Ausprobiert

Google Stadia: Spiele-Streaming im Praxis-Test

Wir haben uns Googles Spiele-Strea­ming-Platt­form Stadia gewidmet und das neue Gaming-Konzept in einem Praxis-Test in Augen­schein genommen. Kann der Cloud-basierte Dienst über­zeugen?
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Spätes­tens mit Google Stadia hat Spiele-Strea­ming ein wieder­erkenn­bares Gesicht bekommen. Die Platt­form ist Ende November offi­ziell an den Start gegangen und konnte in ersten Begut­achtungen posi­tive wie auch nega­tive Eindrücke hinter­lassen. Wir haben Google Stadia in unser Test­labor einge­laden und sie ist - wenn auch mit leicht demo­lierter Verpa­ckung - ohne Wider­sprüche gefolgt. In einem Unboxing und Hands-on durften wir uns ihr bereits nähern. Nun ist sie auch bereit für einen ausgie­bigen Test gewesen. Was dabei heraus­gekommen ist und ob die Gaming-Hoff­nung halten kann, was sie verspricht, lesen Sie im nach­folgenden Bericht.

Vor dem Kauf: Inter­netver­bindung checken

Bevor Sie sich Inter­essenten für Google Stadia entscheiden, sollten sie ihre Inter­netge­schwin­digkeit testen. Das lässt sich direkt über ein Tool machen, das Google in Zusam­menar­beit mit Measu­rement Lab (M-Lab) bereit­stellt. Google empfiehlt für die Nutzung von Stadia: "Zum Streamen von Spielen empfehlen wir eine Down­load­geschwin­digkeit von mindes­tens 10 MBit/s. Für eine Auflö­sung über 720p ist eine noch schnel­lere Verbin­dung erfor­derlich." WLAN-Speed-Test auf einem Samsung Galaxy S10+ WLAN-Speed-Test auf einem Samsung Galaxy S10+
Screenshot: teltarif.de
Wir haben die WLAN-Verbin­dung mit einem Samsung Galaxy S10+ gecheckt. Der Test hat nur wenige Sekunden Zeit in Anspruch genommen. Das Ergebnis: "Deine Verbin­dung ist ausge­zeichnet. Deine aktu­elle Down­load­geschwin­digkeit beträgt 132,263 MBit/s. Damit kannst du auf Stadia in höchster Qualität spielen." Vor dem offi­ziellen Markt­start hatten wir bereits einen solchen Geschwin­digkeits­test durch­geführt. Damals schwankten die Werte. So betrug in einem Fall die ermit­telte Down­load­geschwin­digkeit 22,901 MBit/s, weshalb laut Angaben von Google/M-Lab das Spielen nur in HD möglich gewesen wäre. Ein erneuter Test prognos­tizierte wieder das Spielen mit einer Auflö­sung von bis zu 4K. Auch wenn die Werte schwanken, sollten vor dem Kauf zumin­dest einmal über­prüft werden, ob die Band­breite zuhause grund­sätz­lich für das Google-Stadia-Gaming ausreicht. Die Grafikeinstellungen sind auch manuell regulierbar Die Grafikeinstellungen sind auch manuell regulierbar
Screenshot: teltarif.de
Stadia bietet sich grund­sätz­lich auch mit der mobilen (Internet-)Nutzung über ein Smart­phone an. Auch hier haben wir die Inter­netge­schwin­digkeit (Telekom) getestet. Hier wurden 208,083 MBit/s ermit­teltet, was laut Geschwin­digkeits­test eben­falls einem Spie­leer­lebnis in "höchster Qualität" entspricht. Prak­tisch: Die Daten­nutzung lässt sich anschlie­ßend in den Einstel­lungen der Google-Stadia-App auch manuell herun­terre­gulieren, beispiels­weise statt "Beste Bild­qualität" in "Ausge­glichen" - damit wird die Grafik­leis­tung anhand der Inter­netge­schwin­digkeit fest­gelegt - und "Einge­schränkte Daten­nutzung", was die Daten­nutzung auf 4,5 GB pro Stunde begrenzen soll und die Bild­qualität auf eine Auflö­sung von 720p beschränkt. Die manu­elle Regu­lierung scheint aber gar nicht nötig zu sein, gleich unter den Modi folgt der Hinweis auf den Auto­matismus, dass die Grafik­einstel­lungen gemäß der Inter­netver­bindung einge­stellt werden.

