Anwalt: Drei Monate Kündigungsfrist bei Drillisch trotz TKG
Rechtsanwalt Christian Solmecke zur dreimonatigen Kündigungsfrist bei Drillisch
Bild: Tim Hufnagl
Wie bereits berichtet hat es den Anschein, dass sich nicht alle Provider an das neue TKG halten. Vor allem um die monatliche Kündigungsfrist nach Ablauf der anfänglichen Mindestvertragslaufzeit gab es Diskussionen: Drillisch lässt Kunden in Altverträgen ohne Laufzeit, aber mit dreimonatiger Kündigungsfrist nach wie vor erst nach drei Monaten aus dem Vertrag. Die Bundesnetzagentur wollte sich hierzu auch nicht klar äußern und empfahl betroffenen Kunden sogar, zu klagen.
teltarif.de hat nun den Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke zur Rechtmäßigkeit des Vorgehens von Drillisch befragt:
teltarif.de: Was gilt denn nun für die Kunden dieser Altverträge, die ja inzwischen von Drillisch nicht mehr vermarktet werden: Die Regelung im BGB oder das neue TKG? Welche Rechtsauffassung ist denn nun prioritär gültig? Wie ist die Andeutung der Bundesnetzagentur zu verstehen, dass "die neue TKG-Regelung die allgemeinen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ergänzt und diesen vorgeht"? Bricht das neue TKG in diesem Fall den Passus im BGB?
Rechtsanwalt Christian Solmecke zur dreimonatigen Kündigungsfrist bei Drillisch
Bild: Tim Hufnagl
Solmecke: Grundsätzlich sind die Regeln des TKG Spezialvorschriften und müssen daher vor den allgemeinen Regeln des BGB angewendet werden. Wenn die Kündigungsvorschrift aus § 56 Abs. 3 TKG anwendbar ist, treten die Regeln des BGB dahinter zurück. Allerdings setzt § 56 Abs. 3 TKG voraus, dass es eine anfängliche Vertragslaufzeit gab, die sich danach stillschweigend verlängert. Ein ohne Mindestlaufzeit und damit unbefristet geschlossener Vertrag erfüllt diese Vorgaben nicht. Im konkreten Fall ist das TKG daher nicht anwendbar und es wird auf die allgemeinen Normen des BGB zurückgegriffen.
Entspricht die damalige Vertragsgestaltung dieser Tarife (Mindestlaufzeit nur ein Monat bzw. "keine Laufzeit", aber Kündigungsfrist immer drei Monate, auch nach Ablauf der ursprünglichen Mindestlaufzeit) den neuen Vorgaben des TKG? Kann sich Drillisch in seiner Argumentation denn überhaupt auf die BGB-Regelung berufen, wenn sich die Verträge seit Jahren eben doch stets stillschweigend verlängert haben?
Tatsächlich gab es in dieser Vertragsgestaltung keine Mindestlaufzeit, sondern nur eine 3-monatige Kündigungsfrist. Auf einen Vertrag ohne Mindestlaufzeit und ohne stillschweigende Vertragsverlängerung sind die Regeln des TKG aber nicht anwendbar. Es wird deshalb auch nicht gegen eine neue Regel im TKG mit dieser Vertragsgestaltung verstoßen.
Muss der Anbieter eines Tarifs mit monatlicher Kündigungsfrist den Kunden bereits immer nach Ablauf des ersten Vertragsmonats mit Monatsfrist aus dem Vertrag entlassen?
Wenn die Kündigung am ersten Tag des Vertragsverhältnisses beim Anbieter eingeht, kann die Kündigungsfrist eingehalten werden. Wird die Kündigung erst im laufenden ersten Monat eingereicht, ist eine Entlassung am Ende des ersten Vertragsmonats für den Anbieter nicht verpflichtend.
Ist denn ein Vertrag mit dreimonatiger Kündigungsfrist de jure/de facto nicht wie ein Vertrag mit dreimonatiger Mindestvertragslaufzeit zu betrachten und zu behandeln, der damit unter das TKG fällt?
Der Gesetzgeber differenziert klar zwischen Verträgen ohne feste Laufzeit und Verträgen mit einer anfänglich bindenden Laufzeit. Es fehlt an einer gesetzlichen Grundlage, um eine Kündigungsfrist als Mindestvertragslaufzeit mit anschließender stillschweigender Verlängerung einzuordnen. Auch die EU-Richtlinie, die die TKG-Novelle umgesetzt hat, setzt den Anwendungsbereich auf befristete Verträge fest. Ein Vertrag ohne Laufzeit hingegen ist jedoch unbefristet.
Wie sollten die betroffenen Kunden sich in dieser Sache am besten verhalten?
Um sich von dem Vertrag zu lösen, sollten sie schriftlich die Kündigung unter Wahrung der dreimonatigen Frist einreichen. Nach Ablauf der drei Monate ist der Vertrag beendet.
Zur Person
Christian Solmecke (48) hat sich als Rechtsanwalt und Partner der Kölner Medienrechtskanzlei Wilde Beuger Solmecke auf die Beratung der Internet- und IT-Branche spezialisiert. So hat er in den vergangenen Jahren den Bereich Internetrecht/E-Commerce der Kanzlei stetig ausgebaut und betreut zahlreiche Medienschaffende, Web 2.0 Plattformen und App-Entwickler. Neben seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt ist Christian Solmecke vielfacher Buchautor und als Geschäftsführer der cloudbasierten Kanzleisoftware Legalvisio.de auch erfolgreicher LegalTech Unternehmer.
Die Mobilfunkmarken von Drillisch wie WinSIM, PremiumSIM, simplytel & Co. ändern zum Teil oft ihre Tarife. Außerdem gibt es Aktionen bei der Grundgebühr und beim Anschlusspreis. In dieser Übersicht sammeln wir alle Tarifänderungen und Aktionen.