Vorratsspeicherung

Telekommunikationsbranche wehrt sich gegen EU-Speicherpläne

EU-Justiz- und Innenminister tagen im britischen Newcastle
Von Julia Scholz

Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) fordert die heute tagenden Justiz- und Innenminister der EU auf, die Bedenken der Industrie gegen eine Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten ernst zu nehmen. In einem Positionspapier weist der Bitkom bei dem in Newcastle stattfindenden Zusammentreffen darauf hin, dass viele Punkte noch ungeklärt sind. "Es hält sich hartnäckig das Missverständnis, die Unternehmen müssten ohnehin vorliegende Daten einfach nur länger aufbewahren. Das ist falsch", sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Auch die TK-Interessenverbände anderer europäischer Länder wehren sich vehement gegen das Vorhaben.

Sämtliche Telefon- und Internetverbindungen sollen nach einem gemeinsamen Plan von Frankreich, Großbritannien, Irland und Schweden protokolliert werden müssen. Sollten die EU-Pläne Wirklichkeit werden, müssten die TK-Unternehmen auch bislang nicht verarbeitete Daten zusätzlich erheben. Hierzu gehören Informationen über erfolglose Anrufversuche, Daten über den Standort eines Mobiltelefons während und am Ende eines Gesprächs sowie die Protokollierung aufgerufener Webseiten im Internet. "Diese Informationen sind für die Abrechnung ohne Bedeutung und dürfen daher nach geltendem Datenschutzrecht nicht gespeichert werden", sagt Rohleder.

Bevölkerungsumfrage zur Vorratsspeicherung im Auftrag der Colt Telecom

Anlässlich der EU-Justiz- und Innenminister-Konferenz veröffentlichte die Colt Telecom die Ergebnisse einer Befragung, die von der Forschungsgruppe Wahlen in Auftrag des Unternehmens durchgeführt wurde. Fast jeder zweite Bundesbürger (47 Prozent) ist danach nicht damit einverstanden, dass seine Telekommunikationsdaten über einen längeren Zeitraum detailliert gespeichert werden. Gleichzeitig lehnen es 78 Prozent der Befragten ab, die aus der Vorratsdatenspeicherung resultierenden Kosten zu tragen. Die Befragung wurde im August unter 1 227 Bundesbürgern durchgeführt.

Nach Berechnungen von Colt Telecom und der Initiative Europäischer Netzbetreiber (IEN) würden auf die gesamte Branche Kosten in Milliardenhöhe zukommen, wenn die Pläne der EU umgesetzt würden. Allein bei der Colt Telecom Group dürfte der Aufwand nach internen Schätzungen bei weit über 90 Millionen Euro pro Jahr liegen. Grund: Die Unternehmen müssten die technischen Voraussetzungen für die Erhebung dieser Informationen erst schaffen. Der Bitkom schätzt die Kosten für die deutsche Telekommunikationsbranche auf weit mehr als 200 Millionen Euro allein im ersten Jahr.