Roaming: Fehlerhafte Abrechnung sorgt für Milliardenverluste
Eine neue Studie von Juniper Research hat herausgefunden, dass Netzbetreiber in diesem Jahr rund 484 Millionen US-Dollar (etwa 411 Millionen Euro) an Roaming-Einnahmen durch die falsche Erkennung von Roaming-Datenverkehr verlieren werden.
Die Studie sieht voraus, dass diese Verluste in fünf Jahren auf 2,1 Milliarden Dollar (1,8 Milliarden Euro) ansteigen werden, was einer Verdreifachung der heutigen Werte entsprechen würde.
Die Autoren stellen fest, dass die technische Unfähigkeit, zwischen 4G- und 5G-Datenverkehr unter Verwendung der aktuellen Standards zu unterscheiden, zu noch größeren Verlusten führen wird, wenn die Reisebranche wieder auf das Niveau vor der Pandemie zurückkehrt und damit die Nutzung von 5G weltweit zunimmt.
Studien untersuchen die Details
Zunehmendes 5G-Datenroaming sollte anders abgerechnet werden, also 4G oder frühere Technik, finden Marktforscher
Foto: Picture-Alliance / dpa
Als Reaktion darauf wurde eine weitere neue Studie unter dem Titel Data & Financial Clearing: Emerging Trends, Key Opportunities & Market Forecasts 2021-2026 erstellt. Darin wird die Unterstützung des BCE-Protokolls (Billing & Charging Evolution) durch die Betreiber als Schlüssel gesehen, um die möglichen Umsatzverluste zu minimieren. Das BCE-Verfahren ist ein von der Weltorganisation GSMA definierter branchenweiter Ende-zu-Ende-Standard, der neue Funktionen zur Erkennung des Roaming-Datenverkehrs über verschiedene Netztechnologien einführt.
Wer tiefer in das Thema einsteigen möchte, kann sich ein kostenloses Weißbuch (in englischer Sprache) anschauen: Mobile Roaming und das 2-Milliarden-Dollar-Problem der Umsatzverluste.
5G-Roaming treibt Entwicklung des Roaming-Marktes voran
Das Problem der falschen Erkennung von Roaming-Daten könnte sich durch die steigende Zahl von 5G-Teilnehmern, die international roamen, noch weiter verschärfen. Der Bericht sieht voraus, dass es bis 2026 mehr als 200 Millionen 5G-Roaming-Verbindungen geben dürfte, gegenüber fünf Millionen Verbindungen in diesem Jahr.
Dieses Wachstum werde durch die zunehmende Verbreitung von 5G und die Rückkehr zu einem internationalen Reiseaufkommen wie vor der Pandemie angetrieben. Als Reaktion darauf fordert der Bericht die Mobilfunk-Netzbetreiber auf, neue Bereiche mit potenziellen Umsatzverlusten aufzufinden (im Marketing-Sprech "zu identifizieren"), indem sie Maschinelles Lernen (Künstliche Intelligenz) in Roaming-Analysetools nutzen, um das Roaming-Verhalten und die Datennutzung der Nutzer effizient zu bewerten.
Abrechnung wird komplizierter
Die Marktforscher sind der Ansicht, dass die zunehmende Komplexität der Clearing-Prozesse, die sich aus der gestiegenen Datennachfrage beim Roaming ergibt, wirksam mindern lasse, wenn die Betreiber von den etablierten Roaming-Abrechnungsverfahren hin zum BCE-Verfahren wechseln würden.
Eine der Autoren, Scarlett Woodford, bemerkte dazu: "Durch die Kombination von BCE mit KI-fähigen Roaming-Analyse-Suiten sind die Betreiber in einer idealen Position, um den Anstieg der Roaming-Daten zu bewältigen. Die Trennung des Roaming-Verkehrs nach Netzkonnektivität ist unerlässlich, damit die Betreiber Roaming-Partner auf der Grundlage von Latenzzeiten und Download-Geschwindigkeiten abrechnen und die 5G-Roaming-Einnahmen insgesamt maximieren können."
5G-Roaming teurer als 4G-Roaming?
Offenbar gehen die Autoren davon aus, dass 5G-Roaming zu anderen Tarifen abgerechnet werden soll als 4G-Roaming. Ein Tarifmodell könnte künftig die nutzbare Latenzzeit sein. Sprich: Will der Kunde schnelles, reaktives Internet (z.B. für Produktionssteuerung oder Spiele) soll er dafür mehr bezahlen als für einen Download von einem Dokument oder einer E-Mail.
Juniper Research in Basingstoke (Vereinigtes Königreich) bietet nach eigenen Angaben Forschungs- und Analysedienstleistungen für den globalen Hightech-Kommunikationssektor und stellt Beratung, Analystenberichte und Branchenkommentare bereit.
Beim Thema Daten-Transport spielt der Aspekt der Netzneutralität eine große Rolle.