Weiter unklar

BNetzA zur Drillisch-Kündigungsfrist: Kunden sollen klagen

Auch nach Inkraft­treten des neuen TKG pocht Dril­lisch bei einigen Alt-Verträgen auf eine dreimona­tige Kündi­gungs­frist - doch ist das erlaubt? teltarif.de fragte bei der BNetzA nach - doch die scheut eine klare Aussage.
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Nach BNetzA-Antwort weiterhin Unklarheit bei Drillisch-Altverträgen Nach BNetzA-Antwort weiterhin Unklarheit bei Drillisch-Altverträgen
Foto: Image licensed by Ingram Image, Montage: teltarif.de
Vor einigen Jahren bot Dril­lisch merk­wür­dige Tarife an, die eine Mindest­ver­trags­lauf­zeit von einem Monat hatten, aber eine Kündi­gungs­frist von drei Monaten. Dril­lisch selbst bezeichnet diese Tarife als "Verträge ohne Lauf­zeit" mit Kündi­gungs­frist von drei Monaten. Wie teltarif.de bereits berich­tete: Auch nach der TKG-Neure­gelung pocht Dril­lisch auf die drei Monate, obwohl auch Bestands­ver­träge nach Ablauf der ursprüng­lichen Mindest­ver­trags­lauf­zeit laut TKG nun monat­lich kündbar sein sollten.

In seiner Argu­men­tation beruft sich Dril­lisch dabei auf das BGB, nach dem eine dreimona­tige Kündi­gungs­frist zulässig ist, wenn der Vertrag weder eine ablau­fende anfäng­liche Mindest­ver­trags­lauf­zeit noch eine still­schwei­gende Verlän­gerung im Falle der Nicht­kün­digung vorsieht. Daher falle dieser Vertrag auch nicht unter das TKG. Der Gesetz­geber habe im Rahmen der TKG-Novel­lie­rung "diese (Alt-)Vertrags­form nicht berück­sich­tigt".

Wie verspro­chen hat teltarif.de hierzu nun die Bundes­netz­agentur befragt - mit zunächst unbe­frie­digendem Ergebnis.

Bundes­netz­agentur vermeidet klare juris­tische Aussage

Nach BNetzA-Antwort weiterhin Unklarheit bei Drillisch-Altverträgen Nach BNetzA-Antwort weiterhin Unklarheit bei Drillisch-Altverträgen
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Gegen­über teltarif.de wollte sich die Bundes­netz­agentur in dieser Sache zunächst juris­tisch nicht eindeutig fest­legen und schrieb an unsere Redak­tion:

Verlän­gert sich ein Tele­kom­muni­kati­ons­ver­trag still­schwei­gend, weil der Endnutzer den Vertrag nicht recht­zeitig kündigt, kann dieser den Vertrag nach Ablauf der Vertrags­lauf­zeit jeder­zeit unter Einhal­tung einer Kündi­gungs­frist von einem Monat kündigen. Diese neue Recht[s]lage greift seit dem 01.12.2021 auch für Verträge, die vor Inkraft­treten des neuen Tele­kom­muni­kati­ons­gesetzes geschlossen wurden. Dies betrifft auch solche Verträge, bei denen es bereits vor dem Inkraft­treten des neuen Gesetzes zu einer still­schwei­genden Vertrags­ver­län­gerung gekommen ist. Die Rege­lung gilt aller­dings nur im Falle der still­schwei­genden Vertrags­ver­län­gerung und nicht bei Vertrags­ver­län­gerungen, die vom Kunden aktiv veran­lasst werden. Wir prüfen den von Ihnen darge­stellten Fall. Dafür kann uns der Kunde sein Anliegen schil­dern und Vertrags­unter­lagen sowie Schrift­wechsel mit dem Anbieter über­senden: www.bundesnetzagentur.de/tk-formular.
Selbst­ver­ständ­lich haben sich die dama­ligen Dril­lisch-Verträge "ohne Lauf­zeit" immer still­schwei­gend verlän­gert, und zwar zum Teil bis heute, sonst wäre das Problem ja gar nicht aufge­treten. Auf unsere Frage, ob für diese Verträge auch das neue TKG anwendbar ist, ging die Behörde uns gegen­über nicht ein.

Wir antwor­teten der Bundes­netz­agentur, dass wir in dieser Sache nach wie vor eine klare juris­tische Aussage erwarten und dass ein anderer teltarif.de-Leser die Sache bereits direkt an die Bundes­netz­agentur gemeldet habe. Doch auch dieser Leser hat keine wirk­lich zufrie­den­stel­lende Antwort erhalten.