Stadia soll ein Daten­fresser sein. Über ein mobiles Netz konnten wir das aller­dings noch nicht über­prüfen, weil Stadia eine aktive WLAN-Verbin­dung voraus­setzt.

Google Stadia einrichten

Die Funk­tions­weise von Google Stadia ist inter­essant. Das Starter-Paket besteht aus einem Controller und einem Chro­mecast Ultra. Das Set kostet im Google-Store 129 Euro. Inter­essant ist, dass man das Starter-Paket eigent­lich gar nicht braucht, um den Spie­lestrea­ming-Dienst über das Smart­phone, Tablet und den PC/Mac nutzen zu können. Aller­dings kommt man zum jetzigen Zeit­punkt nicht darum herum, dass Paket zu kaufen. Im Kauf­preis enthalten sind drei Monate Nutzung des Pro-Abos ohne Aufpreis. Anschlie­ßend werden 9,99 Euro pro Monat fällig. Das Pro-Abo beinhaltet regel­mäßig die Verfüg­barkeit von Spielen ohne Aufpreis. Derzeit stehen mit "Destiny 2: The Collec­tion", "Land­wirt­schafts-Simu­lator 19 Platinum Edition", "Samurai Show­down (Stan­dard Ver.)" und "Tomb Raider: Defi­nitive Edition" vier Spiele bereit. Alle anderen Spiele müssen gekauft werden - für Pro-Abon­nenten teil­weise rabat­tiert. Inhalt des Google-Stadia-Startersets Inhalt des Google-Stadia-Startersets
Bild: teltarif.de
Das Pro-Abo ermög­licht das Streamen mit einer Auflö­sung bis zu 4K mit 60 Bildern pro Sekunde und 5.1-Surround-Sound-Unter­stüt­zung. "Stadia Base" ist ein Modell ohne monat­liche Kosten, das ab nächstem Jahr verfügbar sein soll. Spiele ohne Aufpreis gibt es nicht, gezockt werden kann nur mit einer maxi­malen Auflö­sung von 1080p mit 60 Bildern pro Sekunde. Sound geht nur in Stereo, Rabatte auf Spiele wie es beim Pro-Abo der Fall ist, gibt es auch nicht, jedes Spiel muss also zum vollen Preis gekauft werden. Ob Nutzer des Base-Modells auch gezwungen sind, das Starter-Set kaufen zu müssen, ist nicht klar. Wir haben den Strea­ming-Dienst samt Chro­mecast Ultra, Controller über ein TV-Gerät einge­richtet.

Starter-Set für TV-Nutzung zwin­gend

Wer Stadia gene­rell über ein TV-Gerät nutzen will, der kommt um den Chro­mecast Ultra nicht herum. Der wird über einen HDMI-Anschluss mit dem Fern­seher verbunden und per microUSB mit dem Netz­teil, das zur Strom­versor­gung dient. Die Einrich­tung ist intuitiv. Sobald der Chro­mecast gestartet wird, erfolgt auf dem TV-Bild­schirm die Anwei­sung die Google-Home-App (Android/iOS) herun­terzu­laden. Ergo: Schalt­zentrale bei der Instal­lation ist ein Smart­phone. Wir haben im Rahmen des Tests dafür ein Google Pixel 4 (hier gehts zum Test­bericht) verwendet. Über die Home-App wird der Chro­mecast Ultra binnen weniger Augen­blick gefunden. Google Chromecast Ultra Google Chromecast Ultra
Bild: teltarif.de
Ein in der App ange­zeigter Code muss mit einem auf dem TV-Bild­schirm ange­zeigten Code über­einstimmen. Dann lässt sich der Chro­mecast mit einem WLAN-Netz­werk verbinden. Ist die Aktion erfolg­reich, erscheint auf dem TV-Gerät der Hinweis, dass die Stadia-App (Android [Link entfernt] /iOS [Link entfernt] ) benö­tigt wird, um den Controller einzu­richten (Weitere mit Stadia kompa­tible Controller finden Sie in einer Liste).

