CeBIT

CeBIT-Motto "Webciety": Kauderwelsch für konkrete IT-Trends

Reale Trends sollen Schlagwort werden
Von Hagen Hellwig

An englischsprachige Fach- und Trend-Begriffe aus der IT-Welt haben wir uns gewöhnt. Das fängt mit dem "Computer" für "Rechner" an und hört mit "Green IT", dem Themenmotto der CeBIT 2008 längst nicht auf. Weil die Leitung der Computermesse offenbar jedes Jahr ein solches Motto braucht, um die Massen nach Hannover zu locken, hat sie den Begriff "Webciety" kreiert. Was aber bitte soll dieses Schlagwort bedeuten? Es handelt sich offenbar um ein Kunstwort, das aus den zwei Wörtern "Web" (World Wide Web) und "Society" (Gesellschaft) zusammengesetzt ist und in etwa mit "Internetgesellschaft" zu übersetzen ist. Bleibt die Frage: Was will uns die CeBIT mit dem Kunstwort sagen?

Das Internet durchdringt viele Lebensbereiche

Die CeBIT-Messeleitung glaubt, dass das Internet wie keine andere Technologie in alle Lebensbereiche eingreift und unsere Gesellschaft zur Webciety verändert. Um den Besuchern die Webciety schmackhaft zu machen, haben die CeBIT-Verantwortlichen den Schwerpunkt "Internet & Mobile Solutions" kreiert. Dieser gliedert sich in drei Bereiche: "Digital Media Solutions" (Medien), "Web Based Solutions" (Online-Marketing, eCommerce) und "Enterprise Mobility" (mobiler Arbeitsplatz). "Die Informationsgesellschaft befindet sich im digitalen Wandel, und genau das wollen wir auf der CeBIT zeigen", beschreibt CeBIT-Chef Ernst Raue das Konzept.

Der BITKOM unterstützt die Einschätzung der CeBIT-Leitung mit Zahlen: Derzeit gibt es nach Auskunft des Branchenverbands in Deutschland 70 TV-Kanäle im Internet. Jede vierte deutsche Firma nutzt eCommerce, 60 Prozent der Unternehmen setzen auf Web 2.0. Und bereits jeder Achte liest seine Mails auf dem Handy. Die dahinter stehenden Trends zeichneten sich bereits auf der CeBIT 2008 ab: "Unsere Befragungen haben ergeben, dass Mobile Solutions, Web 2.0, Online-Marketing, IPTV und Digital Content ganz oben auf der Hitliste der Besucherinteressen stehen", sagt CeBIT-Chef Raue. Foto: Deutsche Messe Hannover

Die Durchdringung vieler Lebensbereiche durch das Internet geht allerdings nicht immer so schnell, wie es viele gern hätten. Die Unternehmensberatung Deloitte hat zum Beispiel 9 000 Verbraucher aus fünf europäischen Ländern befragt und dabei herausgefunden, dass in Deutschland noch "ein großes Potenzial zur Internet-Nutzung" bestehe. "Unser Report reflektiert die typisch deutschen Eigenschaften wie eine gute Portion Skepsis und einen ausgesprochenen Pragmatismus", bewertet Klaus Böhm, verantwortlich für den Bereich Medien bei Deloitte, das Umfrageergebnis.

Webciety soll Gestaltungsspielräume für die Lebensplanung öffnen

CeBIT-Chef Raue verspricht: "Speziell in Halle 6 zeigt die CeBIT, wie sich die Welt zusehends zu einer Netz-Gesellschaft – zur Webciety - entwickelt. Sie zeigt das Internet, macht es erlebbar und bündelt die dynamischen Entwicklungen eines Netzwerkes hin zum Meta-Medium." So sehen die CeBIT-Macher die Netzgesellschaft fast zwanzig Jahre nach den ersten Gedanken zum World Wide Web heute als Realität. Viele Aussteller stehen hinter dieser Einschätzung. Heinz Paul Bonn, Vorstand der GUS Group aus Köln, erwartet eine "Schubwirkung für unser eigenes Webciety-Angebot". Prof. Dieter Kempf, Vorstand der Datev aus Nürnberg, glaubt, dass sich dem Einzelnen durch die Webciety "Gestaltungsspielräume für seine Lebensplanung" erschließen.

Eine konkrete Anwendung der Webciety ist die sogenannte "Software as a Service" (SaaS). Dabei geht es um Anwendungen, die nicht auf dem eigenen PC, sondern auf einem fremden, zentralen Server im Netz gespeichert sind. Vorteil: Man bezahlt nur die Programme und Kapazitäten, die man auch nutzt. Im Büro der Zukunft wird der PC vermutlich nur noch ein Bildschirm sein. Programme und Daten liegen im Netz und sind weltweit abrufbar. Dafür benötig man dann nicht mehr unbedingt einen PC, sondern es funktionieren auch andere Endgeräte wie Netbooks, Handys und Smartphones.

Alter Wein in neuen Schläuchen

Weil sich die Webciety per se im virtuellen Raum des Internets abspielt und daher kaum anfassbar ist, hat sich die Messegesellschaft etwas Besonderes zur Präsentation ausgedacht. Die Aussteller können sogenannte "Homebases" mieten. Dabei handelt es sich um quasi begehbare Internetseiten. Auf großen Ausstellungswänden können mit Licht und Ton Präsentationen gezeigt werden. Eine Installation aus Lichtstreifen, LED-Screens und Logoflächen rundet den Stand ab. Der Aussteller benötigt nur sein Laptop. Kostenpunkt: ab 9 900 Euro.

Vernetzter und schneller – das bedeutet Webciety in jedem Fall. Die Bundesregierung will bei der Geschwindigkeit auf der Datenautobahn auf die Tube drücken: Bis 2018 sollen alle deutschen Haushalte und Unternehmen über eine Internetverbindung verfügen, die Daten mit einer Geschwindigkeit von mindestens 50 MBit/s im Downstream überträgt. Wirklich neu erscheinen diese als Webciety beschriebenen Trends indes nicht zu sein. Manchmal kommt es eben nur auf die Art der Präsentation an, wenn man etwas gut verkaufen will - getreu dem Motto "alter Wein in neuen Schläuchen".

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