Sky Studios: Konkurrenz für Disney und Netflix?
Die britische Grafschaft Herfordshire nördlich von London hat einen Leitspruch: "Trust And Fear Not", übersetzt etwa "Vertraue und fürchte nichts". Das könnte für Sky durchaus motivierend sein, denn die Tochter des US-Medienkonzerns Comcast baut dort das wohl wichtigste Produktionsstudio Europas, welches im kommenden Jahr eröffnen soll.
Dann will man mit eigenen Filmen und Serien gegen Netflix, WarnerMedia und ViacomCBS in den Kampf ziehen. Doch stehen die Chancen dazu wirklich gut oder ist das Projekt zu ambitioniert?
Sky braucht Erfolge
Sky Studios Elstree soll 2022 nahe London eröffnen
Foto: Comcast
Für den europäischen Branchenprimus geht es um sehr viel Geld und Reputation. Allein 2000 neue Arbeitsplätze sollen bei Sky Studios Elstree entstehen, in den ersten fünf Jahren will Comcast dort drei Milliarden britische Pfund in Produktionen investieren. Das Gelände umfasst dabei Produktionsbüros, einen Set Construction Workshop, ein Kino sowie Einrichtungen für die Post Production und Digitaltechnik. Allerdings findet dort nicht nur Sky eine neue Heimat.
Auch Universal Pictures, Focus Features, Working Title und NBCUniversal Content Studios werden dort voraussichtlich an eigenen Inhalten arbeiten. Schon jetzt hat Sky durchaus einige renommierte Originals im Programm, darunter beispielsweise die Miniserie "Chernobyl" in Koproduktion mit HBO oder die glamouröse Krimiserie "Riviera" mit Julia Stiles.
In den kommenden Jahren dürfte das Produktionsvolumen kräftig erhöht werden, schließlich fällt immer mehr Lizenzware bei Sky UK und den Töchtern in Irland, Italien und Deutschland aus.
Reichen die Investitionen?
Es ist natürlich vollkommen richtig, dass Sky nun verstärkt auf eigene Produktionen setzt und dafür auch Studiokapazitäten schafft. Eine Summe von drei Milliarden Pfund in fünf Jahren erscheint dabei für europäische Verhältnisse geradezu gigantisch. Vor allem auch, wenn man sich anschaut, mit welchen Kleckerbeträgen beispielsweise in Deutschland wenig innovativ produziert wird. Bei einem genaueren Blick relativiert sich dies allerdings schnell.
Zum Vergleich: Netflix hat allein im Jahr 2019 über 15 Milliarden US-Dollar für eigene Inhalte ausgegeben und diesen Betrag 2020 sogar noch um über zwei Milliarden US-Dollar aufgestockt. Dabei sind das noch "Peanuts", Disney trumpft mit sagenhaften 24 Milliarden US-Dollar auf. Die ersten fünf Plätze der teuersten Filmproduktionen überhaupt werden allesamt von Disney bzw. deren Tochter Marvel belegt. Man kann sich also gut vorstellen, welches Produktionsvolumen Sky hier aufholen muss.
Fehlende Unabhängigkeit
Zwar sind die Sky Studios Elstree ein wichtiges Signal an Europas Filmproduktion. Doch im Endeffekt bleibt viel Schall und Rauch, denn letztendlich ist es nichts weiter, als ein Studio des US-Medienkonzerns Comcast in Europa. Von wirklicher Unabhängigkeit der europäischen Film- und Serienproduktion gegenüber den USA kann also überhaupt keine Rede sein. Zudem muss man sich in diesem Zusammenhang noch eine weitere Frage stellen: Was passiert mit dem Mega-Projekt, wenn Comcast vielleicht eines Tages doch bei Sky aussteigt?
Es ist mehr als fraglich, ob ein anderer US-Konzern wie Disney diese Studios in Europa weiterhin betreiben würde, schließlich hat man in den USA mehr als genügend eigene Kapazitäten. Außerdem gibt es weitere ökonomische Unwägbarkeiten. Es wäre sicherlich unter strategischen Gesichtspunkten sinnvoller gewesen, das Studio an einem der EU-Standorte von Sky zu bauen.
Zumindest der ehemalige Sky-Studios-CEO Gary Davey ist bei der Eröffnung sowieso nicht mehr an Bord, er hatte bereits für 2021 seinen Abschied angekündigt. Kürzlich wurde bekannt, dass ihm YouTube EMEA-Chefin Cécile Frot-Coutaz folgen soll.
Bislang konnten Fahrgäste in ICE-Zügen der Deutschen Bahn das Streaming-Angebot "Joyn Selection" nutzen. Zum 1. Juli läuft die Kooperation zwischen den beiden Unternehmen jedoch aus.