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Editorial: Wer bietet 28?

Die neuen mobilen "Einfachtarife" und der Preisverfall
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Lange schon lief die Gerüchteküche über die kommenden Angebote der "virtuellen Netzbetreiber" oder "neuen Provider" wie Payback oder freenet heiß. Entsprechend hoch waren die Erwartungen, dass diese neuen Anbieter mit wirklich günstigen Handy-Tarifen auf den Markt kommen. Und entsprechend hoch dürfte die Enttäuschung bei vielen Lesern sein: 29 Cent pro Minute - in alle Netze und zu allen Zeiten - ist nicht gerade eine Einladung zu mobilen Dauertelefonaten. Hinzu kommen Fallstricke wie der im Mobilfunkbereich bisher ungewöhnliche Minutentakt.

Vor allem Nutzer, die viel in Fremdnetze telefonieren, dürften dennoch von dem Angebot von Payback und freenet profitieren. Bei anderen Tarifen kosten diese Telefonate nämlich 49 Cent pro Minute und mehr. Und dank zunehmender Verbreitung des Handys und steigendem Marktanteil der "kleinen" Netzbetreiber werden Telefonate in Fremdnetze auch immer häufiger. Nicht jeder kann sich seine Freunde danach aussuchen, dass diese im selben Netz telefonieren wie er selber.

Ein zweiter Vorteil des Einheitspreises: Nutzer können ihr mobiles Telefonverhalten und die daraus resultierende Rechnung einfacher taxieren. Der durchschnittliche Kunde ist doch mit dem Gestrüpp aus netzinternen/-externen Tarifen, Hauptzeit/Nebenzeit/Wochenende, Inklusivminuten, City-/Local-/Mobile-Optionen und diversen Sonderpaketen mit 1000 Minuten zum Schnäppchenpreis hoffnungslos überfordert. Im Zweifelsfall telefoniert er drauflos, und hofft, dass am Monatsende nicht zu viel auf dem "Zähler" steht. Wenn die Rechnung doch unerwünschte Höhen erreicht hat, telefoniert der Kunde im nächsten Monat halt weniger oder gar nicht mehr mobil, obwohl er dadurch unter Umständen diverse Inklusivleistungen verfallen lässt. Kosten hingegen alle Minuten dasselbe, ist es viel einfacher, mit der Zeit ein Gefühl zu entwickeln, was mobile Telefonie wirklich kostet.

Für viel weniger als 29 Cent pro Minute ist auch ein Einheitstarif nicht darstellbar. Nach Abzug der Mehrwertsteuer verbleiben nämlich noch 25 Cent pro Minute. Bei einem Fremdnetzgespräch bezahlt der Netzbetreiber des Anrufers zudem 15 Cent pro Minute an den Netzbetreiber des Angerufenen. Beim Netzbetreiber des Anrufers verbleiben hingegen nur 10 Cent, wovon noch weitere Kosten (anteilige Rechnungsstellung, Ausgleich für Zahlungsausfälle etc.) bestritten werden müssen.

Dennoch: Etwas Luft ist noch, und Einheitstarife für weniger als 29 Cent pro Minute erscheinen möglich. Damit verdient der Anbieter zwar bei Fremdnetztelefonaten (fast) nichts mehr, aber netzintern oder ins Festnetz bleibt auch bei 20 Cent pro Minute noch eine Menge für den Netzbetreiber hängen. Nachdem es inzwischen ein halbes Dutzend 29-Cent-Tarife gibt, stellt sich somit die Frage, wann der erste Anbieter den Schritt zu 28 oder gar 27 Cent wagt. Denn damit gäbe es endlich und erstmalig auf dem deutschen Mobilfunkmarkt einen direkten Preiswettbewerb zwischen Tarifen, die der Kunde wirklich vergleichen kann. Und davon profitieren am Schluss alle.