Nahverkehr

E-Ticketing und Touch&Travel: Smarter Reisen

Der öffentlichen Personen­nah­verkehr setzt vermehrt auf die Integration von Digitaltechnik, um seinen Kunden das Reisen zu erleichtern. Doch nicht nur E-Ticketing und Dienste wie Touch & Travel sind interessante Möglichkeiten. Auch Chips und Smartcards sollen den Ticketkauf erleichtern.
Von dpa / Jennifer Buchholz

E-Ticketing wird immer begehrter E-Ticketing wird immer begehrter
Bild: dpa
Rund 130 Fahrten hat jeder Mensch in Deutschland im vergangenen Jahr im öffentlichen Personen­nah­verkehr (ÖPNV) zurück­gelegt. Wie groß der Ärger über komplizierten Fahr­karten­kauf oder fehlende Informationen bei Störungen ist, erfasst keine Statistik. Was Digitaltechnik tun kann, um Busse und Bahnen attraktiver zu machen, zeigt bis Donnerstag die Fachmesse IT-Trans.

Touch&Travel erleichtert die Reise

E-Ticketing wird immer begehrter E-Ticketing wird immer begehrter
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Einer der rund 170 Aussteller auf dem Karlsruher Messegelände in Rhein­stetten ist der internationale Technologie-Dienst­leister Accenture mit Sitz in der irischen Haupt­stadt Dublin. Das Unternehmen ist der größte Projektpartner für das System Touch&Travel, das derzeit rund 65 000 Kunden von 13 Verkehrsverbünden sowie der Deutschen Bahn nutzen. Hier kann man sich zu Fahrtbeginn mit einer Smartphone-App anmelden, wobei die Orts­be­stimmung des Handys den jeweiligen Standort erfasst. Am Ende der Fahrt wird der Fahrpreis berechnet. Abgerechnet wird über das Last­schrift­ver­fahren.

So kann man etwa mit Touch&Travel vom Universitäts­platz in der Heidel­berger Altstadt bis Berlin Alexander­platz fahren - ohne sich um das Ticket oder den günstigsten Tarif Gedanken zu machen. "Für die Kunden wäre es wünschens­wert, wenn das E-Ticketing mal in eine Richtung gehen würde", sagt Accenture-Managerin Nicole Goebel. Da die Ver­breitung von Smartphones immer weiter zunehme, sei das Handy die ideale Plattform für digitale Nah­verkehrs­lösungen. Goebel hofft, dass sich das Touch&Travel-Modell als De-Facto-Standard etabliert und über die wachsende Nachfrage von weiteren Verkehrsverbünden übernommen wird.

Fahrkartenkauf mit Sicherheitstechnik

"Wir sehen schon einen Trend in Richtung Smartphone-Lösungen", sagt die Siemens-Managerin Simone Köhler am Vortag der Messe-Eröffnung. Aber auch einfachere Lösungen wie Plastikkarten mit einem Chip sind populär: "Die Smartcard hat nach wie vor Vorteile wie die Diskriminierungs­freiheit." Jeder kann eine Smartcard als Fahr­karte bekommen - dies kommt vielfach in Nordrhein-Westfalen oder auch für die Londoner U-Bahn zum Einsatz. Ein weiterer Vorteil: Es können keine unnötigen persönlichen Daten gespeichert werden, die in Form eines Bewegungs­profils aus dem "smarten Reisenden" einen gläsernen machen.

Bei den IT-Lösungen im ÖPNV werden drei große Bereiche unterschieden: Verkehrsleitsysteme mit Echtzeitinformationen, der elek­tronische Fahr­karten­kauf (E-Ticketing) und Sicher­heits­technik. Der Umsatz der Branche beläuft sich in Deutschland auf jährlich etwa 300 Millionen Euro, schätzt Jürgen Greschner vom Vorstand des Karlsruher Unternehmens innovation in traffic systems (INIT). Weltweit seien es rund zehn Milliarden Euro. Die Investitionen der Verkehrsbetriebe in IT-Lösungen seien in Deutschland in diesem Jahr voraussichtlich ähnlich hoch wie 2013.

"Wir haben im öffentlichen Nahverkehr einen digitalen Nachholbedarf", räumt Lars Wagner vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) ein. "Die regional sehr unterschiedlich gewachsenen Angebote lassen sich nicht so schnell einfach auflösen." Das Rennen zwischen elektronischen Kartensystemen und dem Smartphone sei noch offen, auch wenn die Lösungen für das Handy in den Vordergrund drängten. "Wichtig ist nicht so sehr das Endmedium, sondern die gleiche technische Basis", erklärt Wagner mit Blick auf die vom VDV betriebene Standardisierung für die Datenübertragung im ÖPNV.

Der Nahverkehrsexperte Martin Randelhoff, Betreiber des Branchen­blogs Zukunft Mobilität, wirft den Verkehrs­betrieben vor, nicht selbst­bewusst genug aufzutreten. Dabei werde der ÖPNV weiter an Bedeutung gewinnen. "In Groß­städten wie Berlin, Frankfurt oder München verzichten junge Familien zunehmend ganz aufs Auto", sagte Randel­hoff am Montag in Rhein­stetten. "In den nächsten fünf bis zehn Jahren wird im Nah­verkehr eine kleine Revolution einsetzen."

Der VBB springt ebenfalls auf den Trend auf und hat in der neue Version seiner App für iOS und Android ebenfalls den mobilen Fahrkartenkauf integriert. Wir haben uns die neue App angeschaut.

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