Stress durch Ablenkung

Bestätigt: Handy-Telefonate nerven mehr als normale Gespräche

Wer Dauertelefonierern gezwungenermaßen zuhören muss, erlebt Stress
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Bestätigt: Handy-Telefonate nerven mehr als normale Gespräche Bestätigt: Handy-Telefonate nerven mehr als normale Gespräche
Amir-Kaljikovic - Fotolia.com
Unfreiwillige Zuhörer eines Handy-Telefonats fühlen sich davon deutlich mehr gestört als von einem normalen Gespräch. Das Er­geb­nis einer Studie könnte Aus­wirkungen auf die Gestaltung von Arbeits­plätzen haben - ob sie Menschen aber rück­sichts­voller macht, ist frag­lich.

Wer im Zug oder im Cafe sitzt beziehungs­weise durch eine Ein­kaufs­passage oder Fuß­gänger­zone schlendert, wird mitunter Zeuge von laut­stark per Handy geführten Be­ziehungs­kriegen, Kinder-Er­ziehungs­maß­nahmen, geschäft­lichen Besprechungen und launigen Plaudereien. Die an­wesenden Zeit­ge­nossen werden dabei in der Regel nicht gefragt, ob sie der Inhalt des Gesprächs interessiert oder ob sie vielleicht lieber ihre Ruhe hätten. Eine von "Plos One" veröffentlichte Studie hat nun die Auswirkungen auf die Mithörer untersucht (ausführliche Ergebnisse).

Aufgabe: Worträtsel lösen, währenddessen Ablenkung

Bestätigt: Handy-Telefonate nerven mehr als normale Gespräche Bestätigt: Handy-Telefonate nerven mehr als normale Gespräche
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Bei den Test­teilnehmern handelte es sich um 149 Psycho­lo­gie­studenten der Universität von San Diego im Alter zwischen 18 und 21 Jahren. 110 davon waren weiblich und 39 männlich. Die Forscher wollten heraus­finden: Wie reagiert ein Zuhörer darauf, wenn er nur eine Seite eines Gesprächs mit anhören muss (Handy-Telefonat) oder wenn er die Äußerungen beider Gesprächspartner in einer persönlichen Konversation mitverfolgen kann? Wie wirkt sich das auf seine Aufmerksamkeit und auf sein Gedächtnis aus?

In der Testumgebung mussten die Probanden Worträtsel lösen und wurden währenddessen mit Telefonaten oder Gesprächen abgelenkt. Anschließend verließ der Testleiter den Raum. Nach einiger Zeit kehrte er zurück, dann mussten die Probanden sich an Inhalte des Gesprächs erinnern und einen Fragebogen ausfüllen. Damit wurde erfasst, wie hoch der Grad der Ablenkung während des Tests war.

Das Ergebnis war verblüffend: Testteilnehmer, die nur eine einseitige Kommunikation mit anhören mussten, bezeichneten die Ablenkung als wesentlich schlimmer als Probanden, die von einem von zwei Personen geführten Dialog abgelenkt wurden. Vom zweiseitigen Ablenkungs-Gespräch konnten sich die Teilnehmer an deutlich mehr Details erinnern als beim einseitigen Monolog. Auf die Lösung der Worträtsel hatte der Unterschied zwischen ein- und zweiseitiger Ablenkung übrigens keinen Einfluss.

Stressfaktor: Grenze zwischen öffentlicher und privater Sphäre wird verwischt

Die Ablenkungsgespräche wurden vorher aufgeschrieben und im Test vom Bildschirm abgelesen. Es handelte sich dabei um Plaudereien, in denen eine Geburtstagsfeier geplant oder ein Möbeleinkauf vorbereitet wurde. Außerdem ging es darum, ein Date in einem Einkaufszentrum zu verabreden. Jeder Sprecher kam dabei auf rund 506 Wörter.

Den Studenten wurde vorher nicht gesagt, was der eigentliche Zweck der Studie sei. Die meisten dachten nur, es ginge um die Lösung der Worträtsel. Wenn der Proband während des Tests herausfand, was das Ziel des Experiments war, wurden seine Antworten nicht gezählt.

Das Grundproblem besteht laut den Forschern darin, dass bei einem in der Öffentlichkeit geführten Privatgespräch auf einen Schlag die Grenze zwischen öffentlicher und privater Sphäre verwischt wird, was unfreiwillige Zuhörer in der Regel befremdlich finden. Oft kann der Zuhörer (wie in der Bahn oder in einem Großraumbüro) der Situation nicht entfliehen. Dies weckt Ärger und Frustrationen. Bei vielen Zwangs-Zuhörern löst dieser Verlust an Kontrolle über die Situation Stress aus. In einer Folgestudie soll übrigens auch die Lautstärke der Konversation in die Untersuchung mit einfließen.

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