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Editorial: Runter in Riesenschritten

Endlich Preiskampf im Mobilfunk
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Vor zwei Wochen fragte ich im Editorial: "Wer bietet 28?" Gerichtet war die Frage auf den Preis in Cent pro Minute, den die neuen mobilen "Einfachanbieter" in alle Netze berechnen. In der Woche zuvor waren Payback und Freenet mit jeweils 29 Cent pro Minute gestartet. Nun, ich muss zugeben, die Geschwindigkeit der Entwicklung unterschätzt zu haben: Anfang dieser Woche unterbot simyo die Konkurrenz nicht nur um einen, sondern um ganze zehn Cent pro Minute. 19 Cent pro Minute waren das neue Maß der Dinge. Am Mittwoch legte dann Victorvox mit SIMply nach, und schraubte die Bestmarke sogar auf 18 Cent herunter.

Beiden Anbietern ist zu wünschen, dass sie guten Erfolg haben. Im Vergleich zu herkömmlichen Tarifen kosten bei den neuen Anbietern vor allem Gespräche in Fremdnetze nur noch einen Bruchteil der bisherigen Tarife. Ebenfalls ist den Anbietern zu wünschen, dass die Kunden dank der überschaubaren und bezahlbaren Preise mehr mobil telefonieren, als mit herkömmlichen Verträgen. Denn nur dann geht das Discounter-Konzept auch langfristig auf.

Sicherlich, nicht jeder Kunde ist mit den neuen Angeboten perfekt bedient. Wer das Handy auch braucht, um regelmäßig ins Ausland zu telefonieren, spart mit den 1,84 Euro pro Minute, die simyo berechnet, garantiert kein Geld. Auch SIMply verlangt im Vergleich zu einer "normalen" Vertragskarte einen Aufschlag für Auslands- und Roaming-Gespräche. Ebenso fehlt bei beiden Produkten die Möglichkeit, eine Datenoption für günstigere GPRS-Nutzung aufzuschalten. Schließlich gibt es auch keine 1000-Minuten-Pakete, die bei optimaler Ausnutzung Telefonate in bestimmte Netze zu bestimmten Zeiten für wenige Cent pro Minute ermöglichen.

Ein ganz erheblicher Knackpunkte dürfte für viele potenzielle Kunden auch sein, dass SIMply und simyo kein Handy mitliefern. Wer ein schickes neues Gerät will, aber nur wenig telefoniert, für den ist eines der Vertragsangebote mit Mindestumsatz und hoher Handy-Subvention sicherlich günstiger, als eigener Handykauf und Billig-Karte. Telefoniert man im Lauf der Zeit dann doch mehr, kann man immer noch umsteigen. Schließlich haben Vertragshandys in der Regel keinen Simlock.

Somit gilt: Wer bereits ein Handy hat, überwiegend vom Inland ins Inland telefoniert, dabei kein "Vorzugsnetz" hat, kaum Datendienste nutzt, und bereit ist, seine Karte per Online-Formular zu verwalten, der spart mit den neuen Disountern viel Geld. Zu hoffen bleibt, dass sich noch weitere Nachahmer in den anderen Netzen finden. Nicht jeder Kunde ist mit der Netzversorgung von E-Plus (simyo) bzw. dem Geschäftsgebahren von Victorvox (SIMply) zufrieden. So fiel Victorvox beim Streit um Deaktivierungsgebühren negativ auf. Kaum hatte der BGH diese Praxis für unzulässig erklärt, machte Victorvox mit einem Pfand auf SIM-Karten weiter.

Ebenso ist die Zeit reif für Roaming-Discounter. Vodafones Reiseversprechen ist zwar ein erster Schritt, die Roaming-Kosten zu senken, doch er folgt dem bei den Netzbetreibern üblichen Zuckerbrot-und-Peitsche-Prinzip: So gilt der Tarif nur in bestimmten Ländern und Netzen. Manche Telefonate (kurze oder solche in Drittländer) werden sogar teurer als bisher, dafür spart man an anderer Stelle wieder. Zwar gibt es mit United Mobile einen ersten Roaming-Discounter, jedoch mit zwei gravierenden Nachteilen: Die Karten haben eine Liechtensteiner Rufnummer mit diversen Erreichbarkeitsproblemen, und abgehende Anrufen funktionieren nur via Callback. Aber auch hier dürften mit der Zeit noch weitere, bessere Angebote auftauchen.