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Vor 20 Jahren erfand Tim Berners-Lee das World Wide Web

Wie 1989 am CERN das Web erfunden wurde, das wir heute kennen
Von Susanne Kirchhoff mit Material von dpa

Tim Berners-Lee schlug am CERN 1989 vor, ein umfassendes Informationsnetz auf Grundlage der Hypertext-Idee einzurichten. Doch seine Vorgesetzten konnten sich zunächst nicht für die Ideen des jungen Briten begeistern. "Vage, aber hochinteressant", schrieb sein Chef Mike Sendall auf das Papier, das heute im CERN in einer Glasvitrine ausgestellt wird. Es sollte noch etliche Jahre dauern, bis sich Berners-Lees Thesen weltweit durchsetzten.

Ab 1990 arbeitete Berners-Lee zusammen mit dem Belgier Robert Cailliau daran, die Grundlagen für ein weltweites Informationsnetz zu entwickeln, das World Wide Web.

Das Konzept des World Wide Web

Der Entwurf dafür (WWW) enthielt drei Kernpunkte: Zum einen entwickelte Berners-Lee die "Hypertext Markup Language" (HTML), die beschreibt, wie Seiten mit Hypertextverknüpfungen ("Links") auf unterschiedlichsten Rechnerplattformen formatiert werden. Mit dem "Hypertext Transfer Protocol" (HTTP) definierte er das Protokoll, das Computer benützen würden, um über das Internet zu kommunizieren. Außerdem legte er mit dem "Universal Resource Identifier" (URI) das Schema fest, nach dem Dokumentenadressen erstellt und aufgefunden werden können. Um seine Lobbyarbeit voranzutreiben, richtete Berners-Lee am Weihnachtsabend 1990 auf seinem NeXT-Rechner den Webserver info.cern.ch ein. Für die meisten PC-Nutzer war das Web aber damals unerreichbar. Es fehlten benutzerfreundliche Browser für Personal Computer. Zudem bewegten sich die Netzanwender damals häufig in abgeschotteten Onlinediensten wie CompuServe, AOL oder dem Bildschirmtext Btx, der von der Deutschen Telekom (und später T-Online) angeboten wurde.

Im April 1993 legte das CERN dann mit einem wichtigen formalen Akt das Fundament für den Erfolg der von Tim Berners-Lee entwickelten Ideen. Das Institut gab das Web für die Öffentlichkeit frei und verzichtete bewusst auf Lizenzzahlungen oder eine Patentierung.

Steigende Popularität des World Wide Web

Der Siegeszug des World Wide Web Mitte der 90er Jahre fand dann aber außerhalb des CERN statt. In den ersten Jahren wurde das Web in erster Linie von Wissenschaftlern genutzt. Doch gerade in den USA stieg die Anzahl der Nutzer mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit. In Illinois, am National Center for Supercomputing Applications (NCSA) wurde 1993 mit Mosaic der erste Web-Browser entwickelt, der auch Grafiken anzeigen konnte. Der maßgeblich daran beteiligte Informatiker Marc Andreessen gründetet später eine eigene Firma und entwickelte den Browser Netscape Navigator. Microsoft-Gründer Bill Gates erkannte 1994 den Trend, rief mit dem Internet Explorer zur Verfolgungsjagd auf Netscape auf und zettelte den "Browser-Krieg" an.

Tim Berners-Lee ging 1994 in die USA, um am Massachusetts Institute of Technology das World Wide Web Consortium (W3C) zu gründen. In diesem Gremium werden unter seiner Leitung bis heute die technischen Entwicklungen des Web standardisiert. Für seine Verdienste wurde der Brite von Königin Elisabeth II. in den Ritterstand erhoben und erhielt den Orden "Knight Commander of the Order of the British Empire". 1997 wurde er in den auf nur 24 Personen begrenzten "Order of Merit" aufgenommen. Ein schwerreicher Mann wie Bill Gates oder Marc Andreessen wurde Berners-Lee jedoch nicht. Wenn der Informatiker gefragt wird, ob er sich ärgert, nicht stärker finanziell von der Entwicklung des Web profitiert zu haben, lautet die Antwort: "Ich hatte bewusste Entscheidungen darüber getroffen, welchen Verlauf mein Leben nehmen sollte. Diese würde ich nicht ändern."