Ist die App auf dem Smart­phone erfolg­reich instal­liert, wird ein (Stadia-)Einla­dungs­code benö­tigt, der im besten Fall per E-Mail an den Besteller des Star­tersets geschickt wurde. Anschlie­ßend muss ein Google-Konto mit Stadia verknüpft werden. Um das Pro-Abo-Modell frei­zuschalten, muss zwecks eintre­tender Kosten­pflich­tigkeit nach Ablauf des drei­mona­tigen Test­zeit­raums eine Zahlungs­methode hinter­legt werden. Die Stadia-App auf dem Smart­phone dient als Verwal­tungs­zentrale für die Spie­lestrea­ming-Platt­form. Hier laufen Chro­mecast, Konto und Controller zusammen. Das Steue­rungs­element wird dabei mit dem glei­chen WLAN-Netz­werk wie der Chro­mecast Ultra verbunden. Außerdem muss Blue­tooth akti­viert sein. Der Stadia-Controller Der Stadia-Controller
Bild: teltarif.de
Einge­schaltet wird der Controller über die mittige Stadia-Taste. Wird er erst­malig verbunden, leuchtet diese Gelb. Nach erfolg­reicher Kopp­lung und nach erneutem Einschalten wech­selt diese zu einem weißen Licht­kreis, der ein- und ausgeht, wenn der Controller nach seinem Pendant dem Chro­mecast Ultra sucht. Chro­mecast und Controller werden über eine Tasten­kombi­nation verbunden, die auf dem TV-Bild­schirm ange­zeigt wird. Diese muss dann nur noch auf dem Controller einge­geben und damit bestä­tigt werden. Der Stadia-Controller wird übri­gens über ein sepa­rates Netz­teil per USB-C-Anschluss aufge­laden. Der aktu­elle Akku­stand lässt sich beim Blick in die Stadia-App verfolgen.

Praxis-Test auf TV-Gerät, Smart­phone und PC

Wir haben das Stadia-Erlebnis auf dem TV-Gerät, einem Pixel-4-Smart­phone, auf einem PC und auf einem Mac getestet. Zum Thema Latenz: Hier können wir im Rahmen unseres Test­verfah­rens bei allen Optionen kaum Nega­tives sagen. Selbst aufwän­dige Spiele wie "Destiny 2" mit viel schneller Inter­aktion liefen flüssig und stabil. Ab und zu gab es mal einen kleinen Ruckler, aber das war eher die Selten­heit. Das Spiel­erlebnis, das wir mit den verfüg­baren Games im Pro-Abon­nement gemacht haben, bewerten wir demnach grund­sätz­lich als positiv. Farming Simulator 19 über ein TV-Gerät Farming Simulator 19 über ein TV-Gerät
Bild: teltarif.de
Die Funk­tions­weise am TV-Gerät abseits des Spiel­flusses bewerten wir aber als kritisch. Denn das klappte in den meisten Fällen nicht reibungslos, viel­mehr war es eine holp­rige Ange­legen­heit. Ist Google Stadia voll­ständig einge­richtet, sollte nur noch der Chro­mecast einge­schaltet und der Controller verbunden werden - ein Smart­phone mit Stadia-App ist nicht zwin­gend nötig.

Der Controller wurde häufig nicht verbunden, erst nach einem Neustart des Chro­mecasts klappte es dann. In einzelnen Fällen fand der Chro­mecast auch unser verknüpftes Google-Konto nicht, sodass Stadia nicht gestartet wurde. Wählten wir dann in der Stadia-App auf dem Smart­phone den verknüpften Chro­mecast aus, konnten wir aber das Spiel über die App auf dem TV-Gerät starten. In der App lässt sich (auch) auswählen, worauf gespielt werden kann In der App lässt sich (auch) auswählen, worauf gespielt werden kann
Screenshot: teltarif.de
Die hapti­sche Feed­back des Control­lers in Form von Vibra­tion beim Spiel "Destiny 2" bewerten wir schlicht als heftig. Ein Menü zur mögli­chen Regu­lation der Inten­sität haben wir nicht gefunden.

Test auf einem Smart­phone

Um Stadia auf einem Smart­phone spielen zu können, ist neben der Stadia-App ein kompa­tibles Android-Modell und ein USB-C-zu-USB-C-Kabel nötig. Wie dem Support-Bereich von Google zu entnehmen ist, funk­tioniert Stadia derzeit nur mit Pixel-Smart­phones der Modell­reihen Pixel 2, Pixel 3 und Pixel 4. Es ist davon auszu­gehen, dass auch die XL-Vari­anten Pixel 2 XL, Pixel 3 XL und Pixel 4 XL unter­stützt werden. Wir haben Stadia auf einem Google Pixel 4 auspro­biert. Dazu muss der Controller direkt mit dem Smart­phone über den USB-C-Anschluss verbunden werden. Ein passendes Kabel liegt dem Stadia-Set nicht bei, wir haben uns beim Lade­kabel des Smart­phones bedient. Destiny 2 über ein Google Pixel 4 Destiny 2 über ein Google Pixel 4
Bild: teltarif.de
Nach der Verbin­dung wird der Controller direkt erkannt und es lassen sich Spiele starten. Die Funk­tions­weise, um Stadia ans Laufen zu kriegen, entpuppte sich im Vergleich zur Erfah­rung, die wir mit dem TV-Gerät gemacht haben, als Genuss. Die Spiele selbst liefen zwar flüssig, auf dem kleinen 5,7-Zoll-Display war das Spielen jedoch nicht beson­ders komfor­tabel. Das liegt nicht unbe­dingt an der reinen Diago­nale des Smart­phone-Bild­schirms, sondern viel­mehr daran, dass an den Seiten im Quer­format ganz schön viel sicht­bare Display­fläche abge­schnitten wird. Das ist defi­nitiv nichts für die Dauer.

