Bilanz

AOL: Krise im Kerngeschäft

US-Unternehmen bestätigt neue Strategie
Von dpa / Björn Brodersen

Der weltgrößte Medienkonzern Time Warner hat im zweiten Quartal 2006 dank der ausgezeichneten Geschäftsentwicklung seiner Kabelfernseh-Sparten und höherer Gewinne bei den Filmstudios Warner Bros. und New Line Cinema eine Milliarde Dollar (787 Millionen Euro) verdient.

Die Online-Sparte AOL musste erneut einen deutlichen Kundenschwund sowie niedrigere Umsätze und Gewinne hinnehmen. Für AOL wurde ein einschneidender Wandel des Geschäftskonzepts mit kostenloser E-Mail und bestimmten anderen AOL-Diensten für Nutzer von Breitband-Internetverbindungen angekündigt. Damit will AOL mehr Onlinewerbeeinnahmen hereinholen, und dem rasanten Nutzerschwung begegnen. Bei der Time-Warner-Verlagssparte mit Titeln wie "Fortune", "Time" und "People" wirkten sich geringere Abonnentenzahlen negativ aus.

Kostenlose Dienste für Breitbandkunden

Der Umsatz legte leicht auf 10,7 Milliarden Dollar (8,5 Milliarden Euro) zu gegenüber 10,6 Milliarden Dollar im Vorjahr, teilte die Gesellschaft heute mit. Das New Yorker Unternehmen verdiente im zweiten Quartal 24 Cent je Aktie. Im April-Juni-Abschnitt 2005 hatte Time Warner einen Verlust von 409 Millionen Dollar oder neun Cent je Aktie verbucht. Er war durch Sonderbelastungen für Wertpapierklagen von drei Milliarden Dollar verursacht worden.

Der Halbjahresumsatz stieg auf 21,2 (Vorjahresvergleichszeit: 20,9) Milliarden Dollar und der Halbjahresgewinn auf 2,5 (0,5) Milliarden Dollar oder 56 (11) Cent je Aktie.

AOL kündigte heute an, dass Nutzer mit Breitbandanschlüssen zukünftig bestimmte AOL-Dienste wie E-Mail kostenlos erhalten sollen. Damit will AOL alte Kunden bei der Stange halten, abgewanderte zurückholen und neue hinzugewinnen. AOL setzt damit auf eine stärkere Steigerung seiner Online-Werbeeinnahmen, mit denen Google und Yahoo! enormes Geld verdienen.

Abwanderung der Kunden an andere Anbieter

AOL hatte wegen der Abwanderung von Millionen Kunden zu anderen Online-Anbietern mit Breitbandzugang in den vergangenen Jahren stark gelitten. Das Unternehmen hatte in den USA zum Quartalende nur noch 17,7 Millionen Nutzer oder 3,1 Millionen weniger als vor einem Jahr. In Europa hatte AOL noch 5,6 Millionen Nutzer und hat dort innerhalb von Jahresfrist 571 000 Kunden verloren. Spekuliert wird beispielsweise auch über einen Verkauf des Internetanbieters AOL Deutschland.

Time Warner und der führende amerikanische Kabelfernsehsystem-Betreiber Comcast haben jetzt die Vermögenswerte der insolventen, fünftgrößten US-Kabelfernseh-Gesellschaft Adelphia Communications Corporation für 17 Milliarden Dollar übernommen. Time Warner Cable, die Kabel-TV-Tochter, erhöht damit die Zahl ihrer Kunden um 3,3 Millionen auf 14,4 Millionen. Comcast, der führende US-Betreiber von Kabelfernsehsystemen, erhält 1,7 Millionen neue Kunden und hat damit 23,3 Millionen Nutzer. Time Warner profitierte aber auch von dem starken Geschäft seiner Kabel-TV-Kanäle wie HBO und Turner Broadcasting.