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Editorial: Ideen statt Leistung

Heimelektronik im Wandel
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In Analogie zur derzeit wieder angelaufenen TV-Show "Deutschland sucht den Superstar" gilt auf der Consumer Electronics Show (kurz CES) in Las Vegas: Die Elektronik-Branche sucht den Supertrend. Denn nur jene Unternehmen, die sich mit ihren Produkten im jeweiligen Marktsegment an die Spitze setzen können, können damit gute Gewinne erwirtschafteten. Beispiel Apple, deren "iPod" lange Zeit fast synonym für "MP3-Player" war. Andere Hersteller von mobilen digitalen Medienabspielern müssen entweder wesentlich mehr Leistung für das gleiche Geld, oder einen deutlich günstigeren Preis bieten, um überhaupt im Markt mithalten zu können.

Wer hingegen wiederholt "auf das falsche Pferd setzt", also die Hypes verpasst und das dazu passende Produkte zu spät auf den Markt bringt, geht unter. Und die wahren Interessen der Verbraucher sind schwer vorherzusagen. So kaufen sie in großen Stückzahlen Foto-Handys - schicken aber dennoch kaum MMS. Insofern ist die "Spielerstadt" Las Vegas als Austragungsort für die CES durchaus passend. Denn das Verbraucherverhalten langfristig vorherzusagen, ist wahrscheinlich ähnlich unmöglich wie den Lauf der Roulette-Kugel.

Kombiniere und spare

Alle Hersteller haben die Hoffnung, durch die Integration von immer mehr Funktionen ihre Geräte attraktiver zu machen. Die Rechnung: Ein MP3-Handy kostet in der Herstellung deutlich weniger, als MP3-Player und Handy separat, denn ein Teil der Komponenten (etwa Akku, Ladegerät, Display, Tastatur) werden für beide Geräte benötigt, müssen in einem kombinierten Gerät aber nur einmal eingebaut werden. Wenn der Kunde beide Funktionen wertschätzt, wird er einen Preis akzeptieren, der fast der Summe der Einzelpreise der nicht kombinierten Geräte entspricht. Doch welche Kombi-Funktionen findet der Kunde attraktiv? Siehe oben, die Elektronik-Branche sucht den Supertrend. In immer kürzeren Zyklen werden somit immer mehr Produkte auf den Markt geworfen, die alle ihre Daseinsberechtigung suchen. Festplatten zur Aufzeichnung des Fernsehprogramms kann man in einen DVB-(S/T)-Receiver, einen DVD-Rekorder, einen Media-Center-PC oder den Fernseher selber einbauen, um nur ein paar Möglichkeiten zu nennen. Aber auch hier gilt: Die heute noch beliebteste Kombination kann morgen schon wieder "out" sein. Schlecht für die Endgerätehersteller, gut für die Komponentenhersteller: Deren Einzelteile werden in der Regel auch in der neuen Kombination weiterhin benötigt.

Inhalte?

Alle Hersteller haben zudem das Problem, dass die Medienindustrie Angst vor der unbegrenzten digitalen Kopie hat, und den Einbau immer ausgeklügelterer Schutzmechanismen (DRM) fordert. Das wiederum schreckt die Verbraucher, denn sie können dadurch nur schlecht überblicken, welches Gerät mit welchem anderen verbunden werden kann. Wer seine im Internet teuer erworbene Song-Sammlung wegwerfen musste, weil er keinen kompatiblen Abspieler mehr hat, steigt im Zweifelsfall wieder zur guten alten CD um. Wer vor einigen Jahren einen zwar HDTV- aber nicht HDMI-fähiges großformatiges Display erworben, schaut ganz schön in die "Röhre" (bzw. eher ins Plasma bzw. TFT), wenn er dann tatsächlich einen HD-Film abspielen möchte.

Somit bleiben zwei Trends: Die Verbraucher wollen die elektronischen Medien, und sie wollen auch die neuen Möglichkeiten, die ihnen das Internet bietet, wie "Video on Demand" oder Interaktivität. Aber der Weg dahin, bis wir alle die gute alte "Glotze" per IP-TV-Stream versorgen, ist weit und steinig. Und wenn wir alle dort angekommen sind, werden die Trendsetter schon wieder längst woanders sein.