Digitalisierung

Tracker, Apps und Rauschen: Digitale Helfer für den Schlaf?

Die Augen fallen zwar zu, aber der Geist ist hell­wach und voller Unruhe. Schlaf­stö­rungen sind frus­trie­rend. Können uns digi­tale Helfer wie Tracker, Apps oder White-Noise-Geräte da raus­helfen?
Von dpa /

Die Digi­tali­sie­rung hat auch den Schlaf erreicht. Schlaf-Apps, White-Noise-Geräte und andere Helfer sollen uns das Einschlafen erleich­tern und die Schlafqua­lität verbes­sern. Was genau steckt hinter diesen Gadgets - und können sie bei Schlaf­stö­rungen helfen?

Zum Beispiel Schlaf­tra­cker: Wer eine Smart­watch oder einen Fitnesstra­cker besitzt, kann damit auch Infor­mationen über die eigene Schlafqua­lität sammeln.

"Grund­sätz­lich ist die Exis­tenz von Schlaf­tra­ckern eine gute Sache, weil sie das Bewusst­sein dafür schärfen, dass der Schlaf eine sehr wich­tige biolo­gische Funk­tion erfüllt", sagt Hans-Günter Weeß. Der Schlaf­medi­ziner leitet das inter­dis­zipli­näre Schlaf­zen­trum des Pfalz­kli­nikums Klin­gen­münster (Rhein­land-Pfalz).

Tracker können ungenau sein

Digitale Helfer für den Schlaf (Symbolbild) Digitale Helfer für den Schlaf (Symbolbild)
Bild: picture alliance / dpa
Schlaf sei nämlich das wich­tigste Rege­nera­tions- und Repa­ratur­pro­gramm des Körpers. Dennoch sieht Weeß ein großes Aber: "Man muss leider sagen, dass die meisten Schlaf­tra­cker sehr ungenau sind und weder die Qualität des Schlafes noch die Schlaf­menge richtig messen können." Und: In aller Regel seien sie nicht wissen­schaft­lich geprüft.

Hans-Günter Weeß sagt, dass diese Tracker auf "Stein­zeit­methoden" der Schlafer­for­schung basierten, da oft nur Häufig­keit der Bewe­gung, Tages­zeit und Puls gemessen würden. Es bestehe damit die Gefahr, dass der Tracker ein falsches Ergebnis liefert - womög­lich keine Schlaf­stö­rung fest­stellt, wo aber eine ist.

Anspan­nung ist Feind des Schlafes

Und: Gerade Menschen mit Schlaf­stö­rung seien, was ihren Schlaf betrifft, sehr verun­sichert. Sie fokus­sierten sich mit der Vermes­sung des eigenen Schlafes immer mehr auf ihr Schlaf­pro­blem.

Ein Teufels­kreis: Je mehr man sich auf das Schlaf­pro­blem konzen­triert, desto unru­higer und ange­spannter wird man. Aber: "Anspan­nung ist der Feind des Schlafes. Der Mensch kann immer nur dann schlafen, wenn er sehr unbe­küm­mert ist, was die Alltags­sorgen und auch das eigene Schlaf­ver­mögen betrifft", sagt Hans-Günter Weeß. Er empfiehlt seinen Pati­entinnen und Pati­enten daher, die Geräte wegzu­lassen - und sich auf das eigene Körper­gefühl zu verlassen.

Licht­metronom und White Noise sollen entspannen

Es gibt aber noch andere tech­nische Schlaf­hilfen. Ein Licht­metronom zum Beispiel. Das ist ein Gerät, das Licht­impulse an die Decke wirft. Man kann den Licht­punkten und -strahlen mit den Augen folgen oder den Atem­rhythmus daran anpassen. Das soll beru­higen.

Zur Ruhe verhelfen soll auch das soge­nannte weiße Rauschen, ein eintö­niges Geräusch, das viele Menschen als ange­nehm empfinden. Es gibt spezi­elle Geräte, aber auch Apps und Inter­net­videos, über die man sich das Rauschen anhören kann.

"Viele dieser digi­talen Einschlaf­hilfen zielen darauf ab, dass der Betrof­fene entspannter wird und dass er die gedank­liche, gefühls­mäßige oder körper­liche Unruhe besser bewäl­tigen kann", sagt Schlaf­medi­ziner Weeß.