Andere Antwort an einen Leser

Unab­hängig von unserem ursprüng­lichen Leser­fall hatte uns ein zweiter Leser in der Zwischen­zeit das Ergebnis seiner Anfrage bei der Bundes­netz­agentur mitge­teilt. Das Referat 230 "Vertrag­liche Belange des Kunden­schutzes" erklärte dem Kunden darin noch­mals die Neure­gelungen des TKG seit Dezember und schrieb dazu:

Diese Rege­lung gilt für Verträge, die sich still­schwei­gend (auto­matisch) verlän­gert haben, weil dies im Vertrag so vorge­sehen ist. Sie gilt nicht, wenn Sie mit Ihrem Anbieter eine Vertrags­ver­län­gerung aktiv verein­bart haben.
Im Weiteren schreibt die Behörde:
Die jeder­zei­tige Kündi­gungs­mög­lich­keit mit einer Frist von einem Monat bei still­schwei­gend verlän­gerten Verträgen gibt es seit dem 01.12.2021. Das bedeutet, dass diese Rege­lung nicht für eine Kündi­gung gilt, die vor dem 01.12.2021 ausge­spro­chen wurde. Sie gilt für Kündi­gungen, die nach dem 01.12.2021 ausge­spro­chen wurden oder noch ausge­spro­chen werden.

Die Bundes­netz­agentur vertritt die Rechts­auf­fas­sung, dass die einmo­natige Kündi­gungs­frist gemäß § 56 Abs. 3 TKG auch für vor dem 01.12.2021 abge­schlos­sene Verträge gilt. Dafür müssen folgende Voraus­set­zungen vorliegen:
- Es muss vorge­sehen sein, dass der Vertrag sich nach Ablauf der anfäng­lichen Vertrags­lauf­zeit still­schwei­gend verlän­gert, sofern dieser nicht recht­zeitig gekün­digt wird.
- Die Mindest­ver­trags­lauf­zeit muss bereits abge­laufen sein.

Hinweis: Die Geset­zes­begrün­dung zu § 56 Abs. 3 TKG als die Ihr zugrunde liegende Richt­linie (Art. 105 Abs. 3 2018/1972) nimmt Bezug auf einen befris­teten Vertrag, der sich dann still­schwei­gend verlän­gern würde.

Schickt die BNetzA betrof­fene Kunden wirk­lich vor Gericht?

Aufschluss­reich und gleich­zeitig erschre­ckend ist ein Abschnitt ganz am Ende der E-Mail:

Fragen zur Wirk­sam­keit von Verträgen und Kündi­gungen sind grund­sätz­lich Fragen des Zivil­rechts. Bei der Rege­lung der einmo­natigen Kündi­gungs­frist für still­schwei­gend verlän­gerte Verträge handelt es sich um eine spezi­elle zivil­recht­liche Rege­lung im Tele­kom­muni­kati­ons­gesetz. Diese ergänzt die allge­meinen Rege­lungen des Bürger­lichen Gesetz­buchs (BGB) und geht diesen vor. Ob die Voraus­set­zungen für eine Kündi­gung vorliegen und eine erklärte Kündi­gung wirksam ist, müssen im Zweifel die Zivil­gerichte entscheiden und nicht die Bundes­netz­agentur.

Ihre Kündi­gung müssten Sie daher (gege­benen­falls mit Hilfe eines Rechts­bei­standes) selbst durch­setzen. Sie können sich dafür an einen Rechts­bei­stand Ihrer Wahl oder an die örtliche Verbrau­cher­zen­trale wenden.

Selbst wenn Dril­lisch für seine Verträge auf der Anwen­dung des BGB pocht, deutet die Bundes­netz­agentur hier an, dass die neue TKG-Rege­lung die BGB-Rege­lung brechen könnte. Unver­ständ­lich bleibt aller­dings, dass die Bundes­netz­agentur sich hier juris­tisch nicht fest­legen mag und den betrof­fenen Kunden wohl allen Ernstes empfiehlt, Gerichte und Verbrau­cher­zen­tralen einzu­schalten.

In unserer Antwort an die Bundes­netz­agentur haben wir noch­mals um eine klare Stel­lung­nahme gebeten, ob im Hinblick auf die entspre­chenden Dril­lisch-Verträge die neuen TKG-Regeln den BGB-Rege­lungen vorzu­ziehen sind.

Mitte Februar gab es erste Berichte darüber, dass Provider wie beispiels­weise mobilcom-debitel und 1&1 ihren Kunden jetzt teil­weise die Kündi­gung erschweren.

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