Anlaufschwierigkeiten

China: UMTS-Lizenzvergabe verzögert sich

Viele TD-SCDMA-Handys haben den Test noch nicht bestanden
Von Björn Brodersen

Ob China noch in diesem Jahr wie angekündigt seine UMTS-Lizenzen vergibt, wird inzwischen in Branchenkreisen stark angezweifelt. Grund für die Verzögerung der Lizenzvergabe sind anhaltende Probleme mit dem eigenen UMTS-Standard TD-SCDMA (Time Division Synchronous CDMA), berichtet das Branchenportal EE Times unter Berufung auf die Marktforscher von iSuppli. In jüngsten Versuchen hätten nur wenige TD-SCDMA-fähige Handys den Test bestanden. Offenbar waren die eingesetzten Chips nicht in der Lage, typische UMTS-Anwendungen wie Videotelefonie oder das Herunterladen von Musik zu bewältigen. Funktionstüchtige TD-SCDMA-Geräte sollten den Planungen zufolge noch in diesem Jahr auf den Markt kommen, die Lizenzen im Sommer verteilt werden. Experten kritisieren jetzt, dass zu wenige Unternehmen in die Entwicklung des Standards, der Infrastruktur und entsprechender Endgeräte eingebunden sind.

Trotz aller Schwierigkeiten gehen Branchenkenner davon aus, dass China weiterhin auf einen eigenen 3G-Standard und nicht nur auf die bereits existierenden Äquivalente W-CDMA (hierzulande als UMTS bezeichnet) oder CDMA2000 1X setzen wird. Schließlich haben die beteiligten Firmen nicht nur bereits hohe Summen in die Entwicklung gesteckt, sondern es handelt bei TD-SCDMA um ein Politikum: Die chinesische Regierung will unabhängiger von anderen UMTS-Standards sein und mit der Entwicklung eines eigenen Standards die eigene Leistungsfähigkeit demonstrieren.

An der Entwicklung des spezifischen Standards für den zukünftig größten UMTS-Markt der Welt ist auch der deutsche Technologiekonzern Siemens beteiligt. Der 2001 in China gegründeten Allianz für TD-SCDMA gehören insgesamt über 200 Firmen an.

Zu den Olympischen Spielen soll TD-SCDMA gestartet sein

Als neuer Termin für die Lizenzvergabe wird unter Insidern das kommende Jahr gehandelt. Für die Netzbetreiber kann es somit schwierig werden, die Infrastruktur bis zum geplanten kommerziellen Starttermin zu den Olympischen Spielen 2008 in Peking aufzubauen. Eine Versteigerung der Lizenzen wie in Deutschland wird es dagegen nicht geben. Eine Verzögerung der Lizenzvergabe würde nicht bei allen Telekommunikationsunternehmen in China Unmut hervorrufen, vermutet EE Times. Die großen Mobilfunkbetreiber könnten ihre Erträge aus den GSM-Diensten - beispielsweise reine Telefonie und SMS-Versand - vergrößern und die Carrier, die auf W-CDMA setzen, haben mehr Zeit für die Entwicklung einer reiferen HSDPA-Version. Dazu hat Lucent Technologies gerade einen Feldtest in Schanghai durchgeführt und Datenübertragungsraten von bis zu 1,8 MBit/s erreicht.

In Hong Kong und Taiwan gibt es übrigens bereits UMTS-Netze: Dabei setzen die Betreiber in Hong Kong auf den WCDMA-Standard, in Taiwan existieren W-CDMA und CDMA2000 nebeneinander.