Test über einen PC

Samurai Showdown über ein Windows-PC Samurai Showdown über ein Windows-PC
Bild: teltarif.de
Um Stadia auf einem PC/Mac ans Laufen zu bringen, wir der Controller, ein USB-C-zu-USB-A-Kabel sowie Googles Chrome-Browser benö­tigt. Auf der Zugangs­seite müssen sich Nutzer mit ihren Google-Account-Zugangs­daten anmelden. Der Controller wird genau wie beim Smart­phone auto­matisch verbunden, wenn er an den PC/Mac ange­schlossen wurde. Die Bedie­nung des Steu­erele­ments ist jedoch einge­schränkt. Die Stadia-Taste funk­tioniert zwar um ein Spiel starten oder beenden zu können, zwischen Spielen mittels des Steu­erkreuzes wech­seln zu können klappte in unserem Test jedoch nicht. Dafür mussten wir entweder Maus oder Trackpad nutzen. Zum Zocken über den Chrome-Browser dürfen Pop-ups nicht blockiert sein Zum Zocken über den Chrome-Browser dürfen Pop-ups nicht blockiert sein
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Wichtig ist, dass Pop-ups von stadia.google.com nicht blockiert werden, sonst erscheint jedes mal die Meldung "Spiel neu starten Wenn du weiter­spielen möch­test, starte das Spiel einfach wieder". Das Spiel neu starten bringt aber nichts, wenn man die Pop-ups weiterhin blockiert. Dann erscheint die Meldung bei jedem Neustart repe­titiv.

Fazit

Ja, Google Stadia hat hier und da Macken. Aber letzt­lich sind diese verzeih­lich. Denn was in unserem Test bis auf wenige fast nicht erwäh­nens­werte Ausrut­scher funk­tionierte, war der Spiel­fluss. Und auf den kommt es an. Unein­geschränkt empfehlen können wir Stadia aber (noch) nicht. Wenn im Zusam­menhang mit Stadia von teurer Hard­ware, die nicht mehr nötig ist, gespro­chen wird, so heißt das nicht, dass Googles Spiele-Strea­ming-Service ein Schnäpp­chen ist. Mitunter kann das ganz schön teuer werden, wenn man sich nicht auf die Spiele ohne Zusatz­kosten beschränken will. Kauft man sich hier und da mal ein Spiel, ist das sicher­lich immer noch güns­tiger als der High-End-PC, der in regel­mäßigen Abständen aufge­rüstet werden will. Im Preis­kampf gegen Konsolen wie der PlayStation 4 Pro und der Micro­soft Xbox One X wird es Stadia voraus­sicht­lich noch etwas länger schwer haben. Die Konsolen sind hier zwar in der Anschaf­fung teurer, selbst Triple-A-Titel sinken erfah­rungs­gemäß aber recht schnell im Preis. Bleibt die Frage zu beant­worten, für wen sich Stadia zum aktu­ellen Zeit­punkt lohnt? "Shadow of the Tomb Raider Definitive Edition" gibt es für die PS4 schon für rund 30 Euro "Shadow of the Tomb Raider Definitive Edition" gibt es für die PS4 schon für rund 30 Euro
Screenshot: teltarif.de
Für dieje­nigen, die weder Geld für einen Gaming-PC noch eine Konsole ausgeben und nur gele­gent­lich zocken wollen - dann aber nicht nur Spiel­chen aus den AppStores für mobile Endge­räte wie Smart­phones und Tablets, sondern aufwän­digere Titel, die es sonst eben nur für PC und Konsolen gibt.

PS4 Pro und Micro­soft Xbox One X sind übri­gens nicht die einzigen Konsolen-Genera­tionen auf dem Markt. Wir haben uns einen Über­blick verschafft.

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