Test: Das "echte" 5G-Netz von Vodafone in der Praxis
Ende April hat Vodafone 5G Standalone gestartet. Das heißt, das 5G-Netz des Düsseldorfer Mobilfunk-Netzbetreibers funktioniert auch unabhängig von anderen Netztechnologien. Bisher war 5G eine Erweiterung des bestehenden LTE-Netzes. Doch wie unterscheiden sich das eigenständige 5G-Netz und 5G Non-Standalone in der Praxis? Das haben wir im osthessischen Wächtersbach ausprobiert, wo eine Vodafone-Basisstation beide Technologien beherrscht.
Wir haben im Test das Oppo Find X3 Pro und das Apple iPhone 12 Pro Max verwendet. Beim Oppo-Smartphone handelt es sich um das bislang einzige Endgerät, das 5G Standalone im deutschen Vodafone-Netz offiziell unterstützt. Inoffiziell lassen sich beispielsweise auch aktuelle OnePlus-Geräte freischalten. Die Handhelds der Galaxy-S21-Serie von Samsung erhalten in Kürze ein offizielles Software-Update, mit dessen Installation 5G SA nutzbar sein soll.
5G Standalone im Test
Foto: teltarif.de
Das iPhone 12 Pro Max unterstützt den aktualisierten 5G-Standard in Deutschland bislang nicht. Dieses Smartphone haben wir für 5G NSA genutzt. So war es möglich, Netzabdeckung, Datenübertragungsgeschwindigkeiten und Reaktionszeiten beider 5G-Modi miteinander zu vergleichen. Beim Oppo Find X3 Pro ist zudem zu bedenken, dass 5G SA nur mit der aktuellen Firmware nutzbar ist. Das besagt auch der Changelog zum aktualisierten Betriebssystem.
Höhere Reichweite und stabilere Verbindung
Als wir uns der Basisstation näherten, signalisierte das Oppo Find X3 Pro schon in einer Entfernung von etwa eineinhalb Kilometern von der Basisstation 5G-Empfang. Das klappte am iPhone 12 Pro Max erst, nachdem wir uns weitere 500 Meter auf die Sendeanlage zubewegt haben. Zudem hielt das Oppo-Handy auf dem Weg zum Masten stabil die 5G-Verbindung, während das iPhone zwischenzeitlich immer wieder LTE-Empfang ohne 5G-Erweiterung anzeigte.
Vodafone-Basisstation mit 5G SA in Wächtersbach
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Der sehr frühe Wechsel ins 5G-Netz kann in Randbereichen des Versorgungsgebiets allerdings auch zum Nachteil werden. Als wir 5G SA mit nur einem Balken auf dem S-Meter des Oppo Find X3 Pro empfingen, war kein Datendurchsatz möglich. Speedtest-Apps versagten ihren Dienst und auch im Web-Browser ließ sich keine Seite öffnen. Hier wäre ein schnellerer Wechsel zum LTE-Standard wünschenswert.
Das Problem sollte sich durch ein Software-Update des Smartphones beheben lassen. Denkbar wären vielleicht auch Änderungen bei den Netzparametern, sodass die Mobiltelefone veranlasst werden, erst bei einem höheren Mindest-Signalpegel ins eigenständige 5G-Netz zu wechseln. Wir reden hier von einem Grenzbereich von nur wenigen Metern. Beim mobilen Streaming kann es dennoch zu Aussetzern kommen, sodass eine bessere Lösung wünschenswert wäre.
Knapp 600 MBit/s im Downstream
Erwartungsgemäß war die Datenübertragungsgeschwindigkeit über 5G Standalone nicht ganz so hoch wie über 5G Non-Standalone. Das hängt damit zusammen, dass im NSA-Modus das LTE-Netz zusätzlich genutzt wird, sodass die Kapazitäten beider Technologien gebündelt werden. Dafür sind die Reaktionszeiten über 5G SA deutlich kürzer als über 5G NSA. Der Nachteil der geringen Datengeschwindigkeit wird perspektivisch verschwinden, denn wie schon im LTE-Netz wird künftig auch für 5G Carrier Aggregation - also die Bündelung mehrerer Träger - zum Einsatz kommen.
Bis zu 578 MBit/s im Downstream haben wir über 5G SA gemessen. Über 5G NSA waren es am gleichen Standort - wenige hundert Meter von der Basisstation in Wächtersbach entfernt - 734 MBit/s. Das gleiche Bild zeigte sich bei Uploads: Maximal 47,6 MBit/ über 5G SA standen bis zu 66,3 MBit/s im 5G-NSA-Modus gegenüber. Dafür lagen die Ansprechzeiten bei 5G SA im Bereich zwischen 11 und 13 Millisekunden. Bei 5G NSA lagen diese bestenfalls um 25 Millisekunden, manchmal sogar bei mehr als 30 Millisekunden.
Das passiert in größerer Entfernung zur Basisstation
Speedtest-Ergebnisse in Nähe der Basisstation
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Wir haben im weiteren Verlauf des Tests auch den mobilen Internet-Zugang in größerer Entfernung zur Basisstation getestet. Etwa 600 Meter vom Vodafone-Masten entfernt sank die Datenübertragungsgeschwindigkeit auf 357 MBit/s im Downstream und 17,3 MBit/s im Upstream. Knapp einen Kilometer vom Sender entfernt haben wir noch 222 MBit/s im Downstream und 3,45 MBit/s im Upstream gemessen.
Die Ansprechzeiten blieben in 600 Metern Entfernung zur Basisstation gegenüber dem Test direkt am Sender stabil. Gemessen haben wir 12 Millisekunden. Bei der Messung in knapp einem Kilometer Entfernung zum Funkmasten sah das schon anders aus. Hier lag der Wert bei 21 Millisekunden. Das schafft Vodafone (fast) auch über LTE bzw. 5G NSA.
Telefonate im LTE-Netz
Netmonitor-Apps erkennen 5G SA noch nicht korrekt (man erkennt den Modus aber an der fehlenden Frequenzangabe)
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Voice over New Radio, also die Telefonie im 5G-Netz, gibt es derzeit noch nicht - außer im Labor. Ähnlich wie in der Anfangszeit der LTE-Netze muss das Smartphone für den Aufbau einer Sprachverbindung demnach automatisch in eine der anderen Netztechnologien wechseln. In unserem Test wechselte das Oppo Find X3 Pro ins LTE-Netz. Nach Ende des Gesprächs buchte sich das Gerät innerhalb weniger Sekunden wieder ins 5G-SA-Netz ein.
Im Test zeigte sich, dass das eigenständige 5G-Netz von Vodafone funktioniert. Vor allem die Reaktionszeiten sind ein echter Mehrwert gegenüber LTE und 5G NSA. Die stabilere Verbindung zum 5G-Netz ist einerseits gut. Auf der anderen Seite müssen Netzbetreiber und Gerätehersteller für einen schnelleren Übergang ins LTE-Netz sorgen, wenn man sich dem Ende des 5G-Versorgungsbereichs nähert. Nur so ist in diesen Regionen unterbrechungsfreies Streaming gewährleistet.
In einer weiteren Meldung berichten wir über einen 5G-Standalone-Test mit einem OnePlus 9 Pro.