Intersite Anchoring

Telekom erklärt: Der Trick mit den 5G-Ankerzellen

Das nagel­neue 5G-Handy zeigt viel­leicht gar kein 5G an, weil es die gebo­tenen Anker­zellen nicht versteht. Doch es gibt Abhilfe. Die Telekom erklärt das in einem sehens­werten Video.
Von

Netzoptimierer Christoph Lensch, von "Best Bobile" Radio Optimization bei der Deutschen Telekom Netzoptimierer Christoph Lensch, von "Best Bobile" Radio Optimization bei der Deutschen Telekom
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Das Handy ist wie jeder Mensch: Es braucht Halt. Einen Fixpunkt. Eine Anker­zelle. Warum das so ist und wie wir das sicher­stellen, lassen wir uns von einem Netz­opti­mierer der Deut­schen Telekom erklären – und zwar ganz ausführ­lich.

Der Ausbau des 5G-Netzes schreitet weiter voran. Mitt­ler­weile 67 Prozent Abde­ckung sind gewähr­leistet. Doch wer glaubt, mit dem Aufbau und dem Anschalten neuer Mobil­funk­masten und Antennen sei es getan, der irrt.

Die Aufgabe der Netz­opti­mierer

Netzoptimierer Christoph Lensch, von "Best Bobile" Radio Optimization bei der Deutschen Telekom Netzoptimierer Christoph Lensch, von "Best Bobile" Radio Optimization bei der Deutschen Telekom
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Netz­opti­mierer beginnen sofort nach dem Einschalten mit der Daten­erfas­sung, Aufbe­rei­tung und Verar­bei­tung der Daten, um das Netz immer weiter zu opti­mieren. Warum das LTE-Netz dabei unab­dingbar ist und welche Rolle dabei dem soge­nannten Inter-Site Ancho­ring zukommt, erklärt uns Chris­toph Lensch aus dem Bereich "Best Mobile" der Radio Opti­miza­tion bei der Deut­schen Telekom Technik. Es nicht damit getan, Antennen aufzu­stellen, upzu­daten und anzu­knöpfen. Dann geht die Arbeit erst richtig los, das Netz wird opti­miert.

Opti­mie­rung ist ein perma­nenter Prozess

Schon vor dem Netz­aufbau sind die Opti­mierer im Einsatz und nach dem Aufbau erst recht. Aus den gewon­nenen Erfah­rungen (durch eigene Test­fahrten oder durch Kunden­feed­back) ergeben sich Ände­rungen, da werden Para­meter geän­dert, Handover früher oder später? Und das landet in einem Kreis­lauf.

"5G ist jung und frisch, wir sind sehr früh gestartet", betont Lensch. "Wir haben noch nicht so viele Kunden im Netz, die schon 5G nutzen." Um Mess­werte zu bekommen, fahren die Netz­opti­mierer selbst raus oder haben Taxis mit Mess­boxen (auto­mati­schen Empfangs­sta­tionen, die Daten sammeln) ausge­rüstet, weil diese Taxis im Laufe ihrer Fahrten in den entle­gendsten Ecken unter­wegs sein können.

5G ist Huck­pack auf 4G

5G ist derzeit ein Anhängsel von 4G, weswegen man von 5G-NSA spricht. 5G ist derzeit ein Anhängsel von 4G, weswegen man von 5G-NSA spricht.
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Lensch erklärt, dass 5G im Moment ein Hucke­pack-System auf dem 4G-Netz ist. Die Signa­lisie­rung ("Signal­ling") läuft über 4G. Es gibt nur den 5G-Sender ("G-Node-B"). Geht die 5G-Verbin­dung verloren, ist der Kunde immer noch im Netz. Ist die 4G-Verbin­dung weg, ist logi­scher­weise auch kein 5G möglich.

Warum 5G manchmal nicht gleich funk­tio­niert

Viele Käufer von 5G-Handys wundern sich, warum in bestimmten Regionen bei ihnen 5G nicht geht, obwohl es doch gehen müsste. Das hängt mit der Funk­tions­weise von 5G-NR-NSA (5G Neue Funk­technik, Nicht alleine stehend) zusammen. Da 5G momentan noch "hucke­pack" läuft, braucht es eine 4G-Anker­zelle auf einer anderen Frequenz.

Alle Frequenzen werden kombi­niert

Mobil­funk wird von der Telekom derzeit bei 800, 900, 1800 und 2600 MHz mit LTE ausge­strahlt (700 MHz wird später noch dazu­kommen). 5G-NR (NR = NewRadio) sendet bei der Telekom entweder auf 3600 MHz (3,6 GHz, Band n78) oder auf 2100 MHz (2,1 GHZ, Band n1).

Liegt eine Anker­zel­len­fre­quenz zu "nahe" an der 5G-Frequenz, kommen bestimmte Empfän­ger­chips damit nicht mehr klar. Beispiels­weise liegen LTE1800 und NR2100 für viele Geräte zu nahe beiein­ander. Deswegen wurde die Soft­ware im Netz geän­dert. Strahlt vom glei­chen Standort eine weitere Anker­fre­quenz aus, kann sich das Handy die passende heraus­suchen. Es kommt aber noch besser. Die beiden oberen Bänder (3600 und 2100) werden für 5G-NR verwendet, die unteren Bänder sind die Ankerzellen. Die beiden oberen Bänder (3600 und 2100) werden für 5G-NR verwendet, die unteren Bänder sind die Ankerzellen.
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de

Folgende Kombi­nationen sind im Telekom Netz vorge­sehen

  • NR3600: Anker LTE2600 oder LTE1800 - hier sind die höchsten Daten­raten zu erwarten.
  • NR2100: Anker LTE 1800, LTE900 oder LTE800 - das wird in der Fläche verwendet.

Inter-Site-Ancho­ring

Nun kommt der zweiten Trick: Das Inter-Site Ancho­ring kann eine Anker­zelle auch von einer benach­barten Sende­sta­tion her kommen. Das ist beson­ders dann inter­essant, wenn auf dem Standort des 5G-Senders keine passende Anker­zelle vorhanden wäre. Teil­weise ist die Reich­weite der 5G-Sende-Zellen größer als die der Anker­zellen, obwohl das auf den ersten Blick "unlo­gisch" erscheint.

2100 reicht weiter als 3600

In der Regel hat eine 2100-MHz-Station mehr Reich­weite als eine 3600-MHz-Station: Dadurch kann das Handy zwischen­durch hin und herschalten. Es kann auch passieren, dass die Reich­weite von 2100 MHz nicht reicht, die Anker­zelle bei 800 oder 900 MHz noch bestens empfangen wird. Dann schaltet das Handy voll auf 4G zurück.

Telekom ist perma­nent dabei, das Netz auszu­bauen (weitere Zellen kommen dazu) und zu opti­mieren, damit immer mehr Nutzer mit 5G-fähigen Geräten etwas davon haben, aber auch Kunden mit 4G-Geräten (die gar kein 5G können) merken, dass die Geschwin­dig­keit und Verfüg­bar­keit steigen.

Telekom-Video auf Youtube: Technik Deep-Dive: Inter-Site Ancho­ring 5G (1/2)

Wer sich das ganze nochmal als Video anschauen will, die Deut­sche Telekom hat auf ihrem Youtube Kanal "Telekom Netz" genau diese Proble­matik erklärt. Der erste Teil ist gerade erschienen, der zweite prak­tische Teil folgt in Kürze.

Die Telekom hat einen Gigabit-Tarif für Kabel-DOCSIS-Kunden ange­kün­digt.

Mehr zum Thema 5G