Spatenstich in Göllin: Erster Mobilfunkmast vom Land
Beim Dauerbrenner-Thema Netzausbau in der Fläche gibt es etwas Neues: Im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern will die Landesregierung mit eigenen Funkmasten die Funklöcher schließen. In 18246 Göllin (bei Bernitt, Landkreis Rostock) hat nun der Bau des ersten Funkmastes begonnen. Die dafür gegründete Landesgesellschaft habe aber aus Sicht der Opposition im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern noch viel zu tun.
Historischer Spatenstich
Von links nach rechts: Tim Brauckmüller (atene KOM), Birgit Czarschka, Bürgermeisterin Bernitt-Göllin, Carsten Watermann (Vodafone), Christian Pegel (SPD), Digitalisierungsminister, Daniela Degen-Lesske (Landgesellschaft) und Ralf Müller (Funkmasten-Infrastrukturgesellschaft - FMI)
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Vor geladenen Pressevertretern begann Digitalisierungsminister
Christian Pegel (SPD) mit dem Spatenstich mit dem Bau des ersten landeseigenen Mobilfunkmastes offiziell. „ Der heutige
Spatenstich für den ersten Funkmast, der im Auftrag des Landes errichtet wird, ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer
flächendeckenden Mobilfunkversorgung gerade in den ländlichen Räumen unseres Bundeslands“ betonte der Minister am Freitag.
Die eigens gegründete Funkmasten-Infrastrukturgesellschaft (FMI) soll helfen, die Funklöcher in dünn besiedelten Regionen im Bundesland zu schließen. Das Ziel ist ambitioniert: "Die flächendeckende Versorgung Mecklenburg-Vorpommerns mit zeitgemäßem Mobilfunk". Für die
privaten Mobilfunkbetreiber sei der Bau eigener Funkmasten dort nicht wirtschaftlich. Den Angaben zufolge werden die Masten nach der
Fertigstellung an die Mobilfunkanbieter vermietet. Diese können dann ihre Antennen anbringen.
Welche Anbieter machen mit?
teltarif.de hat eine Blitzumfrage unter den drei etablierten Anbietern gestartet. Die Telekom "prüft" derzeit, ob der Mast genutzt werden kann, Vodafone sagte uns zu, den Mast "mit unserer Mobilfunktechnik" zu bestücken und darüber nicht nur Telefonie, sondern auch den modernen Mobilfunkstandard 5G+ (Standalone) möglich zu machen. Vodafone will seine Versorgung voraussichtlich noch "im Herbst 2022" starten. Auch Telefónica (o2) ist an dem Mast in Göllin stark interessiert und will ihn nutzen.
30 weitere Standorte im Gespräch?
Vodafone verriet uns außerdem, dass neben diesem Standort vorerst 30 weitere mögliche Mobilfunkstandorte zur Schließung weißer Flecken in der Region vorliegen. Vodafone sei sehr daran interessiert, so ein Sprecher, auch hier seine "moderne Technik zu installieren - nach dem Vorbild in Göllin."
Wie viele Masten das Land insgesamt noch errichten will, wollte der Digitalminister in Göllin "im Moment nicht sagen". Hintergrund sei, dass mindestens ein Netzbetreiber vorher verbindlich zugesagt haben müsse, den Mast auch zu nutzen. Verhindert werde ein Bau laut Ministerium zudem dann, wenn ein privater Anbieter innerhalb der kommenden drei Jahre selbst eine Investition plant, also selbst etwas bauen will.
Nach einem sogenannten Markterkundungsverfahren im Vorjahr - bei dem bestehende Versorgungslücken identifiziert wurden - ist das Digitalministerium den Angaben zufolge "aktuell im Austausch mit den Netzbetreibern."
CDU-Opposition: Nicht schnell genug
Der CDU-Fraktion im Schweriner Landtag geht der Ausbau durch die im Jahr 2020 gegründete Landesgesellschaft nicht schnell genug. Der wirtschaftspolitische Sprecher Wolfgang Waldmüller erklärte mit Blick auf den zugehörigen Landtagsbeschluss im April 2019: „Führt man die oben genannte Rechnung fort, könnte sich die Anzahl an Landesfunkmasten - bei gleichbleibendem Elan - bis 2025 auf nahezu zwei verdoppelt haben“.
Waldmüller verweist auf die Bundesnetzagentur und sieht einen Bedarf von rund 300 Mobilfunkmasten (Stand Ende 2021) alleine in Mecklenburg-Vorpommern. Da die Reichweite der Sender mit jeder neuen Mobilfunkgeneration abnehme, werde der Bedarf zudem weiter steigen.
Da für private Mobilfunkbetreiber der Bau eines eigenen Funkmastes in der ländlichen Region nicht wirtschaftlich ist, übernimmt das Land die Errichtung des Turms und vermietet diesen an die Netzbetreiber. Die 2020 gegründete Landesgesellschaft soll helfen, die Funklöcher in ländlichen Regionen zu schließen.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Der Fraktionschef Waldmüller hat im Prinzip recht: Je schneller die Datenraten bei neuen Mobilfunkgenerationen sind, desto höher sind die genutzten Frequenzen und desto niedriger die Reichweiten. 5G läuft zwar auch auf 700 MHz, aber so richtig schnell wird es erst auf 3,5 GHz und höher. Künftige Standards wie 6G könnten im Bereich zwischen 50 und 300 GHz laufen, die Reichweiten wären dann die einer kleinen Taschenlampe.
Ob nun die Netzbetreiber selbst bauen oder das Bundesland ist Geschmacksache. Die Landesregierung braucht dafür drei Gesellschaften, einmal atene kom, die immer mit dabei ist, wenn es um staatlich geförderten Ausbau geht, dann eine Landesgesellschaft und die FMI als Mastbaugesellschaft. Ob das schneller geht, als drei bis vier Netzbetreiber unter einen Hut zu bekommen?
Bleibt die noch die Frage, ob in dünn besiedelten Regionen wirklich drei bis vier Netze parallel installiert werden müssen oder ob ein wie auch immer ausgestaltetes lokales Roaming oder Site-Sharing (z.B. MOCN) nicht preisgünstiger und schneller wäre.
Eine wachsende Mehrheit möchte ein flächendeckendes Netz, und dafür braucht man Sender, Sender, Sender. Dabei wird die Gesundheit weniger von Sendern beeinträchtigt, sondern eher von nicht vorhandenen Sendern. Wenn kein Netz vorhanden ist, kann kein Rettungswagen bestellt, keine Feuerwehr zum Löschen oder Bergen angefordert und kein Arzt konsultiert werden. In vielen Notfällen kommt es auf jede Minute an.