Jedoch seien diese Hilfen bei Menschen mit einer starken Schlaf­stö­rung eher selten erfolg­reich, so der Schlaf­medi­ziner. Seiner Erfah­rung nach wird etwa das weiße Rauschen als Einschlaf­hilfe nur von ein bis zwei Prozent der Pati­entinnen und Pati­enten benutzt.

Meist fehlen wissen­schaft­liche Belege

Weeß gibt zu bedenken, dass der tatsäch­liche Nutzen der digi­talen Schlaf­hilfen meis­tens nicht durch Wirk­sam­keits­stu­dien belegt sei: "Sie kommen hoch­tech­nisch verpackt daher und so entsteht für den Nutzer der Anschein der Wissen­schaft­lich­keit." Hinzu käme, dass sie zum Teil ziem­lich teuer seien.

Auch Prof. Thomas Penzel, Schlaf­for­scher und Leiter der Schlaf­medi­zini­schen Abtei­lung an der Berliner Charité gibt zu bedenken, dass die wenigsten digi­talen Schlaf­helfer wissen­schaft­lich erprobt seien. Eine Ausnahme sei die App Somnio, die man sich als Digi­tale Gesund­heits­anwen­dung (DiGA) von Arzt oder Ärztin verschreiben lassen kann.

Eine Studie zeigt, dass sie bei Schlaf­stö­rungen helfen kann. Laut Thomas Penzel liefert die App haupt­säch­lich schlaf­hygie­nische Regeln, in Kombi­nation mit einer Bera­tung. Also zum Beispiel: regel­mäßige Bett­zeiten oder die Tren­nung von Bett und Arbeits­raum.

"Denn Schlaf ist kein Auto­matismus, den man einfach einschaltet und dann schläft man. Sondern Schlaf ist Verhalten. Wir müssen versu­chen vor dem Zu-Bett-Gehen Stress zu redu­zieren und herun­ter­zufahren", sagt Thomas Penzel.

Gadgets als Teil von Ritualen

Digi­tale Schlaf­hilfen können dabei sehr wohl hilf­reich sein, wenn man sie in ein Schlaf­ritual einbaut. Dem einen hilft Lesen oder eine heiße Milch, der anderen viel­leicht entspanntes Licht oder weißes Rauschen. "Alles, was funk­tio­niert, um zur Ruhe zu kommen, ist positiv zu bewerten", sagt Thomas Penzel. "Inso­fern, kann man nicht sagen: "Das ist alles Müll". Sondern wenn man all diese Gadgets als Unter­stüt­zung eines Rituals versteht - ja, dann können sie helfen."

Ähnlich sieht es auch der Schlaf­coach Jan Herzog. "Diese Tools bringen niemanden dazu, besser und schneller einzu­schlafen, der eine echte Schlaf­stö­rung hat." Aber auch er ist der Ansicht, dass sie im Einzel­fall der besseren Entspan­nung helfen können. "Unser inneres Nerven­system muss zum Schlafen vom Stress- und Leis­tungs­modus in den Entspan­nungs- und Ruhe­modus umschalten."

Was hingegen gegen Schlaf­stö­rungen helfe, sei eine Ausein­ander­set­zung mit den eigenen Sorgen und Ängsten. Wer sich tags­über um seinen Stress kümmert, wird nachts weniger davon wach­gehalten. "Man sollte lieber drei Dinge aufschreiben, die einen gerade am meisten stressen und drei Lösungen dafür. Dann müssen die Menschen sich nicht erst in den letzten 20 Minuten des Tages mit ihren Sorgen beschäf­tigen", sagt Jan Herzog.

Bei schweren Schlaf­stö­rungen kann eine spezia­lisierte kogni­tive Verhal­tens­the­rapie helfen. "Es ist immer besser, der Patient lernt seine eigene Schlaf­tablette zu sein. Das heißt, er lernt selbst in die schlaf­för­der­liche Entspan­nung und Gelas­sen­heit zu kommen, die nicht durch ein Medi­kament oder durch tech­nische Hilfs­mittel herbei­führt ist", sagt Hans-Günter Weeß.

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