Netflix: Mehr Umsatz mit neuer Strategie?
Kürzlich gab es zwei sehr interessante Nachrichten, welche sich beide um Netflix drehen. Eine davon betrifft direkt alle aktuellen und neuen Kunden des Streamers, die andere lässt eher Fernsehsender hellhörig werden. In beiden Fällen dreht sich aber natürlich wie immer alles um Geld und die Strategie von Netflix im Wettbewerb mit der durchaus sehr starken Konkurrenz. Und dort geht man in Los Gatos mittlerweile offenbar einen völlig anderen Weg als die großen Hollywoodstudios.
Verbot von Account-Sharing
Anya Taylor-Joy als Beth Harmon im "Damengambit" auf Netflix
Foto: Phil Bray/Netflix
Im Prinzip ist der Gedanke leicht nachvollziehbar: Netflix verdient nur Geld mit zahlenden Abonnenten. Wenn sich mehrere Nutzer ein Konto teilen, geht dem Branchenprimus viel Geld durch die Lappen. Netflix hat also ein berechtigtes Interesse, dass jeder Zuschauer auch für sein eigenes Nutzerkonto bezahlt.
Das Problem aus Abonnentensicht ist jedoch, dass der Streamer in den vergangenen Jahren immer wieder mit Preiserhöhungen auffiel, weshalb sich ein Einzelabo für viele Nutzer schlicht und einfach nicht mehr lohnt. Man teilt sich einfach mit anderen ein Konto und auch die monatliche Abogebühr. Die Kalkulation von Netflix: Jeder Nutzer eines Gemeinschaftskontos schließt nun ein Einzelabo ab, schließlich will man ja nicht auf die Inhalte verzichten. Ob das allerdings aufgeht, ist mehr als fraglich.
So mancher Zuschauer wird die neue Netflix-Strategie wohl eher zum Anlass nehmen, sich auf dem Streaming-Markt neu zu orientieren und nach einem günstigeren Abo zu suchen. Und eben davon gibt es ja mittlerweile reichlich, mit HBO Max und Paramount+ kommen auf Dauer höchstwahrscheinlich sogar noch weitere Angebote hinzu. Das Ziel, mehr Abos zu verkaufen, ist absolut sinnvoll. Allerdings nicht durch ein Verbot von Account-Sharing, sondern durch günstigere Preise und attraktivere Inhalte.
Lizenzen an TV-Sender
Mit älteren Filmen und Serien verdient Netflix im Prinzip kein Geld. Diese liegen mehr oder weniger im Katalog und werden gegenüber neuen Produktionen nur noch wenig geschaut. Also ist Netflix mittlerweile auf die Idee gekommen, Eigenproduktionen wie beispielsweise "Bird Box" an andere TV-Sender zu lizenzieren. Einerseits ließe sich damit gutes Geld verdienen, womit sich weitere Preiserhöhungen für Abonnenten oder sogar die Einführung von Werbung verhindern ließe.
Auf der anderen Seite ist aber auch dieser Schritt ein gewagter Spagat, denn damit würde Netflix an Exklusivität verlieren. Die Eigenproduktionen wurden ja gerade mit dem Ziel eingeführt, ein Alleinstellungsmerkmal zu bieten. Wenn ein deutscher Zuschauer aber beispielsweise Netflix-Serien früher oder später ohnehin kostenlos im deutschen Free TV sehen kann, steigert das nicht gerade die Motivation, ein Netflix-Abo abzuschließen und dafür monatlich Geld auszugeben. Alle anderen US-Studios gehen beim Thema Lizenzinhalte genau den gegensätzlichen Weg. Sie ziehen ihre Lizenzinhalte ab, um sie exklusiv auf den eigenen Streamern zu vermarkten.
Netflix in der Zwickmühle
Offensichtlich ist Netflix bemüht, den Umsatz pro User zu erhöhen und gleichzeitig neue Einnahmequellen zu erschließen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist diese Strategie durchaus sehr sinnvoll. Auf der anderen Seite rüttelt der Streamer aber auch am Kern seines Geschäftsmodells, nämlich der Exklusivität. Das könnte sich auf längere Sicht zu einem Bumerang erweisen und dem Branchenprimus sogar erheblich schaden. Vor allem, wenn gleichzeitig sogar noch die monatlichen Abopreise steigen.
Für Free-TV-Sender hätte die neue Netflix-Strategie aber zweifelsohne ihren Reiz. Sendergruppen wie ProSiebenSat.1 werden durch die Direct-to-Consumer-Strategie der US-Streamer ohnehin immer mehr Lizenzinhalte verlieren. Da passt es sicherlich gut ins Konzept, wenn Netflix mit seinem vielfältigen Lizenkatalog diese entstandene Lücke wieder füllt. Vorausgesetzt der Preis stimmt, denn besonders günstig werden auch die abgestandenen Netflix-Originals für potenzielle Vertragspartner nicht werden. Denn am Ende bezahlt man auch die Marke. Und diesbezüglich hat sich der Streamer aus Los Gatos schon längst einen Namen gemacht.
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