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Das bietet das neue ARD/ZDF-Jugendangebot funk

Am 1. Oktober haben ARD und ZDF ihr seit langem geplantes Jugendangebot funk gestartet. Wir haben das Online-Portal kritisch unter die Lupe genommen. Sind die 45 Millionen Euro, die pro Jahr aus dem Rundfunkbeitrag zur Verfügung stehen, berechtigt?
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Eine Auswahl aus dem funk-Angebot Eine Auswahl aus dem funk-Angebot
Screenshot: teltarif.de / Quelle: funk
Am 1. Oktober 2016 haben ARD und ZDF ihr Online-Angebot für Jugendliche unter dem Namen funk gestartet. Damit wollen die Öffentlich-Rechtlichen verloren gegangene junge Zuschauergruppen unter 30 erreichen. ARD und ZDF mussten dafür jedoch teuer bezahlen: Eine zusätzliche Ausstrahlung als klassischer Kanal im linearen Fernsehen wie zunächst geplant hat ihnen die Politik nach dem Druck von Privatfunkverbänden und -sendern untersagt.

ARD/ZDF: Adieu Jugendkultur im linearen Fernsehen

Eine Auswahl aus dem funk-Angebot Eine Auswahl aus dem funk-Angebot
Screenshot: teltarif.de / Quelle: funk
Da ARD und ZDF gleichzeitig die linearen TV-Kanäle EinsPlus und ZDF.kultur zugunsten von funk einstellen mussten, fehlt der Bereich Jugendkultur nun fast vollständig in den öffentlich-rechtlichen Programmen. Vor allem der Spartenkanal EinsPlus galt als Spielwiese für innovative Jugendformate, zudem gab es hier Übertragungen von Live-Events wie Rock am Ring. Die Verbannung von funk ins Netz und die Einstellung von zwei Spartenkanälen mit vielen jugendaffinen Formaten hat die Öffentlich-Rechtlichen im linearen Fernsehen also eher wieder älter gemacht.

Nun also zu funk: Die Ministerpräsidenten haben verlangt, dass die einzelnen Formate für soziale Netzwerke konzipiert sind und keinen Sendungsbezug zu Fernsehen oder Hörfunk haben müssen. Während neue, innovative Medienangebote auf Drittplattformen wie Facebook, YouTube und Snapchat aus dem Boden schießen, hatte das klassische, lineare Fernsehen in der jungen Zielgruppe immer weiter an Bedeutung verloren. Mit funk wollen ARD und ZDF nun auf diesen Wandel reagieren.

funk bietet 14- bis 29-jährigen Online-Inhalte in den Kategorien Informieren, Orientieren und Unterhalten. Die Formate finden direkt auf den sozialen Kanälen YouTube, Facebook, Instagram und weiteren sozialen Plattformen statt, eine Ausstrahlung in linearen Programmen gibt es nicht. Die Nutzer können die Inhalte auch auf der funk-Webseite in einem unabhängigen Player oder per App abrufen. Zudem können sie internationale Lizenzserien wie "The Aliens" und "Fargo", teils auch in englischer Originalsprache, ansehen.Der Start am 1. Oktober 2016 erfolgte mit zunächst knapp über 40 Online-Formaten, die "Kliemannsland", "Y-Kollektiv", "Auf Klo", "Fickt euch!" oder "Wishlist" heißen. Sie sind jeweils auch auf eigenen Channels bei Youtube verfügbar und reißen alle jugendaffinen Themen an – von Fashion über Sex bis zum brandheißen Thema Integration. Neue Formate sollen kontinuierlich hinzukommen, versprechen ARD und ZDF.

Kampf im Löwenkäfig gegen 2000 Youtube-Formate

ARD und ZDF begeben sich hiermit allerdings in einen Löwenkäfig: Schätzungsweise über 2000 Formate– von professionell produzierten Videos anerkannter Studios wie Rocket Beans Entertainment bis zu eher amateurhaftem Material – gibt es inzwischen alleine für den deutschsprachigen Markt auf der Videoplattform Youtube. Hinzu kommen unzählige Video-Blogs von privaten Usern. Man sollte jedoch erwähnen, dass es sich in den seltensten Fällen bei den funk-Sendungen um Eigenformate handelt. Für das junge Angebot arbeiten ARD und ZDF mit namhaften Produzenten und Studios zusammen.

Nachdem die meisten Formate von funk in der ersten Woche nach dem Plattformstart nur aus einem Trailer bestanden, gibt es inzwischen in fast allen Channels erste Folgen. Das Zuschauerinteresse ist jedoch offenbar noch recht verhalten: Gut 8 000 Likes hat der Auftritt von funk im sozialen Netzwerk Facebook, die einzelnen Youtube-Kanäle haben im Schnitt bisher 1000 Abonnenten. Zum Vergleich: Die bekanntesten deutschen Youtube-Stars wie Dagi Bee bringen es zum Teil auf über drei Millionen Abonnenten, sind allerdings freilich auch schon weit länger am Netz. Durchwachsen sind bisher die Reaktionen auf die App: Bei Google Play halten sich Top-Bewertungen (5 Sterne) und Negativ-Reaktionen (1 Stern) bisher die Waage.

Der Erfolg von funk wird in jedem Fall weniger ein Erfolg der Gesamtplattform, sondern eher von Einzelformaten werden. Diese sind auch unabhängig in eigenen Youtube-Channels und anderen sozialen Netzwerken verfügbar und zum Teil auch schon seit einigen Monaten – und damit schon vor dem Start von funk - online.

Wenig Reformbereitschaft

Eines kann die neue Plattform jedoch nicht ersetzen: Die Lücke für Jugendliche, die ARD und ZDF nun wieder im linearen Fernsehen hinterlassen. Die Süddeutsche Zeitung kommentierte das mit den Worten: "Für die 45 Millionen Euro im Jahr kaufen sich die Sender davon frei, ihr Programm zu reformieren". Es ist fraglich ob überhaupt genügend Jugendliche die Inhalte von funk in den unendlichen Weiten des WWWs finden. Im linearen Fernsehen mit seiner überschaubaren Senderanzahl war dies der Fall.

Und zur Eingangsfrage: Es ist noch zu früh zu beurteilen, ob 45 Millionen Euro pro Jahr für das Online-Angebot funk berechtigt sind. Erst nach rund einem Jahr kann man anhand der Nutzungs-, Download- und Streaming-Zahlen sehen, wie viele Jugendliche funk tatsächlich erreicht. Einfach wird es für ARD und ZDF nicht - schon alleine aufgrund der riesigen Konkurrenz auf Videoplattformen wie Youtube und Streaming-Diensten wie Maxdome oder Netflix.