Kosten in Höhe von 39 Milliarden Euro pro Jahr einsparen könnte, wie die University of North Carolina ermittelt hat.
Diagnose im Badezimmer
Ein praktisches Beispiel: Der heimische Badezimmerspiegel könnte mit Sensoren ausgestattet werden, die den Blutfluss des Menschen vor dem Spiegel überprüfen und ungewöhnliche Veränderungen der Hautfarbe erkennen. Intelligente Lautsprecher (und deren Mikrofone) würden Geräusche wie Husten und Niesen automatisch erfassen und umgehend ein passendes Rezept zur Behandlung von Erkältungen anfordern.
Solche Geräte wären in der Lage, lebenswichtige Messwerte wie Flüssigkeitszufuhr, Blutzucker und Blutdruck zu ermitteln, chronische Gesundheitszustände vorherzusagen oder zu verhindern. Die vernetzte Pflege werde auch entscheidend dazu beitragen, die Unabhängigkeit der immer älter werdenden Bevölkerung zu erhöhen. Denn sie ermögliche es den Menschen, bis ins hohe Alter ohne Betreuung und in vertrauter Umgebung zu leben.
Gedanken steuern Geräte
Für Freunde gepflegter Science Fiction sollen tragbare Geräte außerhalb der häuslichen Umgebung in der Lage sein, über die Sprachsteuerung hinauszugehen und direkt mit den Gedanken des Nutzers zu interagieren. Konkret: "Wir brauchen den Befehl einfach nur im Kopf zu ‚denken‘, ohne ihn laut aussprechen zu müssen – und schon beginnen die intelligenten Assistenten mit der Ausführung. Das eröffnet ganz neue Möglichkeiten – eine Zukunft ohne Bildschirme und ein Leben in einem Metaversum, in dem die Kommunikation mit Geräten über neuronale Netze erfolgt", so die Forscher. Das könnte es den Nutzern ermöglichen, mentale Notizen zu machen oder stumm mit ihren smarten Geräten zu kommunizieren.
Vernetzte Bäume zur Erreichung des weltweiten Klimaziels
Ökologische Häuser mit Solarstrom bestens vernetzt, um Ressourcen optimal nutzen zu können.
Foto: Vodafone
Weniger als zehn Jahre verbleiben, um das weltweite Klimaziel zu erreichen und die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Gerade hier kann Vernetzung ein wichtiger Baustein bei den Bemühungen um die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt sein, findet Nature4Climate.
Gegen Ende des Jahrzehnts könnten Bäume, Wiesen und sogar Ozeane vernetzt sein, so dass Auswirkungen von Regenerationsprogrammen besser überwacht und potenzielle Bedrohungen schneller bewertet werden können. Sensoren in smarten Städten könnten Millionen Daten liefern, um beispielsweise überschüssige Energie zu ermitteln und umzuleiten. So könnte ungenutzter Strom und überschüssige Wärme von Gebäuden an umliegende Häuser oder öffentliche Räume abgegeben werden. Smarte Dienste könnten die Verbraucher bei ihren täglichen Konsum-Entscheidungen unterstützen – ihnen Produkt-Informationen zu Herkunft, Zusammensetzung oder zum ökologischen Fußabdruck liefern. Vernetzung wird eine zentrale Rolle bei der Einhaltung von Nachhaltigkeitszielen spielen.
Mobilität der Zukunft
Selbstfahrende Kleinbusse gibt es (theoretisch) heute schon, es hängt noch an Kosten und Kompetenzgerangel.
Foto: Vodafone
Im "Quarter Car" ist der Innenraum durch Trennwände abgegrenzt und kann in vier individuelle Sitze unterteilt werden. So können sich Fahrer zwischen einer privaten und geselligen Fahrt entscheiden. Autonome Fahrzeuge werden die Art und Weise, wie wir uns zukünftig fortbewegen, stark verändern. Mithilfe von immersiven Hologrammen könnten E-Commerce-Marken den Fahrgästen während der Fahrt in Bus und Bahn ihre neuesten Kollektionen präsentieren und diese gleich an einem passenden Geschäft absetzen.
Schon beim Einsteigen in ein Fahrzeug können Fahrgäste die Route über ihre persönlichen Assistenzgeräte steuern und eine Auswahl verschiedener Sehenswürdigkeiten, Arbeits- und Freizeit-Angeboten treffen. So werde ein individuell auf den Fahrgast zugeschnittenes Erlebnis geboten.
Persönliche Daten als "neue Währung"
In dem Maße, wie das Bewusstsein für den Wert persönlicher Daten wächst, werden die Verbraucher in Zukunft hyperpersonalisierte Dienste und Erlebnisse als Gegenleistung dafür verlangen. 44 Prozent der Menschen weltweit verzichten lieber auf personalisierte Inhalte, als Informationen zu teilen, hat "The Conference Board" ermittelt. Damit werden persönliche Daten zu einer Währung, die Marken zukünftig entweder bezahlen oder im Austausch dafür ein verbessertes – hyperpersonalisiertes – Erlebnis anbieten müssen. Bekommt der Kunde genau das, was er will, oder das, was Algorithmen oder aktive Verkäufer gerade für opportun oder lieferbar erachten?
Der CC2030-Bericht befasst sich auch mit den menschlichen Verhaltensweisen, welche die künftigen Innovationen prägen werden, darunter die Sorge um das körperliche und geistige Wohlbefinden sowie die Forderung, nach mehr Lebensqualität und funktionaler Infrastruktur in Städten.
Zum Connected-Consumer-Report hat Vodafone ein Video ins Netz gestellt:
Wer sich für Details interessiert, kann sich den Bericht im Internet herunterladen [Link entfernt] , der Preis ist die Bekanntgabe von Vornamen, Namen, Firmennamen, Position und einer erreichbaren E-Mail Adresse.Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Dass ein weltweit aktiver Netzbetreiber wie die Vodafone Group sich Gedanken um die Zukunft macht, ist richtig und wichtig. Würden sie es nicht tun, würden sie früher oder später von Entwicklungen und Kundennachfragen überrollt, was für Frust und zur Abwanderung von Kunden führen könnte.
Einiges klingt etwas utopisch, anderes lässt einen schaudern. Wird bald der Tag kommen, wo Gedanken nicht mehr frei und privat, sondern einfach "abhörbar" sind? Wollen wir das? Wenn wir dann im autonomen Bus fahren, werden wir mit holographischer Werbung berieselt, für Produkte, die uns vielleicht gar nicht interessieren? Oder kennt der Bus unsere Interessen und verführt uns zum Konsum?
Wenn wir in der Freizeit oder beruflich unterwegs schon wieder in ein Funkloch fallen, stellt sich die ewige Frage: Wie werden diese Netze in 10 Jahren ausgebaut sein? Wird es weiter drei oder vier gleich gute (oder gleich schlechte) Netze geben? Oder bleibt es beim bunten Ausbau-Teppich, wo Netz A hier, aber dort nicht und Netz B vielleicht dort, aber hier nicht funktioniert?
Und können wir uns in Zukunft überhaupt noch trauen, mit einem Anbieter irgendeine Form von Geschäftsbeziehung einzugehen, ohne sofort mit zig Verträgen und Freischaltungen, Geräten, Diensten und Funktionen beglückt zu werden, von denen unser Anbieter glaubt, dass wir sie unbedingt bräuchten und haben müssten, das aber vielleicht so gar nicht wollen?
Viele Fragen - jetzt und in Zukunft.